Einträge für Oktober 2006
Mit einem recht possierlichen Foto illustriert die Märkische Oderzeitung den Bericht zum gestrigen(?) Brand auf dem Gelände des ehemaligen Fleischkombinates. Zusätzlich berichtet Andreas Wendt über den Niedergang der ehemaligen Vorzeigeschlachterei:
Für den früheren Geschäftsführer der Fürstenberger Fleischwaren GmbH, Gerhard Thien, geht das Engagement in der Oderlandstraße nun endgültig zu Ende. Bis Monatsende muss er das Gelände mit den verbleibenden Mietern dem Potsdamer Zwangsverwalter übergeben. Interessenten gibt es für die Immobilie nicht. "Mehrere Versteigerungstermine brachten keinen Erfolg", sagt Peter Mauer aus der Rechtsanwaltskanzlei.
Der Keil, den man mit der Platzierung der städtischen Versorgungsindustrien an dieser Stelle dereinst zwischen die beiden Kerngebiete Fürstenberg und Stalinstadt trieb und damit jede städtebaulich sinnvolle Verbindung verunmöglichte, wird nun endgültig zum Problem der Stadtplanung, was jeder merkt, der vom Bahnhof zu den innerstädtischen Wohnkomplexen möchte und auf der Beeskower Straße ein bis zwei Kilometer lang durch weitgehend verlassenes Ödland wandert.
Den Unsinn der Kontinuität von Industrie auf dem ehemaligen Degussa-Areal hatte man eigentlich schon in den 1950er Jahren erkannt, nur, so kann man vermuten, legte man zu diesem Zeitpunkt an manchen Entscheidungspositionen auf den Erhalt des alten Fürstenbergs nicht allzu viel Wert. Bekanntlich sollte die Altstadt z.B. noch nach dem Generalbebauungsplan von 1969 bis auf die Kirche völlig abgerissen und durch eine Reihe schöner, geradliniger Plattenbauten ersetzt werden. Allerdings wäre auch in diesem Fall das Problem des Industriekeils im Herzen der Stadt geblieben. Andererseits plante man schon frühzeitig die Errichtung eines weiteren Stadtzentrums mit neuem Bahnhof und Busbahnhof, später auch mit Kino, Schwimmbad, Hotels und Gastronomie, an der Stelle, an der sich die Bahnstrecke Frankfurt-Cottbus mit der Straße der Republik schneidet und an der heute der WK VII nahezu völlständig abgetragen wird.
Nun kann man sicher fantasieren, was geworden wäre, wenn sich statt banaler Plattenbauödnis ein richtiges Stadtzentrum am zwischen Kanal und Gleisanlagen ausgebreitet hätte und die Straße der Republik geradewegs auf eine repräsentative Ufer-Promenade führte und nicht einfach "um die Kurve und vorbei". Stände Eisenhüttenstadt mit zwei fertigen Zentren besser da, als ohne wirkliches Zentrum? Wären von 80.000 (oder sogar wie geplant 100.000) Einwohnern mehr über geblieben, als von 50.000? Schwer zu sagen und müßig zu fragen.
Es ist dennoch bedauerlich, dass man mit dem Wohnkomplex VII in den 1980ern etwas geschaffen hat, was - wie leider auch manch anderes in der Stadt - eine bestenfalls mittelmäßige und rundum profillose Notlösung darstellte. Das Unfertige im Stadtbild blieb und bleibt bis heute, vermischt sich dabei aber mittlerweile mit den Symbolen einer sterbenen Stadt und da die Thienschen Fleischereipläne genauso scheiterten, wie die Fiat-Autohaus-Ambitionen mit integriertem Pizzaladen und die Hoffnung, dass Onken länger bleiben würde, als die Aufschwung-Ost-Förderung läuft und man schließlich auch im Backkombinat nichts mehr gebacken bekam, hat man nun statt einem industriellen Keil nur noch toten Raum, den selbst auf Zwangsversteigerungen niemand mehr möchte.
