Viel mehr als in der Großstadt, die den Flaneur mit Kübeln von Eindrücken, Möglichkeiten und Irritationen überschüttet, verspürt man in Städten wie Eisenhüttenstadt, die noch das Wort Alltag kennen und in denen die Wochen aus Längstbekanntem und Langvertrautem bestehen, einen kräftigen Appetit auf Abwechslung durch Kunst und Kultur. artecom weiß davon und profitiert vom diesem chronischen kulturellen Hungerast. Warum Roberto Rivera Carlson selbigen, auf dem seine Agentur unter Rainer Werner doch ganz gut saß, nun anzusägen beginnt, weiß wohl nur er allein. Das er das Ende der Wurst in Aussicht stellt, lässt die Eisenhüttenstädter mehr als zuvor überlegen, ob die ganze Sache nicht doch einen Hungerhaken hat.
Einträge für September 2009
Viel mehr als in der Großstadt, die den Flaneur mit Kübeln von Eindrücken, Möglichkeiten und Irritationen überschüttet, verspürt man in Städten wie Eisenhüttenstadt, die noch das Wort Alltag kennen und in denen die Wochen aus Längstbekanntem und Langvertrautem bestehen, einen kräftigen Appetit auf Abwechslung durch Kunst und Kultur. artecom weiß davon und profitiert vom diesem chronischen kulturellen Hungerast. Warum Roberto Rivera Carlson selbigen, auf dem seine Agentur unter Rainer Werner doch ganz gut saß, nun anzusägen beginnt, weiß wohl nur er allein. Das er das Ende der Wurst in Aussicht stellt, lässt die Eisenhüttenstädter mehr als zuvor überlegen, ob die ganze Sache nicht doch einen Hungerhaken hat.
“regardless who you vote for, if the mind don’t grow and the poverty line don’t go but the dope keep coming and the tv keep flashing images of a sports car/then you bound for a coke war/the meek get clowned by the cope law/the sheep get drowned in the folklore/then lulled to sleep by tom brokaw…” (Jay Electronica - Swagger Jackson's Revenge)
Es hat zwar mit der Ostbrandenburgischen Situation, die sich fast in jeder Hinsicht als vergleichsweise angenehm gemäßigte Lebenszone erweist, wenig zu schaffen, aber da hier im nächtlich-hauptstädtischen Hintergrund gerade Jay Electronica seine Doppelreime fließen lässt und etwas über das Wählen erzählt, soll er mir angebracht genug sein, um als Eingangszitat zu dienen. Was sich aus dem kulturellen Symbolschatz der USA abgesehen von Peter Klöppel, Tom Burow,...=Möchtegern-Tom Brokaw übersetzen lässt, hängt vielleicht auch vom eigenen Ausdeutungsanspruch ab.
Wobei man in Eisenhüttenstadt an diesem Dienstag mit einer anderen Sorte von An- und Ausdeutungen vermutlich zureichend befasst ist.
So bestätigen die von der Märkischen Oderzeitung präsentierten ersten Stimmen der politischen Kräfte der Stadt zur Bürgermeisterwahl den Eindruck, den man auch auf der Straße und in der schmalen Eisenhüttenstädter Blogosphäre bekommt: Es geht ein Riss durch die Stadt und während Martin Heyne nach seinem montäglichen Kurzbesuch wieder zurück nach München flog, konzentriert sich die Aufmerksamkeit nun vollkommen auf Dagmar Püschel, die außerhalb ihrer Partei wenig Begeisterung, viel abwartendes Wohlwollen und viel Ablehnung erfährt.
["" vollständig lesen »]Um 01:30 war es amtlich. Es gibt eine Überraschung und der bisherige und langjährige Bürgermeister Eisenhüttenstadts, Rainer Werner (SPD), verliert sein Amt an die Kandidatin der Partei Die Linke, Dagmar Püschel. Damit vollzieht Eisenhüttenstadt wahrlich einen gewagten Schritt ins Unbekannte: Seit 1993 war Rainer Werner ohne Unterbrechung die dominante Persönlichkeit im Rathaus und trotz des turbulenten Wahlkampfes galt er den meisten auch seiner Gegner bis zum Schluß als der sichere Sieger in diesem Duell.
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Eis schmilzt in der Schale, vom Nebentisch starren blutunterlaufene
Augen herüber, und man hat solche Angst... O ihr Götter! Gift möchte
man nehmen, Gift!
- (Mikahil Bulgakov)
Nicht nur unser Leser Andi Leser wundert sich, warum der sonderbare Artikel von Frank Kaiser und Matthias Wendt zum (Ab)-Wahlkampf zwischen Martin Heyne und Rainer Werner (vgl. hier) nicht mehr auf der Website der Märkischen Oderzeitung verfügbar ist. Bei Google-News findet sich noch ein Rudiment eines Satzes, jedoch auch kein funktionierender Link mehr:
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Martin Heyne betont die Überparteilichkeit seiner Initiative. „Wir sind keine Politiker und führen auch keine Kampagne für Werners Gegenkandidatin.“ Was wiederum Werner anzweifelt. Er äußerte jüngst die Vermutung, dass Beteiligte der „Diffamierungskampagne“ am Wahlaufruf der Linken mitgeschrieben haben könnten.
