Worauf man auch noch einmal hinweisen sollte, ist, dass das Gros der Stadtverordneten von Eisenhüttenstadt irgendwie doch bereit ist, überaus fahrlässig und kurzsichtig, wie es kennzeichnend für populistische Amateurpolitik ist, Teile des kulturellen Lebens der Stadt ein paar tollen Tagen im August opfern.
Der wiederholte Versuch der PDS-Fraktion, den Zuschuss der Kommune für das Stadtfest von derzeit 50 000 auf 30 000 Euro zu reduzieren, ist auch am Mittwoch in der Stadtverordnetenversammlung erneut gescheitert. Schon im Hauptausschuss hatte die PDS diesen Antrag in der Haushaltsdiskussion eingebracht und ihn mit der desolaten Haushaltssituation der Stadt und drastischen Sparmaßnahmen in anderen Bereichen begründet. Das Stadtfest, argumentierte die PDS, sei eine freiwillige Leistung und das Geld anderswo besser angelegt. Mit dieser Argumentation konnte sie die Mehrheit jedoch nicht überzeugen. (MOZ: Stadtfest mit lokaler Beteiligung)
Wir hatten schon einmal einen Kommentar zum Thema Eisenhüttenstadt, voll auf (Kon)Kurs, der leider aktuell bleibt. Ich würde mir wirklich wünschen, dass ich mich irre und dass Volkshochschule, Heimattiergarten, Dokumentationszentrum, Stadtbibliothek und Kulturzentrum und was sonst noch an Kultur als Stumpf, Rumpf und Fragment geblieben ist, doch noch irgendeine Art von Rettung widerfährt.
Aber ich bin leider Realist genug, um der Stadt zuzutrauen, dass sie für ein recht billiges Jahrmarktvergnügen noch viel mehr zu aufzugeben bereit ist, als sie es ohnehin schon tut. Eine Option, dass Fest nur alle zwei Jahre durchzuführen und die gesparten 50 000 Euro in den Betrieb der Volkshochschule zu stecken oder wenigstens in die Tilgung Schulden bzw. das Begleichen von Zinsen scheint hier genauso abwegig wie eine Umstellung des Konzepts und sich z.B. statt auf überalterte Barden aus einem vergangenen Jahrtausend - ich denke hier explizit an den Kollegen Chris "Goodnight Ladies" Norman - unterm Riesenrad auf regionale Kunst- und Kulturschaffende zu konzentrieren, die sich vermutlich zum Selbstkostenpreis, dafür aber umso engagierter einbringen würden. Man kann es auch anders machen, man muss nicht immer inzestuös Mimikry der eigenen Vergangenheit sein. Aber man darf dies natürlich auch, es ist legitim und es ist auch leichter so und man braucht für diese Art von Gaudi auch nicht soviel Fantasie.
Ich weiß auch nicht so recht, was man da tun soll und kann, außer vielleicht das Stadtfest zu boykottieren oder sich als Eisenhüttenstädter Festbesucher wenigstens im Klaren zu sein, dass man, sollte z.B. der Heimattiergarten, den die eigenen Kinder so mochten, geschlossen werden, diesen genau für die Ein-Meter-Bratwurst und genau den Plastikkelch Bier und genau die grauenhaft übersteuerten Möchtegernhits einer abgetakelten Halbprominenz der Kategorie Haddaway and below, mit der und mit dem man sich gerade aus dem grauen Alltag rumst, geopfert hat... So gewinnt übrigens auch das Motto des diesjährigen Spektakels ("Mit dem Herzen dabei") eine etwas andere Bedeutung.
Wie gesagt: ich will an dieser Stelle nur zu gern Unrecht haben, mich irren, danebenliegen und was es sonst so gibt und mich positiv überraschen lassen von kreativer und nachhaltiger Stadtpolitik. Falls also jemand irgendwo einen Ansatz dafür sieht, dann bitte ich darum, einen Hinweis hier als Kommentar zu hinterlassen.
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