Wenn dort zwischen Kaufland und Glashüttenstraße auch heute manchmal die Luft brennt, dann hat das leider ganz andere Gründe. Die kann man in der MOZ nachlesen: Flammen im Fleischkombinat
An der Oberfläche des World Wide Web bekommen wir leider nur wenig Feedback, was wir schade finden, da wir natürlich gern an und mit unseren Lesern wachsen möchten. Tief unter der Kruste des Googleversums, im so genannten Deep Web, fängt es jedoch langsam an zu brodeln und eine Stichprobe in Eisenhüttenstadt-Gemeinschaft beim gruscheligen StudiVZ fördert mit einen freundlichen Hinweis zu Tage, der uns den Spiegel Wahrheit knallhart vorhält:
also wenn er wirklich beim eisenhüttenstadt-blog "arbeitet" dann scheint er es sich zum vorbild gemacht zu haben, komplizierte wörter einzubauen, damit es intelligenter klingt. das ist etwas, was mir jedesmal aufs neue die lust vermiest, die einträge zu lesen. is einfach mal übertrieben anstrengend.
So bitterlich klingt die Klage eines Nicht(Gern)Lesers, den wir wohl endgültig als Zielgruppe verloren haben. Dabei ließe sich leicht Abhilfe schaffen. Anstelle dem Typen mit den komplizierten Wörtern soviel Darstellungsfläche zu geben, könnte man sich z.B. selbst als Autor oder Autorin - je nach Geschlecht - hier anmelden und in seinen eigenen Worten sein eigenes Eisenhüttenstadt-Erleben für die Weböffentlichkeit niederschreiben.
Für alle, denen der obige Absatz zu aufgeblasen und kompliziert ist, die selbe Botschaft noch einmal in klarem Deutsch: Bei diesem Blog darf man mitmachen.
Oft, so hört man, lachen ja die Hühner. Und zwar über allerlei, aber in diesem Fall vielleicht nicht über ihren aktuellen Zustand. Denn eine der schönsten bildnerischen Kostbarkeiten Eisenhüttenstadts geht in der allgemeinen Wahrnehmung fast völlig unter - quasi kräht kein Hahn danach - und bröckelt immer weiter vor sich hin:
Man könnte hier sofort eine spannende Rätselfrage starten, wo denn diese Vertäfelung zwischen die Fliesen geschraubt wurde, aber da ich es bei Flickr ungeschickterweise schon entsprechend ausgetaggt habe, wär's wohl nicht allzu schwer. Wer aber die Hintergründe zu dieser Geflügeldarstellung kennt, ist sehr aufgerufen, diese uns hier als Kommentar mitzuteilen.
Und wer weiß, wie die Tafel zu retten ist, ist noch viel lauter aufgerufen, dies hier als Kommentar zu äußern und falls möglich sofort in die Tat umzusetzen!
Ansonsten bin ich etwas Stahlstadt-abstinent, kann aber für alle Freunde von Katastrophe, Disastern und Unfällen auf einen Beitrag aus der heutige Ausgabe der Märkischen Oderzeitung verweisen. In diesem wird das ausgefüllte Wochenenderleben der Eisenhüttenstädter Feuerwehr geschildert:
"Das war eine Materialschlacht", sagt Harald Hahn, der stellvertretende Wehrführer des Löschzuges Innenstadt. Bis zu zehn C-Rohre sind gleichzeitig im Einsatz und es müssen eine ganze Reihe Männer mit ausrücken, die gerade erst ihre Feuerwehrausbildung beendet haben.
Zum Glück musste keiner von diesen das C-Rohr aus dem Feuerwehrdepot gegen das C-Leg aus dem Hause Otto Bock austauschen, denn alle Feuertäuflinge, die im Gegensatz zu Tony Benatatos - wie wir bei New York: 11 septembre lernten - anscheindend keine "weiße Wolke" für ihren neuen Arbeitsplatz darstellten, scheinen das Inferno in der ehemaligen Möbelfabrik unbeschadet überstanden zu haben. Also "toi, toi, toi"!! für alle weiteren Löschzüge, die da im Feuerwehrmännerleben noch folgen.
Alles weitere zu diesem Thema gibt es unter der Überschrift: Wasserleiche, Unfall, Großbrand.
