Was jüngst groß in der Presse vom Focus bis zur Märkische Allgemeinen Zeitung groß als ein in Deutschland seltenes Phänomen und erstaunlicherweise in Eisenhüttenstadt neben ganz wenigen anderen Orten der BRD herausgestellt wurde, nämlich eine akute Konkurrenzsituation auf dem Gasmarkt, wirkt sich vor Ort ziemlich ungünstig auf eines der lokalpatriotischsten Unternehmen ünerhaupt aus: die Stadtwerke Eisenhüttenstadt, die, wie gestern in der Märkischen Oderzeitung und hier bei uns nachzulesen war, ganz kräftig Investoren für die Stadt suchen.Gaskunden in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) haben die Wahl: Seit Jahresbeginn können sie ihr Gas nicht nur bei den örtlichen Stadtwerken, sondern auch beim benachbarten Regionalversorger EWE kaufen.
Die EWE AG des Ems-Weser-Elbe Versorgungs- und Entsorgungsverband hatte man dabei sicherlich nicht ganz vorn auf dem Notizblock stehen, denn nun erwächst sich der fünftgrößte Energieversorger Deutschlands in der Stahlstadt zu einer Konkurrenz, die auf lange Sicht die Gassparte der Stadtwerke vielleicht sogar gefährden könnte.
Etwa 900 Haushalte, darunter die verbliebenen der Eisenhüttenstädter Wohnungsbaugenossenschaft (EWG), werden schon von den Oldenburgern versorgt, berichtet heute die Märkische Oderzeitung. Und tatsächlich spart man als EWE-Kunde auch nach den Januartarifen beim Durchschnittsverbrauch laut Gastarifrechner gegenüber der Stadtwerklichen Odergas-Versorgung fast 55 Euro im Jahr, also etwa den Gegenwert eines Abendessens in einem gehobenen Restaurant. Für die Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft (GeWi) liegt der Odergas-Preis allerdings knapp unter EWE-classic-Tarif von 5,60 Ct/kWh:
Simone Irmer spricht von einem Bruttobezugspreis von etwa 5,58 Cent je Kilowattstunde.Dass man sich so entgegen kam und vor allem, dass die Stadt momentan umfassend mit lokalpatriotisch eingefärbter Werbung für "Odergas" ("In mein(e) Hütte kommt nur Odergas. Eisenhüttenstadt zuliebe") zugepflastert ist, zeigt, dass die Situation für die Stadtwerke keine ganz lockere ist:
GVE-Geschäftsführer Bernd Rothe-Sallmann beobachtet die Versuche der EWE, ihm Kunden abzuwerben, sehr genau, aber nach dem Vertragsabschluss mit der GeWi auch entspannt. Denn einige Kunden, so Rothe-Sallmann, seien schon nach kurzer Zeit wieder von der EWE zum örtlichen Gasversorger zurück gekehrt.Man darf gespannt sein, ob der Schrumpfungsmarkt Eisenhüttenstadt in den nächsten Jahren groß genug für zwei Anbieter sein wird. Konkurrenz belebt nämlich - entgegen der beliebten Redewendung - nicht immer das Geschäft. Man erinnere sich nur an den von der Öffentlichkeit zunächst eifrig begrüßten und geförderten Verdrängungswettbewerb im Einzelhandel, der Eisenhüttenstadt zwar einzigartige Discounter-Dichte bescherte, die ansässigen Händler aber auch gleichzeitig reihenweise zur Geschäftsaufgabe motivierte.
Das Bild des aufstrebenden Ehst.Fotografen roll_vieh steht übrigens im Flickr-Bilderpool-Eisenhüttenstadt, der diese Woche vermutlich die 400-Aufnahmen-Marke durchbrechen wird.
Ein zweiter Beitrag in der heutigen Ausgabe von MOZ-online fällt leider wieder in die Rubrik "verschenkte Chance" und zeigt schon in der Überschrift, wie kulturfern die Lokalredaktion ihre Stadt einschätzt. Das 7. französische Jugendfilmfestival tourt nämlich gerade wieder durch l'Allemagne und macht anscheinend auch am 25. und 26. Januar im Cinestar in Eisenhüttenstadt Station, obschon die Festival-Website in ihrem Tourkalender für den 25.01.2007 nur Emden und Umgebung sowie Chemnitz und Umgebung vermerkt. Wir gehen natürlich dennoch davon aus, dass auch das ansonsten im Regelfall mit cineastischer Groß- und Grobkonfektion versorgte Cinestar am City Center Spielort der ganz bunten Auswahl schöner französischer Filme aus den letzten 7 Jahren wird.
Kommt nun also endlich einmal etwas so anrührendes wie Philippe Muyls Le Papillon (Der Schmetterling), ein exquisiter Entwicklungsfilm wie Eléonore Fauchers Brodeuse und Agnès Vardas eindrucksvolles Sozialessay Les glaneurs et la glaneuse ("Die Sammler und die Sammlerin") auf die lokale Leinwand, wird einfach nur die Pressemeldung heruntergebürstet, als handelte es sich um eine Wasserstandsmeldung. Die Krone setzt dem Ganzen dann die Überschrift auf, die einerseits nichts Belangvolles mit dem Text der - leider nur - Randnotiz zu tun hat und andererseits demonstriert, wie hier schon antizipiert wird, dass die Angabe "Original mit Untertitel" abschreckend wirkt und sich das Festival auch sonst niemand freiwillig anschauen mag. Insofern scheint es der Zeitung angesichts der Ereignisses ganz herausragend von Bedeutung zu sein, darauf hinzuweisen, dass niemand vor der möglichen Konfrontation mit der fremden Sprache bange sein muss, denn es gibt zum Glück Untertitel als Hilfe. Bescheiden, wie wir es sind, bedanken wir uns trotzdem für den Hinweis und wünschen, dass trotz der verständlicherweise auf Schulkinder zugeschnittenen Vormittagstermine die Zwischenstation für das Festival zum Erfolg wird.
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