Ich lief mit großer Eilfertigkeit durch die Stadt, um mich sogleich wieder in dem Gartenhause zu melden, wo die schöne Frau gestern abend gesungen hatte. Auf den Straßen war unterdes alles lebendig geworden, Herren und Damen zogen im Sonnenschein und neigten sich und grüßten sich bunt durcheinander, prächtige Karossen rasselten dazwischen, und von allen Türmen läutete es zur Messe, daß die Klänge über dem Gewühle wunderbar in der klaren Luft durcheinander hallten. Ich war wie betrunken von Freude und von dem Rumor und rannte in meiner Fröhlichkeit immer grade fort, bis ich zuletzt gar nicht mehr wußte, wo ich stand. Es war wie verzaubert, als wäre der stille Platz mit dem Brunnen und der Garten und das Haus bloß ein Traum gewesen und beim hellen Tageslicht alles wieder von der Erde verschwunden.
Die angeführte Passage wartet mit derart vielen Indizien auf, welche darauf hindeuten, dass es sich bei der beschriebenen Stadt unmöglich um Eisenhüttenstadt im Dezember 2008 handelt, dass einem fast schwindlig wird. Gut, Rom wurde auch nicht an einem Tag verbaut, aber Türme, die zur Messe läuten und buntes Durcheinandergrüßen: kaum einem Taugenichts bieten sich die Straßen hierorts derart lebendig dar. Nicht mal die freiherrlichen bzw. nicht nur sonntags herrlich freien Eichendorff-Straßen. Wenn wir ehrlich sind, auch nicht zum Turmblasen. Auch nicht mit Dean Reed in der Hauptrolle und Hannelore Elsner als Gräfin daneben. Aber der Advent ist nun mal auch eine Zeit des romantischen Träumens, gern auch mal in Farbe, und da überströmt es selbst die kaltesten Herzen, eine dichterisch-schöpferische Novelle zum Jahresausklang zu machen. Die heißen umso mehr. Eine solche Laola findet sich kurz und nicht studentenbündig bei unserem Nachbarblogger Andi Leser, der heute Zweitausendundneunjahrswünsche als Viatikum zum Jahreswechsel wie zum Besten reimt, was die Stadtdichtung diesen Dezember verlesen durfte - viel war es allerdings auch nicht:
Was ham wir gelacht,
Zweitausendundacht!
Was wern wir uns freun,
Zweitauendundneun!
Wo liegts Mittel des Zwecks,
Zweitausendundsechs?
Wo wern wa bloß geblieben,
Zweitausendundsieben?
Was ham wa bloß gemacht,
Zweitausendundacht?
Wie wern wir uns zerstreun,
Zweitauendundneun?
Woran könn wir uns lehn,
Zweitausendundzehn?
The Andi and myself,
Zweitausendandelf?
Sowie:
Die Schaf fressen die Wölf,
Zweitausendundzwölf.
Und die Jahre, die vorbei wehen,
Zweitausendunddreizehn...
Die Städte, die nur wir sehen,
Zweitausendundvierzehn...
Und was wir allen wünscheln,
Zweitausendundfünfzehn...
Sind Routen, keine Pechsträhn,
Zweitausendundsechzehn...
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Nächstes Jahr geht es dann wie's ist,
falls man's am Ende nicht vergisst,
sehr heiter
weiter.
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