Während auf www.werner-in-rente.de die Anzeige der Woche zu sehen ist, verweisen wir hier nur kurz als sinnvolle Ergänzung zur Bürgermeisterwahlkampfberichterstattung und zugleich als Beispiel, wie man einen Artikel zum Thema kurz, neutral und sachlich verfassen kann, auf den Beitrag der Märkischen Allgemeinen Zeitung: Störfeuer aus München: Den Kampf ums Eisenhüttenstädter Rathaus will einer entscheiden, der gar nicht kandidiert. Desweiteren entdeckt man dort noch einen Kommentar zur Sachlage, der konzentriert erfasst, was eigentlich alle empfinden, die eine gesunde Distanz zum Städtischen Rhetorikkegeln haben:
Der Wahlkampf, der zwischen Bundes- und Landtagswahl unterzugehen drohte, wird wieder spannend. Ja, er ist sogar Stadtgespräch – was man von den beiden anderen Urnengängen am 27. September nicht behaupten kann. Und das ist angesichts dessen, was für die in der Vergangenheit arg gebeutelte Stadt auf dem Spiel steht, beileibe nicht das Schlechteste.
Die Spiegelung im Schaufenster des Wahllokals der lokalen SPD transzendiert das Bürgemeisterantlitz sehr imposant mit Europa-ähnlichem Lichtspiel. Nebenan in der Galerie findet sich dagegen sehr schön als ironischer Gegenpol ein Großporträt von Matthias Steier ausgestellt. Der allseits beliebte Stadtmaler wäre eigentlich auch ein erfolgversprechender Gegenkandidat, bleibt aber offensichtlich und aus nachvollziehbaren Gründen lieber als Apfel nah bei seinem Stamm - der Malerei.
Der im Prinzip politische Berufsschuster Rainer Werner versucht dagegen bei seinen/seinem Leisten im Rathaus zu bleiben, während der Wahlkampf in der nächsten, letzten Vorwahlwoche den Beobachtern sicher noch einen bisschen intensiver den Erwartungsbogen spannt.
"Der Zusammenbruch der Stahlindustrie von 1970 an kostete Zehntausende Arbeiter und Angestellte den Job. Doch die Stadt schrumpfte sich buchstäblich gesund..."Da lässt man einen Freitag die Märkische Oderzeitung verschnürt im Postfach, weil man in der Frankfurter Allgemeinen nachliest, ob die (gesund)geschrumpfte Stahlstadt Pittsburgh ein Modell für die schrumpfende Stahlstadt Eisenhüttenstadt sein kann (Antwort: Überhaupt nicht.) und schon verpasst man den vielleicht interessantesten Artikel der Woche. (Oder erscheint er erst heute? Mal sehen, was der Bahnhofsbuchhandel hier tief im Süden Deutschlands bietet, dort, wo die spannenden Kampagnen dieser Republik heißnadelgestrickt werden, bevor sie in Brandenburg die Kaltmangelung erwartet..)
Die beiden bedeutendsten Journalisten, die Eisenhüttenstadt in den letzten Jahren beschrieben - Frank Kaiser und sein Vorgänger in der MOZ-Lokalredaktion Andreas Wendt - haben sich gemeinsam mit dem Casus Bürgermeisterwahlkampf beschäftigt, sich vom viel zu selten gewürdigten MOZ-Fotografen Gerrit Freitag ein Facebook-Foto des amtierenden Stadtoberhaupts aus dem Archiv suchen lassen, vermutlich Brandenburg aktuell gesehen und die Geschehnisse in einen kleinen Artikel eingefasst: Kampagne aus München spitzt Wahlkampf an der Oder zu.
In der Wahlkampfberichterstattung konzentriert man sich auf den Zweikampf Martin Heyne vs. Rainer Werner. Das macht es für die Gegenkandidatin Dagmar Püschel nicht ganz leicht, denn nach ihrem Programm fragt man eigentlich nie. Auch für das Team des RBB war die junge Dame mit dem roten Wechseltrikot nur Mittel zum Zweck. Sie trugen ihr zwar die Handtasche, aber wenig Substantielles zur Sache bei.
Die Journalisten der Märkische Oderzeitung schließen sich dem rhetorischen Vorgehen ihrer Potsdamer Kollegen ganz gut an, indem sie Dagmar Püschel mehr oder weniger direkt mit Martin Heyne - der nun auch noch als ihr ehemaliger Schüler präsentiert wird - verknüpfen.
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