So langsam erscheint es mir, als würde sich mit Peters-Weblog der dritte Weblog zu Eisenhüttenstadt etablieren, was man als Freund des Pluralismus nur begrüßen kann, denn so erhöht sich die stadtspezifische Meinungsvielfalt in der Blogosphäre.
Heute hat er in einem schönen Text Eisenhüttenstadt als geteilte Stadt herausgearbeitet, wobei sich die Teilung - selbstreferentiell, wie das Leben nun mal spielt - über der Teilhabemöglichkeiten beispielsweise an der Blogosphäre zeigt. Kurz: Es geht um die stadträumlich ungleich verteilten Chancen, einen zeitgemäßen Zugang zum Internet zu bekommen: Die Stadt im Osten mit dem "eigenen goldenen Westen".
Das massenmediale Leitmedium der Stadt, die Märkische Oderzeitung, hatte in den letzten Tagen zwei aus unserem Fokus beachtenswerte Beiträge. In dem ersten zitiert Andreas Wendt zunächst einmal etwas deplaziert das Werbefernsehen ("Zwanzig Prozent auf alles - diesen Spruch lieben vor allem Männer, wenn im Baumarkt wieder eine Rabattaktion startet.") und leitet dann auf eine Debatte über, bei der es darum geht, nämlich auch um "Teilhabemöglichkeiten", d.h. den sozialökonomisch schwächer gestellten Bürgern der Stadt umfänglichere Ermäßigungen als bisher für die Nutzung kommunaler Einrichtungen zu gewähren. Die LINKE forderte nämlich jüngst in der Stadtverordnetenversammlung "Besitzern eines Eisenhüttenstadt-Passes eine pauschale Ermäßigung von 30 Prozent ... einzuräumen".
Dies beträfe also in etwa:
- die Nutzung der Stadtbibliothek (Jahresentgelt: 10 Euro, Ersparnis 3 Euro)
- den Besuch des Städtische Museums
- den Besuch des Feuerwehrmuseums
- den Besuch des Inselbades
- den Besuch des Dokumentationszentrums zur Alltagskultur der DDR
- den Besuch des Tiergeheges
- den Besuch von Theaterveranstaltungen, momentan im Theaterquartier
- den Besuch von kunterbunten Kulturveranstaltungen im KUZ
Abgesehen von vielleicht einer Handvoll fanatischer Museumsjunkies dürften die Stadtbibliothek und das Inselbad die Magneten der Zielgruppe sein, wobei gerade angesichts einer schwelenden Diskussion um die desolate Situation der Allgemeinbildung in Deutschland und speziell in Ostdeutschland wenigstens für die Bibliothek eine Ermäßigung um 100 % plus Verfünfachung des Etats bzw. der Zahl der Karl Dörings dieser Stadt einzufordern wäre.
Ansonsten wäre es interessant, die tatsächlichen Mehrkosten einmal vorgerechnet zu bekommen, die sich aus einem 30 % Nachlass für die ALG-II und Hartz IV-Versorgten Eisenhüttenstädter ergäben. Denn die MOZ abgebildete Diskussion lässt darauf schließen, dass die Gegner eines solchen Rabattes für Bedürftige von einer geplünderten Stadtkasse ausgehen, sofern auf einmal die Eisenhüttenstadt-Pass-Besitzer ein oder zwei Euro weniger für den Besuch des aus betriebswirtschftlicher Sicht vermutlich an sich hochdefizitär arbeitenden Stadtmuseums ausgeben müssten.
Vielleicht würde andererseits die Zielgruppe für einen Euro Eintritt die Einrichtung auch tatsächlich einmal besuchen und das wäre ein Euro mehr als jetzt in die Museumskasse. Diesen Denkschritt darf man aber vermutlich nicht von Fraktionen, die solch einen Vorschlag mit dem Totschlagargument des "reinen Populismus" vom Tisch bügeln, erwarten.
Die selbe Überlegung betrifft übrigens auch das Tiergehege und die alberne Annahme der Verordneten Marina Marquardt (CDU), dass eine Senkung für die Zielgruppe die Einrichtung und den Förderverein in die Existenznot triebe. Das hat die Stadt mit der Entscheidung der Ausgliederung des Heimattiergartens aus ihre Verantwortlichkeit schon selbst getan. Gefragt sind hier generelle Lösungen und nicht die scheinheilige Idee, man könne das Gehege retten, in dem man von den ALGII-Empfängern der Stadt den vollen Eintrittspreis verlangen. Die gehen dann für 3 Euro einfach nicht hin, für 2 Euro eventuell und für 1 Euro wahrscheinlich, was so gut wie keinen Mehraufwand und dafür einen Sack Heu mehr für Verein und Wildtierfütterung bedeuten würde.
Der hinter der Abwehrhaltung stehende Denkfehler ist aber ein anderer. Offensichtlich nimmt man nämlich an, dass die genannten Einrichtungen in der Lage wären, sich halbwegs selbst zu finanzieren. Das ist natürlich Unsinn - ohne massive Zuschüsse sind diese Einrichtungen nicht überlebensfähig. Ein paar Drittmittel sind sicher immer über Eintritt u.ä. einzunehmen, aber zu glauben, dass diese Quelle betriebsdeckend sein kann, verwiese schon auf eine arge kommunalpolitische Naivität.
Wenn man dagegen aber akzeptiert, dass ein Feuerwehrmuseum oder ein Tiergehege eben doch hauptsächlich von städtischer Seite unterstützt werden muss, dann sollte man die Eintrittsgelder als Zusatzeinnahmen verbuchen, wobei die Euros, die man u.U. drauf zahlen müsste, weil die 10 Arbeitslosen, die das Städtische Museum im Jahr besuchen, auf einmal dreißig Prozent weniger bezahlen, bei ausreichender Unterstützung nicht existenzbedrohlich sein dürften. Und wenn dann aufgrund des Rabattes auf einmal 15 kommen, hat man den Verlust gar wieder wettgemacht...
Im zweiten für uns erwähnenswerte Beitrag beschreibt Janet Neiser die Schwierigkeiten in der Fröbelring-Passage. Mit dieser hat sich die "TLG Immobilien GmbH mit Sitz in Berlin" anscheinend einen hübschen Klotz ans Bein gebunden, wobei die Angabe "Hauptmieter Netto" anscheinend nicht sonderlich anziehend wirkt. Der verantwortliche Manager Armin Harwarth bleibt bzw. spielt dennoch den (Berufs)Optimisten:
Bislang gehen allerdings hauptsächlich die Mieter. Dem will er mit einem neuen "Magneten" bzw. "Frequenzbringer" demnächst einen Kontrapunkt entgegensetzen. Wer das sein wird, ist ihm hoffentlich nicht so unklar, wie uns, nachdem wir lesen: "Welche Branche oder welcher Name sich dahinter verbirgt, wollte er noch nicht sagen."
Die Passage habe Potenzial - auch wenn die Kaufkraft der Bürger laut Einzelhandelsindex unter dem Bundesdurchschnitt liege. "Hier geht was", glaubt Harwath.
Alles weitere in der MOZ: Die Angst vor dem Verlottern
Das Bild zur Nacht kommt schließlich von unserem Hauptzulieferer im Bereich Eisenhüttenstadt-Fotografie:
Unser flinker Flickr-Knipser Komplex* war auf dem Planeten An der Schleuse und hat uns dieses schöne Spielplatzbild mitgebracht. Die ehemals den unteren Balkon Bevölkernden sind übrigens schon abgeflogen.
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