Himmelfahrtsmagistrale: Ein Sonnenuntergangsszenario.
Gar herrlich ist's unter diesem Himmelsstrich über dem Flickrland und wie sich so die Sonne in ihre Untergangsstimmung auf den Mikroglobus Eisenhüttenstadt senkt, bringt sie uns das Blaue vom Himmel und tunkt die Welt in Orange und Schwarz. (möchte man meinen)
In der Inselhalle könnte parallel eine Messe „rund ums Pferd“ stattfinden. Die Pferde könnten auf dem nahegelegenen Agrarhof oder den umliegenden Dörfern untergebracht werden. Für den jährlichen Reiterball bietet sich die Traditionsgaststätte „Aktivist“ an. Die städtischen Hotels und Pensionen könnten die Zahl der Übernachtungsgäste erhöhen.
Für alle, die für die heutige Nacht noch etwas zum Lesen suchen, bietet sich vielleicht die Dissertation von Frank Howest - Mitglied des Arbeitskreis Stadtzukünfte bei der Deutschen Gesellschaft für Geographie und dem einen oder anderen vielleicht schon durch den "Monitoring a Shrinking City"-Text bekannt - aus dem Jahr 2006 an, die man bei der Universität Bochum im PDF-Volltext über diese Seite herunterladen kann. Der Autor fasst so ziemlich alles zusammen, was man so allgemein zur Stadtgeschichte und -gegenwart wissen kann und entwickelt auch ein paar ganz interessante Gedanken für die zukünftige Entwicklung, zu denen die Verlagerung der Kleingärten aus der Peripherie der Oderwiesen auf die entstehenden Brachen im WK VII, der Bau einer die geographische Mitte der Stadt erschließenden Hauptverkehrsstraße parallel zur Bahnlinie Frankfurt/Oder-Guben und die - siehe Eingangszitat - Etablierung von reitsportlichen Aktivitäten auf der Insel gehören.
Man staunt ein bisschen, wieviele Diplomarbeiten und Dissertationen über unsere kleine Stadt geschrieben werden (können), wobei das Thema dann nun so langsam erschöpft sein dürfte. Aber interessant und ganz gut zu lesen ist schon, womit sich Frank Howest unter dem Titel Eisenhüttenstadt - Auf- und Umbau einer geplanten Stadt promovierte. Und daher lese ich jetzt auch einfach ein bisschen weiter.. bonne nuit villehst aimée..
Viel Spass mit dem Eisenhüttenstadt-Wiki
Kurts Leuchten im Herzen der Stadt und was so drum herum geschieht.
"Seine Werke zeigen den ernsthaften Hintergrund zur Kunst, eine über den Jugendeifer hinausgehende Begabtheit, haben eine frische Lockerheit."
Die Märkische Oderzeitung hat sich für die heutige Ausgabe von lokalen Vielrednern, u.a. dem Eisenhüttenstädter Bürgermeister Rainer Werner, die Geheimnisse der jeweiligen Vortragsstrategien erklären lassen.
Das Eingangszitat bezieht sich allerdings nicht auf den Bürgermeister, sondern stammt aus dem ebenfalls heute in der MOZ publizierten Beitrag zur Eröffnung der Werkschau "Walter Wichmann" im Städtischen Museum, von der die Online-Redaktion der Zeitung anscheinend derart angetan ist, dass sie den Beitrag gleich dreimal in Folge auf die Seite stellt. Wer mit dem Oeuvre und der Biografie Walter Wichmanns noch nicht vertraut ist und den unvorbereiteten Besuch der Ausstellung scheut, sollte den gedruckten Text vielleicht wenigstens einmal lesen: Späte Würdigung eines facettenreichen Malers.
Wir träumen uns derweil dorthin, wo eigentlich die Gemälde des Walter Wichmann noch besser aufgehoben wären, als in dem gelben Haus in der Löwenstraße: Zum Kulturpalast der Werktätigen am Zentralen Platz, der freilich mit Andi Lesers verlorenem Wohnkomplex verschwunden ist und somit einzig am imaginierten Newski-Prospekt der Planstadt im Lichte der Einbildung schimmert.
