"Die Freilichtbühne ist inzwischen zum Stadtgespräch Nr. 1 geworden. Jeder Stalinstädter, der sich das Entstehen der Bühne angesehen hat, kann sich ein Bild machen, was für Arbeiten notwendig sind, um diesen Bau termingerecht fertigzustellen. Die meisten Arbeiten müssen manuell gemacht werden, da wir in den wenigsten Fällen technische Hilfsmittel in Anspruch nehmen können. Desto höher muß man den Elan der NAW-Helfer einschätzen, die mit einem lustigen Wort auf den Lippen und immer guter Laune ihre bestimmt nicht leichte Arbeit verrichten."Es sind nur die kleinen Feinheiten (alte Rechtschreibung, "immer gute Laune", "
Allerdings führt der Beitrag nicht nur Positivnachrichten im Gepäck. So verzichtet man - angeblich aus Gründen des Vandalenschutzes - tatsächlich auf die angekündigten bequemen Sitzschalen aus dem Olympiastadion und greift auf das schlichtmöglichste Modell (Solo von Stechert) zurück. Die passen im Ergebnis farblich auch weitaus besser zum Umfeld:
Zaun, Kissen, Beleuchtungsmasten - alles in der Farbe des Waldes, so wie es sich für eine Naturanlage gehört.Genau genommen ist ein Wald natürlich nicht grashüpfergrün, sondern enthält ein ganzes Spektrum von Farben - von Birkenstammweißschwarz über Kiefernrindenockerbraun bis hin zum Tannengrünbisindiespitzen - und daher lassen sich mit der Aussage auch schon vorausschauend zukünftige Nutzungsspuren ablesen. Sehr gern liest man, dass es in diesem Fall in dieser Stadt ein erblühendes Wir-Gefühl gibt:
"Schließlich sind wir doch alle verwurzelt in dieser Region, und ehe die Leute zum Theater nach Berlin fahren, sollte man doch versuchen, ihnen hier etwas Kultur zu bieten."Mal sehen, ob man diesen Anspruch auch erfüllen kann. Den Versuch kann man nicht genug unterstützen!
So wie 1960, als die laut [Burkhard] Jantke damals zweitgrößte Freilichtbühne in der DDR aus dem Boden gestampft wurde, packen jetzt auch wieder alle an. Von Ferrostahl, der Stadtwirtschaft, über Arcelor bis hin zurEinen Unterschied gibt es jedoch: Wo damals die Brigaden ihre freiwilligen Aufbaustunden am Abend und am Wochenende leisteten, heißt es heute:
Diakonie.
"Seit früh um sieben sind wir heute schon bei der Arbeit", sagt Burkhard Dammaschke, der noch immer einen Pinsel in der Hand hält und von der Diakonie geschickt wurde.Der zweite Wermutstropfen im Sektglas der neuen Freilichtbühnenzukunft ist dieser:
Kino soll es auf der Freilichtbühne aber nicht mehr geben. Das sei technisch ein zu großer Aufwand. Zudem wolle man ja privaten Kinos keine Konkurrenz machen, heißt es aus der Stadtverwaltung.Als Filmfreund bedankt man sich für diese unsinnige Rücksichtnahme nur bedingt. Denn einerseits hat Eisenhüttenstadt, soweit allgemein bekannt, nur ein privates Kino und das wird andererseits zumeist mit derart lauer Konfektionsware beliefert, dass das gilt, was Heckmann-Chef Eberhard Kirsch oben zum Theater bemerkte: Man fährt lieber nach Berlin. Dass der Aufwand recht groß ist, glaubt man dagegen gern. Die lokale privatwirtschaftlich kämpfende Kinolobby könnte man jedoch sicher mit dem Versprechen beruhigen, nur Filme zu zeigen, die ein bisschen neben dem Multiplex-Hauptstromprogramm liegen. Vielleicht denkt man sich in der Stadtverwaltung aber auch, dass dafür in der Stadt das Publikum fehlt. Erfahrungsgemäß - wenn man an die Zeiten denkt, in denen im Friedrich-Wolf-Theater entsprechende Versuche unternommen wurden - wäre diese Annahme eventuell leider nicht ganz verkehrt.
In diesem Talkessel brodelt es: Die Freilichtbühne wird farblich dem Wald angepasst und ansonsten auf Vordermann gebracht. Bald spielen hier wieder Filmorchester Traummelodien und vielleicht gibt es auch großes Theater. Wie im Kino wird's aber wohl nie mehr.
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