Dagegen wächst die Zahl der Friends of Fans, also der potentiell maximal erreichbaren Menge von Facebook-Nutzern leicht an und liegt immerhin bei aufsehenerregenden 211.981. Als Publikum eines Nebenthemas wie "Stadtwahrnehmung Eisenhüttenstadt" ist das schon nicht zu verachten. Natürlich erreichen wir diese mittlere virtuelle Großstadt nie komplett und nur manchmal in Andeutungen. In der Regel resonieren unsere Inhalte aktiv höchstens im Umfang einer Hausgemeinschaft (Fünfgeschosser), manchmal immerhin dem eines halben Wohnblocks.
Aber eigentlich kommt es darauf auch gar nicht an. Denn es geht uns mehr darum, mit den kleinen Impulsen, die von dieser Plattform ausgehen können, überhaupt auf Resonanz zu stoßen und dieses Blog nicht völlig als private Nabelschau durchzuholzen. Wer es genau wissen will: Mit jedem Facebook-Beitrag erreichen wir im Schnitt passiv etwa 700 Personen. Falls nicht etwas außerordentlich Außerordentliches passiert, dürften wir uns in diesem Bereich auch langfristig stabilisieren.
Was wir uns möglicherweise statt weiterer quantitativer Expansion als persönlichen Anspruch ins Blogbuch schreiben könnten, ist, die bestehenden Bindungen zu intensiveren und - so die Idealvorstellung - ein bisschen mehr Aktivität anzuregen. (Vergessen darf man aber nie, dass das Ganze nur nebenbei, ehrenamtlich und ergebnisoffen stattfinden kann.)
Als zentrale Frage bleibt nach wie vor: Aber wie? Wieland hatte in seinem kurzen Kommentar zu einem Hinweis auf die Initiative Sag Ja zu Schwedt! - einer Beispielvariante, wie man in schrumpfenden Planstädten Ostdeutschlands aktiv an der stadtgesellschaftlichen Identität zu arbeiten versucht - schon irgendwie recht: Es müssen nicht immer hauptstädtische Einbrüche (finanziert aus "aus Mitteln des Regionalbudgets zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur") sein. Zumal damit erfahrungsgemäß nicht selten Vorstellungen ("Schwedt soll cool werden.") in die Stadtgesellschaft eingespielt werden, die nicht zwingend mit den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort harmonieren müssen.
Jahrelange Erfahrungen mit externen Beobachtern, Wissenschaftlern, Journalisten und sonstig Intervenierenden in Eisenhüttenstadt zeigen, dass die eigentliche Naivität mitunter sogar eher bei denen liegt, die aus den Metropolen anreisen, um die Stadt als krude-hippes Objekt ihrer Vorstellungen und zu ihren weltläufigen Zwecken be- und verarbeiten. Oder besser: der Mangel an Fingerspitzen-, Fein- und sonstigem Gefühl für das, womit man hier interagiert. Die häufige Grobmaschigkeit dieser Betrachtungsform ist an sich nicht unbedingt schlecht und oft sogar im Ergebnis sehr schön. Die Folgen für die Stadtgesellschaft sind aber selten nachhaltig, wenn sie nur als Untersuchungsgegenstand herhalten darf. Kurz gesagt: Vieles was über die Stadt angefertigt, geschrieben, gefilmt usw. wird, hat nur eingeschränkt wirklich mit ihr zu tun. Eisenhüttenstadt steht gerade mit den musealisierten Zonen des Flächendenkmals und vor dem Hintergrund der aktuell wieder etwas an Schwung gewinnenden öffentlichen Auseinandersetzung mit der DDR immer ein wenig in der Gefahr, als hübscher Zoo benutzt zu werden. Der Tourismusverein fördert das mit seiner hohlen Iron-Hut-City-Hysterie leider auch nicht gerade gering.
Selbstverständlich sollte man diese externen Interessenlagen auch nutzen und stützen. Nach innen jedoch benötigt man einen Gegenpol, ein gesundes und gegenwartsbezogenes Selbstbewusstsein, sofern man nicht nur als Dauerausstellung der Alltagskultur einer fortgesetzten DDR verstanden werden will. Eisenhüttenstadt sollte durchaus bei allem entspannt-ironischem Spiel mit den Jahren vor 1989 als fest in der Jetztzeit verankerter Lebensort wenigstens wirken können. Zum Schritt in diese Richtung gehört es, dass man die Fixierung auf übergestülpte Leistungen, Zentralverwaltung und rathäusliche Steuerung, die nach wie vor oft so ausgeprägt ist, als befänden wir uns noch im Aufbaustadium der Planstadt, relativiert. Zweifellos ist die Stadt Ergebnis eines Generalstabsplans. Aber wie schon Rilke wusste - diese semantische Biegung zum Kalauer muss ich jetzt einfach erzwingen -: Auch hinter tausend Stäben gibt es keine Welt. Jedenfalls im Zoo. Abgesehen davon besitzt eine Planstadt wie jeder Plan und jede Stadt einen Eigensinn, der dafür sorgt, dass am Ende völlig etwas anderes entstanden ist, als es sich die jeweiligen Gründungsväter erträumten. Damit - und zwar hauptsächlich damit - muss man zu Rande kommen.
Der Schritt sollte also einer fort vom Abschieben sämtlicher Verantwortung auf Stäbe und Pläne und "die Stadt" sein. Eine bewusste Hinwendung zu den u.a. im Grundgesetz verankerten Rechten, Pflichten und Teilhabemöglichkeiten an einer pluralistischen Gesellschaftsgestaltung hebt den Fuß. Der permanente öffentliche Austausch und die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum der Stadt Eisenhüttenstadt, wie ihn dieses Weblog seit 2006 anzuregen versucht, setzt ihn. Das sichtbare kommunikative Handeln dieser Art ist dank der technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts vergleichsweise sehr einfach geworden. Was nach wie vor fehlt, sind die vielleicht 700 Menschen, denen Eisenhüttenstadt genug am Herzen liegt, dass sie sich regelmäßig darin einbringen. Oder wenigstens glorreiche 7. Obwohl so viele sich dann doch finden lassen.
Eine in keiner Weise überraschende und sich immer neu bestätigende Einsicht der statistischen Auswertungen ist übrigens auch, dass die Medienmenschen des 21. Jahrhunderts selten Lust auf viel Text haben. Dafür umso lieber auf Bilder reagieren. Darum soll es für heute bei diesen Zeilen bleiben. Der Rest ist Blühen (bzw. Blütenlesen):
(Dass diese Verse auch beim Zirkel Schreibender Arbeiter nicht die geringste Chance auf Anerkennung hätten, wissen wir selbst. Aber manchmal kann man eben nicht anders.)
P.S. Man bat mich, etwas über Denkmalschutz und/oder Denkmalschutzimmobilien in Eisenhüttenstadt zu schreiben, weil man mit solchen in mehrfachen Sinne kontextsensitiven Herausforderungen auch dieses Weblog am Laufen hält. Vielleicht fällt mir demnächst mal etwas dazu ein. Manchmal muss man trotz allem Kompromisse eingehen - nicht nur einer nur Facebook-statistisch präzise bestimmbaren Zielgruppe gegenüber.
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