Was wohl Andreas Platthaus, der aktuell ein bisschen als Eigentorfabrikant im Sinne der Zurschaustellung seines Architekturunverstandes Furore macht, zu solch national-bautraditionalistischem Glorienschein sagen würde? Wir wollen es lieber nicht genau wissen und boykottieren die Frankfurter Allgemeine aus Protest gegen den journalistischen Tiefstgriff, der ihrem Feuilletonisten da unterlaufen ist, für die ganze nächste Woche (Es sei denn, sie berichtet über Eisenhüttenstadt.)
Und jetzt nach getanem Posting geht es geradewegs ins Lokal nebenan und zwar mit der '93er Pete Rockigen Restaurantfrage What's next on the menu? (.mp3)
Der Sommer 1969 und ein Erinnerungsfoto.
Was war das für ein Sommer 1969! In der Staatsoper am Gänsemarkt konnte das Hamburger Operpublikum der Premiere von Krzysztof Pendereckis erster Oper The Devils of Loudun beiwohnen. Es war der Sommer, in dem die berühmte Friedenshymne Give peace a chance von John Lennon und Yoko Ono demonstrativ friedfertig zwischen den Laken des Bettes im Raum 1742 des Queen Elizabeth Hotel in Montreal aufgenommen wurde. Neil Armstrong stapfte im Fernsehen aller Länder als erster Mensch auf der Mondoberfläche herum. Die bezaubernde Philippina Gloria Diaz wurde vor der natürlich nicht minder verzückenden Finnin Harriet Eriksson in Miami Beach zur Miss Universe gekrönt. Zwischen Honduras und El Salvador brach ein Fußballkrieg auf, der an Sinnlosigkeit und Bewaffnung alles spätere Hooligan-Gebahren bis heute in den Schatten stellt. Und dann gab es vom 15. bis 17. August Woodstock. Und knapp eine Woche nachdem in South Central (Los Angeles) eine Junge das Licht der Welt erblickte, der später als Ice Cube einer der erfolgreichsten Rapstars an der Westcoast werden sollte, begannen in Eisenhüttenstadt die Sommerfilmtage. Vermutlich noch begeistert von den Dimensionen des im Mai vorgelegten Generalbebauungsplanes, der bis zum Jahr 2000 eine Großstadt mit 110 000 Einwohnern vorhersagte, liefen die Eisenhüttenstädter in Massen zum Theater in der Leninallee und stellten sich in der Hoffnung auf ein paar Tickets für einen der zu zeigenden Filme an.
Welche Filmwerke genau auf die Leinwand im Friedrich-Wolf-Theater gelichtspielt wurde, können wir leider nicht mehr sagen. Im Jahr 1969 waren aber einige interessante DEFA-Produktion zu den Kinos der DDR unterwegs: die Verfilmung von Anna Seghers 1949er Roman "Die Toten bleiben jung" von Joachim Kunert, Walter Becks "Käuzchenkuhle" nach dem gleichnamigen Jugendbestseller von Horst Beseler, "Das siebente Jahr" von Frank Vogel, der vier Jahre zuvor für "Denk bloß nicht, ich heule" böse vom ZK abgerügt wurde, die Kleistadaption "Jungfer, Sie gefällt mir" von Günter Reisch, für die Jurek Becker das Buch schrieb oder auch die Kriminalspielerei „Mit mir nicht, Madam!” von Roland Oehme und Lothar Warneke.