Wer dem Sog der Herbstsonne nachgibt und sich mit dem Fahrrad, den Nordic-Walking-Stöckchen, die bestimmt kein Hund gern holt, oder auch einfach so über den Deich vom alten Kanalarm in Richtung Fürstenberg bewegt, treibt unweigerlich erst an der als solche für Uneingeweihte kaum erkennbare Anlage des Inselfriedhofs, an beliebten und belebten Angelplätzen, an der Zwillingsschachtschleuse und schließlich am Betriebsgelände der ehemaligen ehemaligen Oderwerft und Yachtwerft vorbei und siehe da, dort wird entgegen aller Erwartung gehämmert und geschweißt, was die Hämmer und Lichtbogen so hergeben. Gut, das ist vielleicht etwas übertrieben, aber ein paar Boote liegen aufgedockt und ein paar Leute basteln daran rum. Und wenn ich mich recht erinnere, war es schon mal stiller in den Docklands der Stadt.
Dazu passt dann auch diese Meldung, die uns Yahoo-News heute in den Feedreader liefert. Danach gibt es am 25. Oktober in Eisenhüttenstadt eine Tagung zur Zukunft der Binnenschifffahrt in der Region. Man darf gespannt sein, was dort vom Stapel gelassen wird, u.a. ist ein Ausbau des Oder-Spree-Kanals im Gespräch. Genauer wird es dann auf der Website des Veranstalters. Dort findet man z.B. das Programm der 27. Internationalen Ostbrandenburger Verkehrsgespräche als PDF und erfährt, dass der Veranstaltungsort auch gleich der Zielort der Gesprächsrunde sein wird, denn das Thema lautet "Wirtschaftsentwicklung in Eisenhüttenstadt - Chancen durch Anbindung an die Wasserstraßen". Allerdings ist, abgesehen vom obligatorischen Begrüßungstext des Bürgermeisters, nur der Vortrag von Eisenhüttenstadts Hafenmeister Wolfram Behnke vom Titel her explizit auf die Stadt bezogen. Die Veranstaltung inklusive Cocktail-Empfang ist halbwegs öffentlich und wer einen Studentenausweis mitbringt (oder seinen Status als Rentner nachweisen kann), darf gratis zuhören.
Die Pawlow-Allee: kurz besucht, kurz bedacht
Nirgends lässt sich die Entvölkerung Eisenhüttenstadts momentan besser erahnen als in dem Areal um die Pawlow-Allee. Während das Abrissgebiet im Wohnkomplex VII-Süd kaum noch als bebaut erinnerbar ist und die verschwindenden Wohnblöcke im Nordteil des WK VII ungewohnte aber nicht negative frische Durchblicke ermöglichen und sich die Trauer in diesem Gebiet um verlorene Wohnbebauung in Grenzen hält, ist die ehemalige Vorzeigeecke im Wohnkompex II um die Achse vom Krankenhaus zur Magistrale in Süd-Nord-Ausrichtung und von der Grünstreifen von der Poststraße zur Fritz-Heckert-Straße in Ost-West-Richtung in diesen Tagen in einem erbärmlichen Zustand.
Vernagelte Fensterhöhlen, zertrümmerte Scheiben und nur selten ein Mensch, der zumeist auch noch mit verfinstertem Gesicht in Richtung Krankenhaus schleicht. Ganz zurecht ist dieses Gebiet zum nächsten anstehenden Renovierungsareal im Aufwertungsprogramm der Stadtumbaubemühungen auserkoren worden, bis auf die Errichtung des vielbejubelten Baubeschreibungsschildes und das Aufstellen eines Schuttcontainers ist allerdings noch nicht viel geschehen. Aber der offizielle Baubeginn liegt auch erst 10 Tage zurück und man muss es vielleicht auch nicht so schnell angehen lassen, denn auf den Wohnraum hier, warten vermutlich nicht sehr viele. Maßgeblich wird dann der 30. August 2007 sein, denn zu diesem Termin soll die Komplexsanierung der Blockbereiche Poststraße/Friedrich-Engels-Straße und des inneren Quartiers abgeschlossen sein. Dann sollen 365 Wohnungen - also für jeden Tag des Jahres eine - in neuem Glanz und frisch bezugsfertig auf neue Mieter warten. Davon sollen 217 altersgerecht und 131 mit Aufzug erreichbar umkonstruiert werden. Dem Viertel stehen also vermutlich ruhigere Tage bevor.
