Was war das für ein Sommer 1969! In der Staatsoper am Gänsemarkt konnte das Hamburger Operpublikum der Premiere von Krzysztof Pendereckis erster Oper The Devils of Loudun beiwohnen. Es war der Sommer, in dem die berühmte Friedenshymne Give peace a chance von John Lennon und Yoko Ono demonstrativ friedfertig zwischen den Laken des Bettes im Raum 1742 des Queen Elizabeth Hotel in Montreal aufgenommen wurde. Neil Armstrong stapfte im Fernsehen aller Länder als erster Mensch auf der Mondoberfläche herum. Die bezaubernde Philippina Gloria Diaz wurde vor der natürlich nicht minder verzückenden Finnin Harriet Eriksson in Miami Beach zur Miss Universe gekrönt. Zwischen Honduras und El Salvador brach ein Fußballkrieg auf, der an Sinnlosigkeit und Bewaffnung alles spätere Hooligan-Gebahren bis heute in den Schatten stellt. Und dann gab es vom 15. bis 17. August Woodstock. Und knapp eine Woche nachdem in South Central (Los Angeles) eine Junge das Licht der Welt erblickte, der später als Ice Cube einer der erfolgreichsten Rapstars an der Westcoast werden sollte, begannen in Eisenhüttenstadt die Sommerfilmtage. Vermutlich noch begeistert von den Dimensionen des im Mai vorgelegten Generalbebauungsplanes, der bis zum Jahr 2000 eine Großstadt mit 110 000 Einwohnern vorhersagte, liefen die Eisenhüttenstädter in Massen zum Theater in der Leninallee und stellten sich in der Hoffnung auf ein paar Tickets für einen der zu zeigenden Filme an.
Welche Filmwerke genau auf die Leinwand im Friedrich-Wolf-Theater gelichtspielt wurde, können wir leider nicht mehr sagen. Im Jahr 1969 waren aber einige interessante DEFA-Produktion zu den Kinos der DDR unterwegs: die Verfilmung von Anna Seghers 1949er Roman "Die Toten bleiben jung" von Joachim Kunert, Walter Becks "Käuzchenkuhle" nach dem gleichnamigen Jugendbestseller von Horst Beseler, "Das siebente Jahr" von Frank Vogel, der vier Jahre zuvor für "Denk bloß nicht, ich heule" böse vom ZK abgerügt wurde, die Kleistadaption "Jungfer, Sie gefällt mir" von Günter Reisch, für die Jurek Becker das Buch schrieb oder auch die Kriminalspielerei „Mit mir nicht, Madam!” von Roland Oehme und Lothar Warneke.
Der Überflieger des Jahres war aber ganz sicher "Heißer Sommer!" mit der knuffigen Chris "Stupsi" Doerk und Frank Schöbel in den Hauptrollen, dessen Titel bis heute das Motto für jeden Sommer, in dem Abiturienten im Glücksrausch ihrer Jugend durchdrehen wollen, vorgibt. Auch wenn die Musik, zu der die Liebe paradiert, mittlerweile bei den meisten Vertretern der aktuellen Generation im Reifeprüfungs-Alter eine ganz andere sein dürfte. Warum ich dies alles mitten im Januar 2007 zusammenfantasiere, anstatt einfach bei meinen Leisten d.h. heute bei meinem Sonntagstortenstück "Schwäbische Pflaume" zu bleiben? Einfach weil ich gestern auf diese hübsche Fotografie stieß und es doch eine Schande wäre, sie nicht mit der WWWelt zu teilen:
Heissa! Sommer 69!
Das Friedrich-Wolf-Theater lieferte vom 21. bis 28. Juni das filmische Begleitprogramm.
Das Friedrich-Wolf-Theater lieferte vom 21. bis 28. Juni das filmische Begleitprogramm.