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Eine richtige Antwort darauf bleibt auch Andreas Hartmann in seinem Porträt des Marzahners in der heutigen Ausgabe der taz schuldig. Was man aber in jedem Fall ergänzen sollte, ist, dass es bereits vor dem Plattenbau Ost Raps aus der Platte gab, so z.B. von dieser Leipzig-Grünau-Prenzlauer Berg-Collabo. Erwartungsgemäß klingen auch diese etwas rauhbeiniger und verweisen auf die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten der gegenwärtigen Jugendsprache. Inhaltlicher Schnittpunkt sind diesmal nicht kostbare Armbanduhren aus der Romandie sondern chemische Drogen, die z.B. dank dem Kölner Übertalent SD(iddy) gerade die Bioprodukte der Hits from da Bong als Leitrausch des Rap gründlich ablösen. Das ganze Spektum im Musikantenschuppen eben (Man denkt gleich an Ehst. anno 1995...).
Ob des deutschen Hip Hops Themenwahl wohl von der allgemeinen deutschen Wortwahl abhängt und sich unser "dreckiges Deutsch" besonders gut für Straßenszenarien voll Gewalt, Gewaltpornografie, Gewaltfantasien, gewaltiger Perspektivarmut und einer kapitalen Kiste Testesteron eignet, die in einem unbremsbaren Furor (Teutonicus) durch die hiesigen virtuellen Ghettos blasten?
Oder sollten hier Sprachspiel und die anabolen Steroide, die ein Leser der Franfurter Allgemeinen Zeitung aus Berlin-Wedding heute in einem "Brief an die Herausgeber" der FAZ für das erhöhte Aggressionspotential der offensichtlich muskelmassenorientierten "männlichen Jugendlichen der Unterschicht" als Ursache ansieht, eine höchst eigenwillige, aber nicht immer wohlklingende Liason eingehen?
Die Deutsch-Rapforschung hat an diesem Punkt noch einiges zu erkunden (und den Deutschlandpuls der Zeit zu fühlen). Die momentan prominenten Eisenhüttenstädter Rapmusiken (vgl. hier) wirken verglichen mit dem Berliner Schnitt immerhin beinahe zartfühlend und ganz moderat. Im Graffiti-Bereich, bekannterweise neben Rap ein zweites Standbein der Hip Hop-Kultur, wird dagegen an hiesigen Wänden mitunter ganz schön dick aufgetragen. (Manchmal auch etwas dezenter..)
Denn der berühmteste deutsche Vertreter des Intellektuellen-Hip Hops, Max "Maximi, Maxima, Maximax" Herre, der immerhin noch annahm, das Ziel des deutschen kommerziellen Raps wäre es "als Gigolo im Sakko nach Monaco" zu ziehen, vielleicht wie in den frühen 1990ern Boris Becker, kam seinerzeit in Sachen Ostdeutschland nur bis in die KuFa (Kulturfabrik) der Stadt Frankfurt/Oder und legte auch dort sein Ohr nicht auf die Schiene der ostbrandenburgischen Geschichte, sondern spielte mit seinem Freundeskreis sein für diese Zeit bahnbrechend solides Allround-Rap-Programm herunter.
Wer aber auf der obigen Abbildung behauptet, Maximilian wäre auch im Fürstenberger Kiez gewesen, beschwindelt ungehörig die Hip Hop-Fährtenleser! Die Karawane des Conscious Rap zog danach jedoch weiter, vielleicht nach Eberswalde oder Gräfenhainichen, aber ganz sicher nicht nach Eisenhüttenstadt.
Vielleicht geht es aber auch um einen anderen Maximiliano aus dem Schoß einer ganz anderen Kolchose, um hier mit Insider- und Nostalgiemetaphern zu protzen, und dann ist selbstverständlich das ganze Vorgeschreibe vor diesem Satz massiv in die Irre gelaufen und bitte zu ignorieren.
Foto: ehstiques bei Flickr
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