So langsam bekommt man den Eindruck, die Stadt gewinnt. Und zwar an Aufmerksamkeit. Ein pulsierendes Kleinodien wird sicher nicht mehr entstehen, aber gerade die scheinbare Untergangsstimmung und das wahrgenommene Vergeisterstädtern wirkt nach außen attraktiv. Dabei ist der Charme noch gar nicht morbide, sondern eher etwas morsch. Und das, wogegen man sich vor zwei Handvoll Jahren mit Händen und Füßen, Klauen und Zehen gewährt hat, nämlich gerade die Betonung des Status als "Idealstadt des Sozialismus" und somit die eigene Ostalgie- und Musealisierung, scheint doch eine der wenigen tragfähigen Perspektiven zu sein. Das Pfund zum Wuchern ist also dieses:
Drei Generationen finden sich hier vereint. Die Aufbaugeneration, die Lebegeneration und die Abrissgeneration und wie selten das wäre, vor allen Dingen in seiner Extrembetonung als sozialistische Idealstadt.
So kann sich die Stadt auf Gäste einstellen, die in ihr das Herz der Einsamkeit suchen und es ist zu wünschen, dass sie sie nicht enttäuscht. Mit Einsamkeit dürfte es kein Problem werden, ab ob die Besucher Herz finden? Erstmal müssen sie her finden, was aber nicht so schwer ist und auch andere Touristen aus "Berlin und Brandenburg" haben keine Mühe, den Weg gen Osten zu wagen, denn sie hoffen, dass hier ihre Musik aufgespielt wird. Dies am Ende des Tages jedoch erfolglos - aber anscheinend ist die Stadt auch für diese Zielgruppe nach wie vor attraktiv. Die durchschnittlichen Kulturreisenden werden ihre Stunden im Ort, so ist zu vermuten, weniger in biergetränkten Probenräumen verbringen, sondern z.B. zwischen DDR-Wohnmöbeln. Das Dokumentationszentrum "Alltagskultur der DDR" widmet seine am Samstag eröffnete Ausstellung nämlich einer Systemtheorie: der des Wohnens. P2 statt P-Berg ist die Devise, obwohl letzterer, der im neuen Jahrtausend Berlins Szenezentrum sein soll, am Rande als verfallendes Altbauareal auch vorkommt. Wie sich die Zeiten ändern! Was früher moderte, wie heute saniert. Das jüngere Wohnungsbauprogramm der DDR verschwindet dagegen weitgehend. Da beweist das Dokumentationszentrum, dass es seine Aufgabe des Dokumentierens wirklich ernst nimmt, denn die Schau zeigt die nachwendlich weitgehend flink verteufelte und so schnell es ging gen Fertighaus verlassene Wohnkultur in der DDR der 70er und 80er Jahre, also die Normalität der "Norm" in der Wohnstube. Nicht das es heute ganz anders ist, denn ob Ligne Roset oder Rolf Benz, ob "Grüne Erde" oder Bo Concept, letztlich ist auch jetzt das, was sich im Sparta unserer Wohnkammern stapelt, Ausdruck der Norm, die uns unser Milieu in die Sinne flötottot.
Eine architektonische Ausdrucksform, die ihr Hauptmilieu mehr und mehr aus den den Räumen verliert, ist die des sozialistischen Städtebaus, welche uns in Form einer mehr oder weniger idealen Idealstadt als Heimat aus den Kiefernwäldereien erwuchs. Heute wünschte man sich als Freund der Zuckerbäckerei, dass sich Kurt Leuchts leuchtender Entwurf noch konsequenter hätte umsetzen lassen. Das was daraus quasi systematisch resultierte wünscht man sich allerdings nicht in die Gegenwart zurück, schon gar nicht konsequenter, denn die Hilflosigkeit der Kaste überforderter einheitsparteilicher Denker, Handler und Berichter war schon konsequent genug ausgeprägt.
Was uns allerdings aus dem Leuchtchen Traum- und Planspielen in der Märkischen Heide erblüht wäre, lässt sich anhand der einzigartigen Zusammenstellung architektonischer Artefakte erahnen, die das Städtische Museum ebenfalls seit Samstag in der Ausstellung "Planstadt Stalinstadt" präsentiert, wobei sich die Schau natürlich auch um das städtebauliche Planungsgeschehen nach der Umbenennung kümmert und entsprechend z.B. seltene Entwürfe zum VIII. Wohnkomplex einsehbar macht.
