Für eine nicht unerhebliche Zahl der damaligen Eisenhüttenstädter Jugendlichen war die Skateboardanlage auf der Insel in den 1990er Jahren ein durchaus positiver Begriff und für manche sogar zwischenzeitlich Nabel ihrer Welt bzw. Rampe zur Adoleszenz. Coming of Age hieß "Kommen zur Bahn": das Skateboard als Verbindungswerkzeug zu denen, die Szene sind, die schon flippen können und grinden und sliden und all das. Mit jedem Trick, den man lernte, wurde man mehr Teil der Holzbrettgemeinschaft. Skateboardfahren war cool und wer nicht fahren wollte oder konnte, wollte wenigstens mit den Coolen herumsitzen und das konnte er zumeist.
Die erste Zeit nach ihrer Eröffnung genoss die Skateboardbahn noch nicht diesen Ruhm, sondern war mehr Kinderspielplatz, denn es fehlten schlicht die Besucher. Die Zahl der Skateboarder in Eisenhüttenstadt lag zu diesem Zeitpunkt im unteren einstelligen Bereich. Drei Jahre später war Asphaltfläche - damals noch mit Hügeln und Gestrüpp daneben und nur halb so groß wie heute - der Sommertreffpunkt: gemütlich, entspannt und dann länger am 01. Mai Grillplatz bis Tanzparcour. Paul van Dyk legte auch einmal auf, aber das war schon etwas später, als die Skateboarder nicht mehr in allzu heißen Stunden hinaufgingen um im Springbrunnen des Staudengartens zu baden oder wenigstens beim Minigolf ein Speiseeis und Schatten zu suchen. Ausgerechnet die Erweiterung, die insofern halbherzig war, als dass man zwar die Fläche, aber nicht analog die Zahl der Rampen angemessen vergrößerte, lässt sich Punkt ausmachen, an dem sich das Nutzungsverhalten und mit diesem die Anlage drastisch veränderte.
Die Laternen blieben bald genauso ausgeschaltet, wie bis heute die Einlösung des persönliche Versprechens des (damals wie heute aktuellen) Bürgermeisters, der Basketballkorb würde demnächst noch fertig in die Anlage integriert. Hier dachte man groß, handelte aber schlicht nicht sachgerecht. Vielleicht haben die vielen Köche, denen die Anlage jetzt auch als cooles Schmuckstück für die Jugendarbeit zupass kam, den Brei verdorben. Das zuvor vielleicht eher zufällig ausgewogene Raumverhältnis im Park zerbrach ganz sicher. Die Errichtung der zweiten Skateboardanlage unter der Eisenbahnbrücke im VII. Wohnkomplex, die sich am Ende ebenfalls sehr gut gemeint aber nicht ganz so gut realisiert fand und die nach dem Niedergang des Wohngebietes und ihrem eigenen in einer äußerst eigenartigen Form inklusive der exzellenten Asphaltdecke abgetragen wurde und damit zum traurigen Symbol für viel Geld bei sehr wenig nachhaltiger Wirkung - die Grünanlagen wurden schon im ersten Sommer zum Desaster, der Fußballplatz kaum genutzt - wurde, war dagegen eigenartigerweise weniger negativ in der Wirkung.
Auf dieser antiken Aufnahme aus eine Kiste vom Dachboden flippt jemand kopflos mit seinem Skateboard aus und dann wieder ein und zwar in die heutige Resterampe der frühen Funbox. Lilafarbene Unterhosen zu weißen Schuhen bewiesen allerdings nur wenig modische Stilsicherheit.
Was ganz sicher nicht gelang, war die Übergabe der notwenigen Sorgsamkeit im Umgang mit der Umwelt - sprich der Bahn - durch die Generation, der diese Anlage noch als unerwartetes und außergewöhnliches Geschenk erschien, und denen, für die die Anlage selbstverständlicher Bestandteil der Insel ist. Im Jahr 1995 gab es tatsächlich Fahrer, die sich aus der Schwimmhalle einen Besen borgten, um die Anlage eigenhändig zu fegen. Man sprach mit den Verantwortlichen und erreichte die nachträgliche Installation von Laternen. Ein Fahrzeug der Stadtwirtschaft bog regelmäßig ein, um die Papierkörbe zu leeren: Betreiber und Nutzer lagen auf einer Welle und sicher war man in der Stadt positiv überrascht darüber, in welcher Form die Skateboardbahn als solche genutzt wurde.
