Den Ausdruck "Glückliche Hühner" kennt man gemeinhin vom Eierkauf im Hofladen, wo die Hühnereier noch nestwarm in den Hartschaumkarton einsortiert werden, während die fröhlichen Legehennen draußen vor der Ladentür ihrem Alltagsgeschäft (scharren, picken, die Hackordnung halten) nachgehen. Zwei Eisenhüttenstädter Hühner können sich allerdings aus einem ganz anderen Grund glücklich schätzen, wie uns dpa heute meldet:
Frankfurt (Oder) (dpa/bb) - Zwei Hühnerdiebe hat eine Rentnerin (80) aus Eisenhüttenstadt am Dienstag in die Flucht getrieben. Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, hatten die unbekannten Täter schon am Montag ein Tier aus dem Hühnerstall gestohlen. Deshalb legte sich die Rentnerin auf die Lauer und ertappte die Wiederholungstäter, als sie sich gerade zwei neue Hühner greifen wollten. Die jungen Männer drängten die Frau in eine Ecke und traten ihr ans Schienbein. Dennoch waren sie von der Gegenwehr so überrascht, dass sie ohne Hühner das Weite suchten.Zu welchem Zwecke - ob als Suppenhuhn oder Last-Minute-Rettung des Osternests - die Hühner entwendet wurden bzw. werden sollten, muss noch ermittelt werden. Ebenso unklar ist, inwieweit die offensichtlich hartgesottenen Hühnerdiebe abgeschreckt wurden. In jedem Fall muss ihre Schmach unermesslich sein, gilt der voleur de poules doch als erbärmlichster unter allen Kriminellen, dem man vor allem eines wünscht: weit aufgerissene Hühneraugen. Und immer feste mitm Stiefel druff.
Weit aufgerissen waren wohl auch die Augen der Praktikantinnen im städtischen Tourismusbüro als in der Mitte dieses Februars ein junger Mann spornstreichs und schnurstracks an den Tresen trat und Auskunft über das besondere Eisenhüttenstadt einforderte. Sein Name war Alexander Koenitz und sein Ziel war es, Informationen für eine Kurzreportage zur Stadt zusammenzutragen. Trotz der im Effekt geringen praktischen Mithilfe der drei so überaus freundlichen wie sichtlich ob des ungewohnten Interesses überwältigten jungen Damen entstand unter anderem aus dieser Begegnung heraus der Text, der die Seiten zwei und drei der aktuellen Ausgabe von Sacco & Vanzetti ziert (vgl. auch hier).
Für uns Hardcore-Insider bietet er selbstverständlich wenig gänzlich Neues und gerade das Paul van Dyk-Klischee zum Einstieg wirkt mittlerweile ein stückweit ermüdend, aber für die Zielgruppe, die sich nicht tagtäglich mit Eisenhüttenstadt beschäftigt, ergibt sich ein ganz solides und allgemeines Bild, wie der Hase hier läuft (und dem Fuchs "Gute Nacht" sagt), angefangen vom Ramschladen im Gebäude der berühmten Spätkaufhalle Fix, der Leere des Zentralen Platzes und der bröckelnden Lunik-Fassade über die Idylle des II. Wohnkomplexes bis hin zum Dokumentationszentrum.
Auf die kleine Pointe, dass sich die Tourismusinformation, von der, wie man hört, in diesem Fall fast gar nichts über die Stadt zu erfahren war, justament mit dem Qualitätsgütesiegel der Stufe 1 (vgl. Märkische Oderzeitung) ausgezeichnet wurde, musste Alexander Könitz leider verzichten. Es wäre aber auch keine so richtig gute gewesen, kommt die Stufe 1 doch eher dem tourismusinformationellen Mindeststandard gleich. Zudem ist auch nicht so recht klar, was die Auszeichnung eigentlich mehr bedeutet, als dass sich hier jemand bei einem Seminar zu einem "Qualitäts-Coach" hat weiterbilden lassen. Die Zielgruppe des Tourismusbüros erwartet wohl weniger eine qualitätszertifizierte innere Organisation sondern schlicht Stadtkundigkeit. Darum will man sich im Tourismusverein natürlich auch bemühen:
"Es kann nicht sein, dass unsere Kunden durch die Presse besser informiert sind als wir. Unser Anspruch sollte es sein, einen hohen Informationsstand über die Ereignisse in unserer Region zu haben", sagt die Geschäftsführerin des Tourismusverbands Oder-Region Eisenhüttenstadt e.V. (TOR). Die Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist, dass die Mitarbeiter der Tourismusinfo sich am Morgen mit regionalen und lokalen Informationen aus der Presse versorgen, um auskunftsfähig sein zu können.Wenn man das extra betonen muss, dann ist die Stufe III wirklich noch ein Fernziel. Wobei der Pressespiegel für eine touristische Ausstrahlung nur bedingt relevant sein dürfte. Um wirklich zu überzeugen bedarf es etwas anderem, wie auch Alexander Koenitz schreibt:
"Dazu müssen die Eisenhüttenstädter und andere das Besondere ihrer Stadt entdecken. Es bleibt abzuwarten, wann die Praktikantinnen um örtlichen Tourismusbüro nicht mehr ungläubig staunen, wenn sich ein Besucher für Eisenhüttenstadt interessiert."Nicht der Blick in die Presse, sondern der Blick in die eigene Stadt dürfte wohl der Schlüssel zum Erfolg sein.
Auch in der Magistrale wurde ein Hühnchen gerupft - aus der Wand. Aber das ist schon länger her.
In der Schaufensterscheibe spiegelt sich übrigens ein prominentes Metallkunststück.
Ob man den Namen des Schöpfers und den Enstehungszusammenhang zu dieser Arbeit wohl in der Tourismusinformation erfragen kann? Das wäre wohl demnächst einmal im Feldversuch zu prüfen..
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