Dazu gibt es im Erdgeschoß noch eine ganze Reihe eindrucksvolle Schwarz-Weíß-Fotografien aus dem Stadtbild, die die Fotografin Petra Gall in den 1990er Jahren in Eisenhüttenstadt zusammengeschossen hat. Schade ist es allerdings, dass es keinen Katalog und nahezu kein weiteres Material zur Ausstellung gibt, denn gern würde man sich den einen oder anderen Eindruck mitnehmen. Abknipsen darf man sich aber - verständlicherweise - nichts, denn "manche stellen das dann gleich ins Internet". Hätte ich natürlich gern gemacht. So kann ich nur dazu raten, hinzufahren und sich selbst ein Bild zu machen.
Die Lokalausgabe der Märkische Oderzeitung, die sich irgendwie momentan gezwungen sieht, den Bürgermeister regelmäßig ins Zentrum der Berichterstattung zu rücken, berichtet nun schon zum zweiten Mal mit einem Foto des bärtigen gebürtigen Stalinstädters von dieser Planstadtarchitekturrundschau. Dabei hat der Meister der Bürger auch gleich für alle Besuchsinteressierten einen tollen Hinweis parat:
"Wer als Fremder nach Eisenhüttenstadt kommt, ist überrascht, wie schön diese Stadt ist"
Solch Selbstlobunwesen kennt man noch aus anderen Zeiten, damals aber weniger beschreibend als anspornend formuliert...
"Wir werden Tatsachen des sozialistischen Aufbaus schaffen, die so hell nach Westdeutschland leuchten, daß die Menschen dort darüber sprechen und den Wunsch haben werden, sich das einmal bei uns anzuschauen." (Zitat aus dem Schlußwort des II. Parteitags)
...wobei ich hier ausdrücklich betone, dass ich nur auf eine formulierungsbezogene Parallele in diesem Einzelfall hinausmöchte. Ironischerweise geht aber gerade die zweite, viel offensiver formulierte Aussage auf wundersame Art heute in Erfüllung. Ob die Aussage des Jahres 2006 dies ebenfalls tut..?
Nun, ich könnte dem Stadtchef jedenfalls gleich ein ganzes Adressbuch voll mit jungen Menschen geben, die die für sie überhaupt nicht schöne Stadt verlassen haben und es keinen Augenblick bereuen (vgl. auch hier). Die davon zu berichten wissen, wie eingeengt sie sich zwischen den blockierten Denkweisen in den streng gegliederten Wohnkomplexen fühlten. Denn die Stadt sind auch und vorallem die Menschen, da hilft ein potemkinsches Herauskehren von fünf Jahren außergewöhnlicher Baukultur nicht viel.
Den Fremden langt's vielleicht, vielen ehemaligen Einheimischen leider auch, denn den breiten Straßen und den "kranbahngerechten" Wohnzeilen wohnte und wohnt leider - zumeist bis heute - vorwiegend eher miefige Kleinbürgerkultur, ehemals sozialistischen, jetzt TV totalem Zuschnitts inne, die kreatives Anderssein traditionell nicht sonderlich schätzt und fördert, weswegen sie momentan entsetzt mit größeren Ballungen von stahlharten "Rüttlihauptschüler"-Existenzen konfrontiert sieht, vor denen sie sich fürchtet, die sie aber dann doch irgendwie auch als ihre Kinder ansehen und annehmen muss. Es ist jetzt das destruktive Anderssein einer MTVisionären Straßenkindheit, die als Antwort auf die antivisionären Denk- und Handlungsbestrebungen ihrer Vorgängergeneration durch die Innenhöfe hallt. Da mutet es schon verständlich an, wenn Stadtoberhaupt Rainer Werner gerade im überidealisierten Modell des Blocks Friedrich-Engels-Straße/Ecke Karl-Marx-Straße den Ort seiner Kindheit wiederfindet.
Dass das realexistierende Eisenhüttenstadt aber nicht mehr der Paradiesapfelkosmos von "Nach 900 Tagen" und Bernhard Kretzschmars Blick auf die Stalinstadt ist, sondern wirklich utopisch, weil weitgehend sinn- und perspektivfrei wie die frische Mammutskulptur am Giebel im VI. WK mitten im Raum hängend (und sich damit wiederum dem allgemeinen Gesellschaftstrend anpassend), wird öffentlich freilich leider nicht thematisiert. Wobei man sich gerade von dieser Ausstellung irgendeine Art aktuelle Zukunftsgedankenstürmerei gewünscht hätte. Oder sollte es tatsächlich ein "achter Wohnkomplex" sein, der sich irgendwann in Form von Reihenhaussiedlungen über die neuen Brachen im Stadtraum wuchert, welcher für Eisenhüttenstadt den nächsten Meilenstein der Stadtentwicklung markiert?