Als der Effekt der Neuigkeit seine Wirkung eingebüsst hatte und die Stadt an sich sichtbar in vielerlei Hinsicht kippte, verloren die, die auf der Anlage ihre Zeit verbrachten und offensichtlich auch die, die für den Betrieb zuständig waren, das Interesse. Defekte Rampen blieben ein halbes Jahr und länger im Depot, so dass der Reiz zum Fahren ausblieb. Scherben blieben Wochen liegen und vermehrten sich, Bänke zerbrachen und wurden nicht geflickt, die Abfalleimer verschwanden und die Skateboarder zogen weg. Die Anlage verlor ihre Attraktivität und da man am Vandalismus immerhin ein wenig vorbeugenden Licht sparte, zahlte man bei der Reparatur der Holzrampen drauf.
Zu spät leider - trotz früher Hinweise - erkannte man, dass Beton auf Dauer die bessere und trotz höhrerer Eingangsinvestition die günstigere Variante ist. Die Holzplatten von Olliebox, Grindcurb und Miniramp zerbrachen bzw. wurden zerbrochen. Alles was aus Beton war, nicht. Jetzt wird hier glücklicherweise angesetzt und aufgestockt.
Die groß verkündete Investition der dafür übertragenen Gage von Stadtliebling Paul van Dyk für seinen Auftritt beim Stadtfest 2007 wird, wie die Märkische Oderzeitung meldet, nun endlich umgesetzt. Allerdings staunt man anscheinend darüber, dass 10.000 Euro zwar für ein bisschen halbinspiriertes Auflegen von Technomusik eine Menge Geld sind und immerhin eine ABM-Stelle im Städtischen Museum bestimmt für ein dreiviertel Jahr finanzieren würden, im Bereich des Skateboardrampenbaus aber eher ein mageres Sümmchen darstellen. Dabei hat man doch schon einmal Rampen - sogar Betonrampen - eingekauft. Immerhin: Es passiert etwas:
""Wir haben drei neue Elemente bestellt", sagt Reichl. Darunter eine Fun-Box, die von vier Seiten befahrbar ist. Damit sei das Geld aber aufgebraucht - zumal jetzt noch der Transport kommt. "Die Lieferzeit beträgt sechs bis acht Wochen", erklärt er. Bis Ende August sollte alles da sein. Dann wird eine der Rampen, die jetzt schon auf dem Areal stehen, aber komplett abgebaut. Sie ist zu alt und zu kaputt. "Wir nehmen eins der Elemente raus und bringen drei neue rein", betont Reichl.
Dass man hiermit das Flair der 1990er zurückbringt ist nicht zu erwarten. Zu verschieden ist das Publikum und zu verschieden ist die Ausgangslage. Aber immerhin könnte man den verbliebenen Skateboardern Eisenhüttenstadts einen neuen, hoffentlich dem Sport adäquaten Parcour gestalten. Vielleicht kommen zu den wenigen dadurch wieder einige mehr dazu. Alles weitere in der Märkischen Oderzeitung: Schönheitskur für die Skaterbahn.
Deutlich stabiler als die Holzrampen - die zugegeben aber schon zu weiten Teilen deutlich länger im Vergleich zu ihrer durchschnittlichen Lebenserwartung hielten und halten - ist natürlich die Ruine des MEW-Kraftwerks Vogelsang an der Oder.
Dessen Schicksal und das der Skateboardbahn überschneiden sich insofern, als dass bei letzterer nach der Oderflut 1997 Geld für die am Ende wenig sensible Erweiterung da war, beim Kraftwerksbauwerk leider für ein denkmaltechnisch völlig unsensibles Abrissunterfangen.
Nicht rechts geschaut, nicht links geblickt, sondern in blindem Aktionismus und mit dem kurzsichtigen Argument der Verkehrssicherheit wurden hier größere Summen versprengt und vergraben, bis schließlich einige die Schornsteine bevölkernde Falken dem Treiben dank Naturschutz ein Ende setzten.
Ihnen sei dank, denn nur deshalb war es möglich, der Ausstellung "'Mittelpunkt kriegswichtiger Industrien'. Rüstungswirtschaft und Zwangsarbeit in Fürstenberg (Oder) 1940 bis 1945", die aktuell vom Städtischen Museum präsentiert wird, auch gebautes Anschauungsmaterial beizufügen.
Das Skateboard kann man beim Besuch der Ruine aber daheim lassen: Auf das anscheinend weitgehend berollbare Dach des Kraftwerks wird man, wenigstens solange die Ausstellung läuft, nicht vorgelassen.
Foto: ca. 1998, Dachbodenfund.
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