Früher einmal, nachdem ich im Kinoprogramm des Friedrich-Wolf-Theaters (mindestens 3mal) den Film "Die BMX-Bande" gesehen hatte und verliebt über beide Ohren in Nicole Kidman (Judy) durch die Stadt rannte, schlug mein Herz für diese etwas wildere Variante des Kunstradsports. Dann gab es noch diesen Pepsi-Werbespot in dem ein Radathlet in prächtiger Sommerstimmung auf einem Pier tailwhippte und ich war hin und weg und voller Sehnsucht nach einem entsprechenden Rad. An ein Mongoose, wie es Moustache oder Whitey die Hafenstraße des (Film)Melbourne hinunterritten, war in der DDR natürlich nicht zu denken, aber zum Schrecken meiner armen Eltern und wie der Zufall es nunmal wollte begann man just zu diesem Zeitpunkt in den Mifa-Werken (glaube ich) mit der Produktion von BMX-Rädern für den DDR-Markt. Dass produziert wurde, hieß allerdings noch nicht, dass man auch eines bekam. Ich glaube, ich bin hundertmal in den Fahrradladen in der Leninallee gerannt, um nachzufragen, ob und wann es solche tollen Fahrräder gäbe. Und als die Hoffnung schon fast geschwunden war und ich mittlerweile mit einem nagelneuen 26er Diamant-Sportrad herumflitzen konnte, schritt ich zufällig gerade in dem Moment in's Fahrradgeschäft, in dem die neuangelieferten Räder mit schaumstoffbepolsterten Lenkstangen und Rahmen in den Verkaufsraum gerollt wurden. Ganze drei BMX-Räder waren da und meine mit meinem Segenswunsch schwergebeutelte Mama hatte erst gar keine Chance an Vernunft oder ähnliches zu appellieren. Darüber schlafen - das ging nicht, galt doch im DDR-Konsumsystem bei solch seltener Ware grundsätzlich die Devise "Wenn weg, dann weg!". Und sehr oft war der Ladentisch so hoch, dass diese Form von Gütern bereits darunter verschwand und "weg war", bevor man überhaupt von ihrer Existenz erfahren konnte.
So wurde ich einer der ersten BMX-Fahrer der Eisenhüttenstadt und vermutlich einer der erfolglosesten, denn der reine Besitz eines Fahrrades macht den Besitzer noch nicht automatisch zu einem Kevin Jones. Talent, Geschicklichkeit und Mut waren mir nicht aussreichend genug in die Wiege gelegt, um hier wirklich zu glänzen. Curb-Endos, Wheelies und ein paar Stufen hinunterhüpfen plus Bunny-Hops bis mittlere Schienbeinhöhe - das war mein Trickrepertoire und irgendwann kam dann das Skateboard auf den weihnachtlichen Gabentisch und der Radsport war überwunden.
Beides, Skateboard wie auch BMX-Sport, wurden in Peer-Group und erwachsener Umwelt, ich erinnere mich gut an die scheelen Blicke und boshaften Kommentare, nicht so recht als altersadäquat für 12jährige Buben verstanden, was in der Rückschau schon etwas komisch wirkt.
Ähnlich amüsant liest sich heute die Passage in einem BMX-Buch, das ich 1990 erwarb, in welcher geschrieben steht, dass die Zeit des Skateboardings nun endgültig vorbei sei. Und gern erinnere ich mich an die Aussage eines westdeutschen Besuchers von etwa 1988, der sagte, dass in der BRD nun überhaupt niemand mehr ein BMX-Rad anrühren würde, denn es gäbe jetzt die Mountain-Bikes...
Heute im 21sten Jahrhundert weiß man, dass BMX-Sport und Skateboarding mehr oder weniger friedlich koexistieren können und dies sogar in Eisenhüttenstadt. Da wir gestern etwas zu den Skateboardern lesen konnten, möchte ich in ausgleichender Linkgerechtigkeit einen Verweis auf die Eisenhüttenstädter BMX-Aktiven an- und unterbringen, die auf ihrer Stammseite jüngst ein paar sehr schöne Fotografien eingestellt haben, auf denen Sport und Stadt wunderbar zusammenwirken.
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