"Der Dichter steht auf einer höhern Warte als auf den Zinnen der Partei." Diesen Sinnspruch vermachte uns der Lyriker Ferdinand "Fremdling, laß deine Stute grasen" Freiligrath, der freilich grad vor 130 Jahren starb und deshalb die durchaus mit unterparteilicher Intention begründete Bitterfelder Werktätigendichtung nicht kannte. Inspiriert durch eine Bildpostkarte, die am 27. Mai 1959, also fast genau 47 Jahren, mit einem anständigen Stalinstadt-Motiv ans Redaktionsarchiv des Berliner Verlags ging, fragt man sich, warum eigentlich diese Tradition der Dichtung aus den geschlossenen (mindestens 2.) Reihen des anti-elitären Ausdruckswillens so wenig gepflegt wird.
Da wir als Blogtätige erstens das "wenig" in "massiv" ändern und zweitens bei der Traditionspflege gleich auf Pflegestufe III (schwerste Pflegebedürftigkeit) einsteigen wollen, kommt hier nun und also die erste lyrische Darstellung zur Stadtgeschichte, zu der man sich ruhig mal eine musikalische Untermalung auf der Blogflöte vorstellen kann. Die Geschichte über die zwei berühmten Stahlfedertiere ist selbstverständlich etwas fiktionalisiert, da es sonst mit dem Reim nicht passen täte.
Die zwei Enten (Roh(ei)fassung)
Es schwammen einst der Enten zwei/im Oder-Spree-Kanal herum
ein Zauberkünstler kam vorbei/sie quakten fröhlich, er blieb stumm
Ihr Watschelgang, ihr Federkleid!/machte ihn wild, nervös
er alt, allein, sie jung, zu zweit/und ziemlich amourös!
Das konnt' er, wie er kam und sah/so länger nicht vertragen
Er griff das schöne Vögelpaar, mit festem Handschlag ganz und gar/
in Bronze sie zu schlagen!
So standen sie nun wie aus Blei/metallisch, kalt und grau
Ergebnis tauber Schweißerei/plus steiner'm Unterbau.
Sie blei-entelten, weil's praktisch ist/im Gegensatz zur Flugent'
sichtaxial Richtung Aktivist/im Straßenbild g'nannt "Jugend".
Dies war wohl in des Künstlers Sinne/wiewohl nicht dem der Enten
Die wollten wie 'ne Ruderpinne/zurück in ihre Ruderrinne/heißt: ihre Elemente(n).
Doch(!) eines Tages kam die Fee/auf Kleintransporterrücken
Versprach den Tier'n Gebäck und Tee/und Grütze zum verdrücken
Wie wild schlug da das Entenherz!/Nicht stahl- sondern bewegungstroph!
Doch ging es nicht kanaleinwärts/nur gen Museumshof.
Dort stehen die beiden Flügelwesen/immerhin zwei frostharte,
Und träumen nur vom grünen Schnäbeln/oder von 'ner Postkarte!
(17. Mai 2006)
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