Ein bisschen schade ist es, dass das Herzstück des Stadtteils, nämlich die dem Krankenhauseingang direkt gegenüberliegende Eckbebauung noch nicht für diese Komplexsanierungsphase azf dem Programm steht. Gerade an diesem Mikrozentrum, die einen zentralen Zugangscharakter zu den Wohnbereichen um die Pawlow-Allee besitzt, wird die zukünftige Ausgestaltung spannend. Die jetzige Parkplatzlösung ist angesichts des Funktionspotentials des Platzes sicher keine, die auf Dauer befriedigen kann. Gerade bei einer angestrebten Bevölkerung höheren Alters könnte man sich hier z.B. eine Art Marktplatz vorstellen, der genau diese Klientel wohnortnah versorgt und zur Belebung des Viertels beiträgt. Reine PKW-Abstellflächen sind dagegen immer tote Räume, die über den ausgewiesenen Zweck kaum nutzbar sind. Eigentlich sind es Nicht-Orte, da soziale Interaktion hier durch die Struktur weitgehend verhindert wird. Zudem bieten sie im konkreten Fall den nebenliegenden durchaus auf Aufenthalt ausgerichteten breiten Trottoirs vor den Einzelhandelszonen, die an sich auch schon eine Aufenthaltsqualität mitbringen, keine sonderlich ansprechende Aussicht und das Kreuzen des Platzes, sowohl mit Blicken wie auch körperlich, wird weitgehend verhindert. Hier wäre eine andere Ausgestaltung durchaus wünschenswert, die idealerweise den Transfercharakter hin zu den anschließenden Grünbereichen der Pawlow-Allee meistert.
Und längerfristig wäre es sicher auch sinnvoll, irgendein Nutzungskonzept für den Zentralen Platz - und wenn es eine zentrale Grünanlage ist - zu entwickeln, damit man die Achse vom Nebenplatz über die Allee und den Zentralen Platz als Hauptplatz bis hin zur Magistrale als Gesamtheit erfassen kann und damit diese Wunde, die die Qualität der Gesamtanlage der Kernstadt doch entscheidend verringert, zu schließen vermag.
In jedem Fall ist dieser Teil der Stadt hinsichtlich der Quartiersentwicklung eines der Gebiete, in denen im nächsten Jahr entscheidendes passieren wird. Damit man nach Abschluss der Sanierungsaktivitäten einen Vergleich ziehen kann, sind nun ein paar aktuelle Bilder aus der Pawlow-Allee bei Flickr eingestellt. Das weitere folgen, ist nicht ganz unwahrscheinlich.
P.S. Zum Fotowettbewerb "Oktober", für den der Bahnhof von Eisenhüttenstadt als Motiv gilt, gibt es bislang 19 Aufnahmen. Ich habe schon einen persönlichen Favoriten, gehe aber davon aus, dass auch hier noch ein paar Fotografien folgen.
Für Kenner der Eisenhüttenstadt ist die aktuelle Rätseligkeit in Andi Lesers Logbuch Eisenhüttenstadt sicher eine ihrer leichtesten Übungen und wir als erfahrenere Stadtwahrnehmer würden uns durchaus über etwas anspruchsvollere Mitrateaufgaben freuen. Unlösbar, wie das folgende Beispiel, sollte es dann aber nicht werden. Denn die Frage, wo in aller Welt sich der unten abgebildete Hauseingang befindet, ist selbst für einen E.i.h.ü.-Meister wie unseren Leser Andi nahezu nicht zu bewältigen. Oder etwa doch?
Wer sich lieber im lokalen Rahmen einen Namen als Ratefuchs machen mag, kann es mit dieser natürlich bei weitem nicht so höllisch schwierigen Fragestellung versuchen: Welches Gebäude baute man hier ins Blaue hinein?:
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