heute: DIN im Jahre 1997
Es gibt nur wenige Menschen, die in dieser frühen Neuzeit der Eisenhüttenstädter Sprüherkultur so häufig ihr Alias änderten, wie der junge Mann mit der College-Jacke, der sich auf der oben stehenden Fotografie gerade an der Mauer des damals noch nicht ehemaligen Fleischkombinates zu schaffen macht. Während hinter der Wand die Rinderhälften zersägt wurden, herrschte davor sommerliche Idylle, in der man sich am hellichten Tage bemühte, neue Schriften zu entwerfen. Die Rauhputzwand war aufgrund der Struktur nur als Notnagel im Herzen der Sprühergemeinde akzeptiert, die Öffentlichkeit (inklusive Bundesgrenzschutz) schaute dagegen immer gern - z.B. auf dem Weg zum naheliegenden Kaufland - vorbei und zu und erfreute sich am Treiben. Lieber sollten die Kids hier rumprobieren, als nachts auf dem Bahngelände. Nicht alle Sprüher haben sich, wie wir heute wissen, an diesen frommen Wunsch gehalten.
Wie auch immer: Die Namen von damals sind längst verblasst, übermalt und ausradiert aber dank Fotochemie und jetzt der digitalen Reproduktionsmöglichkeiten leben sie weiter: gtc, DIN, Duce. Am Rande sieht man noch den gelborangenen Beginn eines "Limo", gemalt von der Hand es Bürgers der Stadt Frankfurt/Oder, der sich streng an die Style- und Stilvorgaben seines Kollegen "Tuner (DFC)" hielt, welcher einstmals das erste flotte 3-D-Piece der Stadt genau an diese Wand zimmerte.
Diesen Beitrag gibt es ohne besonderen Anlass und einfach nur, weil mir das Bild zufällig über den Weg flatterte. Wem der Anteil an Graffiti-bezogenen Inhalten in unserem Blog zu groß ist, kann diesen übrigens gern dadurch relativieren, indem er hier seine eigenen Eisenhüttenstadt-spezifischen Archivbestände kommentiert aufbereitet. Unsere Kontaktdaten gibt es z.B. über das Impressum