Wir werden es abwarten und ansehen. An sich scheint sich aber ein bisschen was zu tun in der Stadt, für die Stadt und mit der Stadt und ich bin ganz guter Dinge, dass im Zauberreich der DDR-Architektur noch manche produktive Entfaltungskraft verborgen liegt.
Such-Ergebnisse in Kommentaren
Wir müssen als Sprachpedanten natürlich auch auf eine interessante Verwendung des Wortes "Schandfleck" in der Märkischen Oderzeitung und dort durch die selbe Reporterin hinweisen. Am 03. April ...
Herzlichen Dank für die Anmerkung! Natürlich ist die Aussicht etwas überspitzt. Aber die MOZ vermeldete unlängst: "Als Grund für den neuen Bebauungsplan nennt die Verwaltung stetige ...
Die Märkische Oderzeitung hat dann heute auch noch den Bericht von der Ausstellungseröffnung im Blatt: Liebenswerter Chronist mit der Kamera und informiert: "In den letzten Jahren ist es etwas ...
Die Märkische Oderzeitung liefert heute den Bericht zur Premiere: "Das ist alles unfassbar"Kommentare (3)
Exzellent! Das nenne ich eine wirklich gelungene, einfühlsame und realitätsnahe Interpretation. Man will einfach laut in den Schneegraupel hinausrufen: Ja, so muss es sein! Der prekarisierte ...
Heute findet sich in der Märkischen Oderzeitung ein weiterer Artikel zum den Entwicklungen im Förderverein Tiergehege e.V. mit einem angesichts der verqueren Situation der letzten Wochen ...
Und das meint der Bürger Meister zur Sparkassen-Ehrung: "Finanziell zahlt sich die Ehrung nicht aus. "Aber es trägt zu einem guten Image bei und wir können mit der Auszeichnung hausieren ...
Hallo Maik Wende, leider können wir Dir in diesem Fall wenig helfen. Vielleicht hilft das Dokumentationszentrum bzw. dessen Leiter Andreas Ludwig weiter. Oder der Weg in die Bibliothek. Sehr ...
"Das waren gekochte Spirellis. Die haben schon säuerlich gestunken"[...] "Wer macht denn so etwas? Die Polizei wollte das zuerst gar nicht glauben." Die Märkische Oderzeitung zitiert Roland ...
"Neben Roland Kaiser ist auch Gaby Baginsky mit viel Applaus bedacht worden. Hinter ihrem Auftritt stand lange ein Fragezeichen, denn sie sang trotz einer Lungenentzündung und musste sich nach dem ...
Zum Thema "eGovernance in Eisenhüttenstadt" erreicht uns heute eine positive und außerordentliche Nachricht: "Beschlüsse, Protokolle und Dokumente, die in den öffentlichen Sitzungen der ...
Auch die Märkische Oderzeitung hat einen Spielbericht zum EFC-Sieg im Programm und weiß als aufmerksame Berichterstatterin natürlich viel besser als ich, dass vor dem Spiel gegen Rathenow noch ...
Die Märkische Oderzeitung war beim Osterfest im Tiergehege mit Jürgen Pahn vor Ort und hat heute dessen Bericht im Angebot: Überraschungen für Kinder Der Satz zum merken lautet: "Die ...
Bei der Märkischen Oderzeitung gibt es den Bericht zum Spiel des EFC: Zu viele Fehler in der OffensiveKommentare (3)
Und Andi Leser hat mit seinem Kommentar den 1000sten in der Geschichte des Eisenhüttenstadt-Blogs hinterlassen und sich so taktisch geschickt seinen Platz im Erinnerungsbuch gesichert.Kommentare (3)
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Natürlich ist die Perspektive etwas verzerrt, dafür aber ein unverfälschter Stream of Consciousness. Nüchtern betrachtet gibt es tatsächlich auch Positivnachrichten aus der Stadt: "In wenigen ...
Ich weiß, dass es Unsinn ist, aber für alle, die es interessiert gibt es hier meine persönliche Live Playlist. Und wer mich beim The Smiths hören ertappt und dies hier kundtut, bekommt garantiert ...
Die Märkische Oderzeitung liefert heute die lokale Bilanz der aktuellen Stürmerei: Orkantief "Kyrill" hinterließ seine Spur. Besonders erfreut hat uns diese Tatsache: "Den richtigen Instinkt ...