Der Überflieger des Jahres war aber ganz sicher "Heißer Sommer!" mit der knuffigen Chris "Stupsi" Doerk und Frank Schöbel in den Hauptrollen, dessen Titel bis heute das Motto für jeden Sommer, in dem Abiturienten im Glücksrausch ihrer Jugend durchdrehen wollen, vorgibt. Auch wenn die Musik, zu der die Liebe paradiert, mittlerweile bei den meisten Vertretern der aktuellen Generation im Reifeprüfungs-Alter eine ganz andere sein dürfte. Warum ich dies alles mitten im Januar 2007 zusammenfantasiere, anstatt einfach bei meinen Leisten d.h. heute bei meinem Sonntagstortenstück "Schwäbische Pflaume" zu bleiben? Einfach weil ich gestern auf diese hübsche Fotografie stieß und es doch eine Schande wäre, sie nicht mit der WWWelt zu teilen:
Das Friedrich-Wolf-Theater lieferte vom 21. bis 28. Juni das filmische Begleitprogramm.
Nachdem die CSU-Bastion Edmund Stoiber gestern beinahe dolchstoßlegendär von den einst Getreuen gestürmt wurde folgte am Abend auch meteorologisch die Bestätigung dafür, dass die Barometer in den vergangenen Tagen zu Recht auf Sturm standen: Kyrill, den wir, im Andenken an die bulgarischen Schriftentwickler Кирил и Методий, Кирилл schreiben wollen, peitschte uns beim tumbling in the rain kräftig die Nässe dieser Welt in die Kapuze und ließ all die glücklich sein, die sich das ganze Wetterspektakel vom Kaminzimmer aus mit einer Tasse heißem Tee anschauen konnten. Wie der Orkan sich in Eisenhüttenstadt benahm, kann ich leider nicht beurteilen, denn momentan meide ich Stadt wie der berühmte Teufel das berühmte Weihwasser, jedoch aus ganz praktischen Alltagsgründen und ohne besonderen theologischen Hintergrund. Aber so wie es aussieht, war die Wechselwirkung Sturm-Stahl in Berlin ohnehin folgenreicher, als in der Stahlstadt selbst. Glücklicherweise war der Stahlträger am Berliner Hauptbahnhof gar kein "Träger", sondern nur Zierrat und am Ende ein herniederdonnernder bautechnischer Freitreppenwitz. Immerhin wurde - nicht unbedingt nur, aber zum Teil auch aufgrund des Niederdonnerbalkens - Eisenhüttenstadt bahntechnisch von der Hauptstadt abgeschnitten.
In Ermangelung einer Fotografie des Geschehens gibt es diese Archivaufnahme:
Um das Kraftwerk Vogelsang zu einer Art Hauptbahnhof-Lookalike umzugestalten, brauchte es mehr als Orkanböen.
Der Teil des Baus, der einst den Feuersturm der Roten Panzerarmee relativ unversehrt überstand, wurde vor ein paar Jahren von einem Sprengmeister in die heutige Form gebracht. Vollendet werden durfte die Erdbodengangleichung allerdings aus Gründen des Naturschutzes nicht.
Ansonsten gab es die prophezeiten umstürzenden Baustämme z.B. laut Internetwache Brandenburg auf der Landstraße 43:
Auf der L 43, kurz hinter Eisenhüttenstadt in Richtung Diehlo, wurde am 18.01.07, gegen 19:50 Uhr, ein PKW VW von einem umstürzenden Baum getroffen. Die Fahrerin (39) und ihr 16-jähriger Sohn wurden von einem Streifenwagen mit leichten Verletzungen zur Rettungsstelle gefahren. Der PKW musste mit ca. 8.000 Euro Schaden abtransportiert werden, die Feuerwehr kümmerte sich um die zwei dort auf der Straße liegenden Bäume. Gegen 21:30 Uhr war die Straße wieder frei.
Ines fotografierte einen Baumbruch vor ihrer Haustür in der Saarlouiser Straße und das ist dann auch so ziemlich alles, was ich bisher im WWW zur Situation in der Heimat in Erfahrung bringen konnte. Wer mehr weiß, ist wie immer aufgefordert, einen entsprechend aussagekräftigen Kommentar zu hinterlassen.
Als Fußnote soll noch erwähnt werden, dass die RBB-Abendschau heute über die morgige Eröffnung der Walter Wichmann-Ausstellung im Städtischen Museum berichtete, die wir ganz sicher auch bei der nächsten Gelegenheit genauer anschauen werden.
Kommentare