Eisenhüttenstadt -Schon zuvor brodelte es mächtig, aber aus anderem Grund:
Betrunken haben ein 30-jähriger und sein 31-jähriger Kumpel am 05.04.08, am späten Nachmittag, abwechselnd den Pkw seines anderen Kumpels durch Eisenhüttenstadt gefahren. Als die Polizei zugriff, saß auch noch gerade der am Steuer, der nicht mal eine Fahrerlaubnis hatte. Obwohl er sich heftig wehrte, konnten die Beamten ihn schließlich in der Buchwaldstraße vorläufig festnehmen. Der andere flüchtete in eine angrenzende Gartenanlage. Zeugen wiesen den Beamten den Weg zu einer Laube, in der er sich versteckte. Der Vater (67) des Flüchtenden verwehrte den Beamten mit einer Axt in der Hand den Zutritt zum Gartengrundstück, so dass sie ihn überwältigen mussten. Derweil verbarrikadierte sich sein Junior in der Laube und konnte auch nur mit Gewalt herausgeholt und vorläufig festgenommen werden. Gegen alle drei und den Besitzer des Pkw wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet.
....Bereits am Vorabend haben verstärkte Polizeikräfte ein über Handy organisiertes, als Party deklariertes Treffen von Personen in Eisenhüttenstadt verhindert. Der Aufruf, zur Party zu kommen, war so formuliert, dass Insider es als Aufforderung zum „Russen aufzuklatschen" verstanden haben. Gegen 43 Personen, von denen allerdings nicht alle unbedingt wussten, um was es geht, wurde in diesem Zusammenhang ein Platzverweis erteilt.Und heute wird dann noch diese ddp-Meldung nachgereicht:
Ein 16-Jähriger hat an einer Eisenhüttenstädter Schule rechte Parolen gegrölt und einem couragiert einschreitenden Mitschüler den Arm gebrochen. ...Da scheint dieser Tage so einiges in der Stadt gehörig aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Derweil ist in der Märkischen Oderzeitung nachzulesen, dass das Café Olé endgültig Stadtgeschichte ist. Natürlich ging auch da einiges gegen den Baum und manchem in der Stadt gegen den Strich und sicher hat man sich von Seiten der städtischen Verwaltung auch im Rahmen der Möglichkeiten gemüht. Wenn aber Christina Chvosta, Bereichsleiterin für Freizeit, Kultur und Sport in der Stadtverwaltung, meint:
Den Jugendlichen stünden aber dennoch genügend Einrichtungen mit sozialpädagogischer Betreuung zur Verfügung, [...]. Da gebe es beispielsweise den Club Marchwitza, das Kulturzentrum oder aber den Jugendklub am Trockendock.dann bleibt doch ein schaler Nachgeschmack. In ihrer Position müsste sie nämlich eigentlich um die unterschiedlichen subkulturellen Selbstwahrnehmungen der jeweiligen Besucher der genannten Einrichtungen wissen und womöglich sogar die mehr Reibungs- als Berührungspunkte vorausahnen, wenn die bisherige Besucherschaft des Café Olé auf einmal geschlossen die sozialpädagogische Betreuung im Trockendock in Anspruch zu nehmen gedenkt. Da will man nicht unbedingt als Sozialpädagoge zwischengeworfen sein... Immerhin aber kommt die Aktion Olé der Stadtkasse zugute:
Bisher hatte die Stadt das Café Olé mit 6800 Euro jährlich unterstützt. Jetzt wurde diese Haushaltsposition nach Angaben der Stadtverwaltung auf null gefahren.Statt das Ganze auf null zu setzen hätte man mit einem kleinen Zuschlag auch eine weitere halbe Stelle im Kulturzentrum schaffen können...
Weiterhin erwarteten die Eisenhüttenstädter heute in großer Anspannung das Machtwort des Bürgermeisters in der Causa "Bauernmarkt in die Lindenallee". Auch hier ist die Märkische Oderzeitung Quelle aller Information und zitiert dankenswerter Weise Beispiele raffinierter lokalpolitischer Argumentation:
Wilfried Steinberg (Republikaner), der das ganze Thema an diesem Abend überhaupt erst auf den Tisch brachte, ließ seinem Unmut ebenfalls freien Lauf. "Es ist vielen total unverständlich, dass die Lindenallee mit Marktbuden voll gestellt werden soll. Das ist doch ein Unding" ...So geht es also zur Sache. Aber abgekühlt erscheint die Lage doch etwas gemäßigter: Erstens soll nicht die Lindenallee an sich, sondern nur ein relativ kleiner Teil für einige Stunden an Wochentagen mit gar nicht mal so vielen Marktständen versehen werden. Zweitens ist nicht ganz eindeutig, warum dieses so klar kommunizierte Anliegen für nicht weiter spezifizierte "viele" unverständlich ist und drittens handelt es sich in gewisser Weise gerade weil Wilfried Steinberg die Angelegenheit auf's Tapet brachte, um eine Art Vergegenständlichung und daher nunmal nicht um ein Unding.
Marie-Louise Hardell-Illgen (Die Linke) findet das Unterfangen dagegen schön volkstümlich "unter aller Kanone".
Was rein sachbezogen bis auf eine leichte ästhetische Irritation dagegen einzuwenden ist, dass vor und nicht hinter dem Friedrich-Wolf-Theater Äpfel, Würste und Stützstrumpfhosen feilgeboten werden sollen, leuchtet auch nach mehrfacher Lektüre des Beitrags und Druchdenken der Umzugsidee nicht ein. Wahrscheinlich liegt das daran, dass man als Exil-Eisenhüttenstädter den Wochenmarkt am Berlin Kollwitz-Platz mit seiner quirligen Atmosphäre vor Augen hat.... Worüber man sich aber wundern muss, ist, dass anscheinend niemand etwas dagegen hat, wenn in die ehemalige Vorzeigekaufhalle der Stadt ein Vorzeigeramschladen einzieht. Da entspricht meiner Wahrnehmung nach der Verkaufswagen vom Forellenhof doch weitaus eher dem innerstädtischen Zentrum. Davon, dass beim beliebten Stadtfest noch weitaus aggressiver die Ruhe und Ordnung der Magistrale u.a. mit Verkaufsbuden gestört wird, schweigen wir lieber.
Abschließend noch eine Kulturmeldung: Den Stahl-Literaturpreis der Eisenhüttenstädter Stahlstiftung wird morgen im Rathaus der “Zwei-Wasser-Stadt” (Wolfgang Perske) an die Schriftstellerin Kerstin Hensel vergeben. Mal sehen, ob zu erfahren ist, wie sie das lokale Auditorium panopticum so wahrnimmt. Und vielleicht gibt es ja danach sogar noch einen Tanz am Kanal...Vermutlich aber eher nicht.
In Ermangelung eines anderen Fotos würdigen wir heute eine der schönsten Laternen der Eisenhüttenstadt, die glücklicherweise nach wie vor die berühmte Europakreuzung erhellt. Auf das es noch lange so bleiben möge...
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