Für die Märkische Oderzeitung war Jürgen Pahn am Samstag bei der Eröffnungslesung in der Nikolaikirche. Heute folgt sein Bericht im Oder-Spree-Journal: Zu Lebzeiten Denkmal gesetzt.Kommentare (3)
Mehr zum Triumph des SV Vogelsang, der übrigens auch ein paar einst herausragende Ex-EFC-Spieler auflaufen lassen kann, gibt es heute in der Märkischen Oderzeitung: Wieder an der ...
Die Märkische Oderzeitung fasst das, was es zum Thema zu erfahren gibt, in ihrer heutigen Ausgabe zusammen: Lobbyarbeit für die SchifffahrtKommentare (3)
Die Jungs von der Tageszeitung haben zum Glück ihren Presseausweis und dürfen damit meistens gratis hinein. Entsprechend gibt es heute den Bericht zu Show in der MOZ: Schrottautos regelrecht ...
Ich muss leider noch einen Kommentar nachschieben, diesmal mit einer kleinen Korrektur: Für die 1500 Wohnungen und ihre Häsuer stehen nicht 10 Millionen sondern 70 Millionen Euro zur Verfügung. ...
Hallo Johanna, die allgemeinen Kontaktendaten findet man bei Webseiten meistens im Impressum. Wir sind sehr gespannt, was sich hinter Dir und Deiner Leidenschaft verbirgt. Schreib schnell! ...
Zur Ausstellung gibt es im Regionalteil der Märkischen Oderzeitung eine kleine Vorschau von Uwe Stiehler], der den Bürgermeister bei dessen Vorbesuch im Städtischen Museum begleitete: Von der ...
Die IG Metall hat mittlerweile die Arcelor-Filiale im Metallurgiezentrum Eisenhüttenstadt geschlossen - dies zum Glück vorerst nur streikweise. Andreas Wendt von der Märkischen Oderzeitung hat ...
Cornelia Hendrich von der Lokalredaktion der Märkischen Oderzeitung hat sich Amon Barths Vorlesung angeschaut: "Intensiv beschwor er die Schüler, Entspannung und Glück nicht in Drogen zu ...
Dich zu finden ist wirklich nicht sehr schwer.Kommentare (3)
Die Märkische Oderzeitung hat mit ihrer Berichterstattung noch bis zur offiziellen Übergabe gewartet und berichtet jetzt über die Fertigstellung, wobei es ihr auch gelungen ist, Matthias Steier ...
Ausführlich und mit reisserischem Mackie-Messer-Titel berichtet heute auch die Märkische Oderzeitung (online): Der Messer-Mann hat erneut in der Holzwolle zugeschlagen. Das wäre immerhin besser, ...
Wer sich die MOZ mit Oder-Spree-Journal nicht am Kiosk holen kann (in Pankow gibt es sie z.B. nur mit Barnim Echo), findet den Text auch online: Hauptsache DSL, egal wieKommentare (3)
Wir sind übrigens mittlerweile in der Linksammlung von Thomas Neumann (hier noch weitere Bilder von ihm) erfasst...Oben über Link gehen und im Pull-Down Menü ganz nach unten scrollen.Kommentare (3)
Ach ja, die geliebte Bahn... Sollte es diese Anlage nicht mehr geben, was macht dann der Rest, der nicht unbedingt auf dem Foto abgebildet ist, aber dennoch die Anlage schon seit vielen Jahren ...
... da mein rasender Geltungsdrang mich wieder einmal beutelt, noch dies hier: auf der (eigentlichen) Startseite der EKO-Website, hier: ...
Unsere ruhmreichen Sportfreunde habe ich als Söhne der Stadt eingetragen (siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Eisenh%C3%BCttenstadt#S.C3.B6hne_und_T.C3.B6chter_der_Stadt)Kommentare ()
In der Märkischen Oderzeitung gibt es Neuigkeiten zur Kabbelei um die Kabelei: Einigung im Kabelnetztstreit in Sicht. (auch hinter Link verlinkt...)Kommentare (3)
Mensch, danke für die netten Worte. Fühle mich wie Rührteig = bin tief gerührt. Habe soeben Euer Eisenhüttenstadt Weblog bei Wikipedia.de mit in die Liste der Weblinks gesetzt, zusammen mit meinem ...
Wir freuen uns gemeinsam mit dem Tiergehege, dass das Frettchen wieder aufgetaucht und in der Voliere ist: *Frettchen ist wohlbehalten aufgetaucht* ...