Jüngst bemühte ich mich, das Verschwinden des fotografischen Mediums Polaroid-Sofortbild zu fassen und heute fand ich eine Art Bestätigung. Für die Fotografin Stefanie Schneider stellt sich die Trauerarbeit in einem Interview vom März diesen Jahres so da:
"It's an era ending again. No more family pictures developing in front of the children's eyes. A piece of beauty disappearing....a piece of culture. Polaroid material has the most beautiful quality -- the colors on one side, but then the magic moment in witnessing the image to appear. The time stands still and the act of watching the image develop can be shared with the people around you. In the fast world of today it's nice to slow down for a moment. At the same time Polaroid slows time, it also captures a moment which becomes the past so instantly that the decay of time is even more apparent-- it gives the image a certain sentimentality or melancholy. Because of that intensity of the moment it seems to change the interaction of the next moment. The Polaroid moment is one of a kind, an original every time."Vor gut elf Jahren las man übrigens im Independent (Ausgabe vom 17.Mai 1997):
"And again another unexpected market has revealed itself. For those brought up on a visual diet of television, camcorders and Gameboys, staring at a shiny square of paper while a picture emerges is far more appealing than popping out to a processing lab."
Zu diesem Zeitpunkt lag der Absatz von digitalen Fotoapparaten weltweit bei knapp unter einer Millionen Exemplaren pro Jahr und das meistverkaufte Gerät in Großbritannien war die Polaroid 336.
Heute ist die analoge Fotografie an sich ein Nischenprodukt und es scheint nicht unwahrscheinlich, dass man in absehbarer Zeit ein Entwicklungslabor genauso suchen muss, wie heute einen Fotografen, der noch einen Rollfilm entwickelt.
Weniger als die Tatsache, dass hier ein Medium - Rollfilm, Kleinbildfilm, Sofortbild, Digitalbild - das andere zur Seite oder auch in Gänze verdrängt, erschreckt, wie abhängig man von einer Marktsicht ist, die allumfassend innovationsgejagt konsequent dazu neigt, dahin zu stolpern wo die Masse ihren Konsum hinhängt und andererseits diesselbe konsequent zu passenden Konsumhaltungen anleitet. Das Zeitalter der Massenbewegungen, wenigstens im Endkundenbereich, ist in der Postmoderne nicht verschwunden. Long Tail ist ein Marketingspaß mit sehr deutlichen Grenzen. Zum Beispiel an der vom digitalen zum analogen.
Das neue Medium erweitert die individuellen Handlungsmöglichkeiten an der einen Stelle - und zwar wiederum in Richtung Massenproduktion - schlägtdie Tür zu den anderen jedoch sehr eilig zu. Alternativlosigkeit ist immer ein sehr unangenehmes Gefühl. Auch hier und besonders natürlich in so kleinen Ortschaften wie Eisenhüttenstadt, in der für eine differenzierte Einzelhandelsstruktur, die es sich auch leisten kann, neben dem Massengeschmack liegende Produkte zu führen, kein Raum bleibt...
Die gebremste Zeit am Möbelhaus.Ein paar Eisenhüttenstädter Polaroid-Momente liegen zum Glück noch im Archiv. Und wenn man so darüber sinniert, wird ein sehr grundlegender Unterschied zum Massenmedium Digitalfoto, das einmal vorliegend immer eine nahezu beliebige Reproduktion darstellt, besonders deutlich: Jedes Bild ist ein Unikat.
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