Bei einigen älteren Eisenhüttenstädtern lösen die kühnen Objekte, die von internationalen Künstlern auf einem Metallurgie-Pleinair in diesem Sommer geschaffen wurden, mit ihren bizarren Formen nur verwundertes Kopfschütteln aus.Nur einmal kurz und präzise drüber lesen und schon weiß man als Kenner der Geschehnisse in Eisenhüttenstadt, dass diese kleine Zitat aus dem Feuilleton des Wiennerischen Diarium, welches aus irgendeinem Grund und uns kulturellen Neotraditionalisten der österreichischen Kaffeehaus- und Pressekultur völlig gegen den Strich vermutlich als Zugeständnis an den Zeitgeist schon vor einigen Jahren in Wiener Zeitung umbenannt wurde, etwas älter ist. Genaugenommen stammt aus dem Spätsommer des Jubiläumsjahres 2000, in dem nicht nur der 50ste Jahrestag der Planstadtgründung mit dem ersten Stadtfest begangen wurde, sondern sich zeitgleich die Magistrale mit einer großen Ballung an Metallkunst füllte. Die war wie Ildiko Röd in ihrem Beitrag beschrieb, nicht jedermanns Geschmack, obschon die kleine Empörung verglichen beispielsweise zum Sturmlauf der Entrüstung, den es Ende der 1970er Jahre gegen Richard Serras Kartenhaus "Terminal" vor dem Bochumer Hauptbahnhof gab, eher vernachlässigbar ist. Und im Gegensatz zum Serra-Stahlwerk wird bislang keines der verblienen Stücke in der Eisenhüttenstädter Magistrale als Noturinal genutzt, was allerdings mehr eine Frage der Formgebung denn eine des allgemeinen Respekts vor künstlerischem Schaffen sein dürfte.
Schließlich sind die Eisenhüttenstädter Ordnung gewohnt, leben sie doch in einer Stadt, die mit ihrer abgezirkelten Architektur an ein riesiges Schachbrett erinnert: Kilometerlange Häusergevierte, die von rechtwinklig sich kreuzenden Straßen begrenzt werden.
Nun denn, aktuell nimmt man in der Lindenallee den Faden der Metallkunst wieder ein klein wenig auf und zeigt in Eisenhüttenstadt produzierte Arbeiten der Burg Giebichensteiner Michael Krenz und Thomas Otto, wobei ersterer sogar ein Kind der Stadt ist (vgl. auch hier), im leerstehenden Ladenlokal Lindenallee 3 unter dem deutlich mehrschichtigen Ausstellungsnamen "Doppelschicht". Janet Neiser sah sich für die Märkische Oderzeitung die Schichtstoffe an und staunte, "wie wunderschön und überraschend lebendig Metall wirken kann". Wir können mangels eigener Inaugenscheinnahme nur auf ihre Auskünfte und die beiden online verfügbaren MOZ-Pressefotos zurückgreifen, freuen uns aber generell über die frische Kunst in der Stadt und hoffen, dass hier in höherer Frequenz als es bisher geschah, noch einiges folgt. Auf dem Zentralen Platz wäre beispielsweise noch Platz für wirklich großformatige Arbeiten. Wenn dann jemand zu vielleicht etwas weniger ästhetisch glattem Heavy Metal, als es z.B. das in der Aussage eher schlichte Mammut mit Männchen im WK VI darstellt, seinen Kopf schüttelt, kann dies durchaus im Sinne des Kunstschaffenden sein.
Und es gibt noch einen weiteren Kulturtermin 2008: Im September wird der sympathische Unterhaltungssänger Max Raabe
Zum Abschluss nun noch ein Bild aus dem April 2007, dass unserer Vorfreude auf die Frühlings- und ab morgen Nacht Sommerzeit Ausdruck verleihen soll. Aber zuvor, weil ich es gerade auf dem Tisch habe und es gut zur Tonkunst, die uns für September ins Haus steht, passt, eine Meldung vom 30. März 1808 und zwar passenderweise wieder aus der Wiener Zeitung (ohne Autorenangabe, aber vermutlich nicht von Ildiko Röd, obschon diese immerhin mal Burgschreiberin auf der Burg Beeskow war, wo erst diese Ostern mittelalterlicher Markt, Eiszeitwetter, die bildende Kunst der DDR und postmoderne Architekturfotografie und damit alle möglichen Zeiten kollidierten.):
"Die Gesellschaft des Liebhaber-Konzertes hat Sonntags den 27. März die musikalischen Vorträge im Universitäts-Saale beschlossen, womit sie diesen Winter hindurch die Bewohner dieser Hauptstadt unterhielt. So wie sich die leitenden Mitglieder, unter dem Schutze des k.k. Obersthofmeisters, Fürsten von Trauttmannsdorf, eifrigst bestrebten, jedes Konzert durch strenge Auswahl unter den besten Werken der vorzüglichsten Meister und durch gute Ausführung auszuzeichnen, so gelang es ihnen auch, das letzte zu einem wahren musikalischen Feste zu erheben. Es wurde Haydns Schöpfung (nach Carpanis meisterhafter italienischen Übersetzung) gegeben und der würdige große Tonsetzer erschien selbst bey der Aufführung. Ungemein rührend war der Empfang desselben, unter den Herzensströmen des höchsten Adels, der Künstler und seiner Freude, unter dem Vivarufe der ganzen Versammlung, und dem Schalle der Trompeten und Pauken. Die Empfindungen der Gesellschaft unternahmen zwey Dichter : von Capani und H.J. von Collin, ersterer in einem italienischen Sonette, letzterer in deutschen Stanzen, auszudrücken , welche dem Könige des Festes von den geistreichen Dilettantinnen : der Freyin von Spielmann und dem Fräulein von Kurzbeck überreicht wurden. Noch rührender war der Abschied, als der ehrwürdige Altersschwache Greis, nach der ersten Abtheilung des Oratoriums , aus dem Saale auf seinem Sitze herausgetragen wurde, seine Thränen flossen , und er , vom Gefühle seines Herzens überwältigt, dem Orchester und der Versammlung Dank und Segnungen zuwinkte. ..."Ob man dann im September in der Märkischen Oderzeitung ein ähnlich klingende Beschreibung zum Auftritt Max Raabes in der Inselhalle (so er denn erfolgt) lesen kann, können wir natürlich heute noch nicht vorhersagen. Die Textbausteine stellen wie aber gern zur Verfügung.
Denn, richtig, einerseits steht uns mächtig Insektengebrumm ins Haus und andererseits wird der Pollenflug allerorten eingeniest. Der obenstehende Reim taugt allerdings, obschon der April in fortgeschrittenen Kulturnationen als Nationaler Poesie-Monat begangen wird (vgl. hier), so gar nichts. Aber noch ist ja auch März und wir versprechen, falls wir es nicht vergessen, uns ab nächstem Dienstag mehr Mühe mit eventuellen Dichtungen zu geben.
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