Einträge für Mai 2006
Das Eisenhüttenstadt-Blog Autoren Team wünscht viel Spass mit dem Wiki
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Da sie nur noch bis zum 21. Mai zu sehen, möchte ich es kurz und eilig machen: Im Städtischen Museum in der Fürstenberger Löwenstraße No. 4 gibt es eine Ausstellung mit Arbeiten von Ingeborg Hunzinger und Robert Riehl, wobei Erstere die Lebenspartnerin des Zweiteren war, der leider schon 1976 starb. Robert Riehl hat mit seinem "Maurer" zwar nur eine Plastik im Stadtbild platzieren können, und diese nicht einmal wie geplant im Theatergiebel sondern auf kleiner Wiese vor frühem Wohnungsneubau, mit der Figur aus den späten 1950ern aber doch durchaus eine Ikone der Eisenhüttenstädter Aufbruchsjahre geschaffen. Das der gute in Stein gemeißelte Bauarbeiter später auch durch wilde Knabenhand in Zusammenwirkung von wenig mildem Kornbrand (so die Vermutung) ebenfalls zu einer Ikone des Abriss vandalisiert werden sollte, hat der Schöpfer glücklicherweise nicht mehr erleben müssen. Mittlerweile findet sich das Standbild so gut hergerichtet, wie es eben ging, nachdem man ihn nahezu hingerichtet hatte, im Asylum des Hofes im Städtischen Museums, ihm zur Seite all die anderen Plastiken und Skulpturen, die in der harten Schule der Straße nach 1999 nicht bestehen konnten.
Für den Betongesellen hat dies insofern noch einen ironischen Beigeschmack, als dass die ehemals kräftig monierte Einzelstellung als Solitär auf freiem Feld und fort von jedem Kollektiv (außer dem an ihm vorbeiziehenden in Fleisch und Blut), was man in der Kollektivgesellschaft ja nicht uneingeschränkt liebte, nun umgeben ist von Freund, kaum Feind und manchem Tier und insgesamt Leidensgenossen inmitten des Skulptursanatoriums Museumshof. Das bunte Volk der DDR-Plastiken als kleine Erinnerungsbrigade in Stein und Blech freut sich übrigens auch ohne Riehl-Ausstellung über Besuch. Mit Riehl lohnt es sich doppelt.
Pressemeldung der Sparkasse Oder-Spree
Wer in Berlin festhängt kann sich die Werke übrigens ab Ende Mai in der Galerie am Gendarmenmarkt anschauen. Der Maurer, so denke ich, wird bei seiner Konstitution aber nicht mitreisen.
Andy Leser meint: Wenn Wieland nichts dagegen hat, können wir ja eins seiner Logos nehmen.
Alternativ könnte man auch dieses Logo verwenden.
Was meint ihr?
"I'm in Love With Indica"..
"Quaddel hast nun du auch da" - der Heimattiergarten im Schnelldurchlauf
Als unser kleiner Weblog noch jung war, begleiteten wir voller Sorge und extrem kurzzeitig, wie die heutige Mediengesellschaft nunmal ist, das Schicksal des Frettchens aus dem Heimattiergarten Eisenhüttenstadt. Nun, wie wir uns so am Sonntag auf der Insel von hochaggressiven Zweiflügler umschwärmt, herumtrieben (sh. auch hier), kamen wir um einen persönlichen Besuch auf Möhrchen und Wassernapf beim flinken Flitzer selbstverständlich nicht herum. Was wir nebenbei sehen mussten, war, dass das Beispiel augenscheinlich Schule gemacht hat, denn ein Zicklein sprang außerhalb des Zaunes, zu dem es sich eigentlich innerhalb positionieren sollte, behände einer jungen Familie in die Hände, allerdings nur, weil diese Futter reichten, bis dem Zicklein das Futter reichte. Familie Waschbär roch nicht unbedingt so, wie man sich das Odeur eines frischgewaschenen Kleinbärs vorstellt und muffelte entschieden mehr, als die Mufflons selbst. Dies allerdings brav in den drahtigen Grenzen, die den Pelztierchen ihre Welt bedeuten.
Mehr zu berichten gäbe es sicher, wenn wir nicht rein zufällig in die Jahresversammlung der lokalen Gnitzenpopulation geraten wären, ein Missgeschick, dass uns noch sehr unter die Haut gehen sollte und nach dem wir uns tüchtig die Augen rieben, dies aufgrund der Tatsache, dass die niedlichen Mückentiere im Gegensatz zur gemeinen Schnake, diese Körperregion aktuell zur bevorzugten Zustechstelle für Stech- und Saugrüssel auserkoren haben. Diese gnitzenweibischen Attacken haben uns die Tugenden der kühleren unter den Jahreszeiten wieder ganz bewusst aufgetan, in denen man sich, falls man friert, auch gern an ein Frettchen schmiegt, um den inhaltlichen Bogen wieder, zwar bemüht ohne Ende aber immerhin, zu schließen. Jedoch, so die Vermutung, ist ein eventuell aus der Annäherung resultierender Frettchenbiss fast noch ein einschneidenderes Erlebnis als eine Kurzoffensive amin-süchtiger Fluginsekten, zumal man in diesem Fall nicht einfach mit einem flachen Handschlag den Übeltäter ruhigzustellen vermag... Wenn man sich's recht überlegt, ist die Sicherheitsverwahrung des Hausiltis vor schmusewütigen Tiergehegegästen dann doch eine nicht ganz so schlechte Lösung...
Dank Kulturlandjahr "Baukultur": die Heimat in der MAZ
Der Abschluss der Fahrrad-exkursion führt auf die "Insel". Das Erholungsgebiet für die sozialistischen Werktätigen. Kiefernwälder gibt es hier heute noch. Spielplätze. Eine Gaststätte. Und Minigolf. Auf dem Rad, in der warmen Abendsonne, gondelt man friedlich an skatenden Jugendlichen und flanierenden Rentnern vorbei. Und plötzlich spürt man, dass die Menschen in Eisenhüttenstadt zufrieden waren - und es vielleicht immer noch sind.
Auch wenn sicher mehr das lauschige Frühlingswetter als exakte Alltagserfahrung Ursache für den herzerweichend versöhnlichen zartrosaroten Abschlussabsatz des Beitrags in der Märkischen Allgemeinen war, man freut sich schon und ist gerührt, dass mal nicht ein journalistischer Ellenbogencheck in Leib- und Magengegend der Stadt gerammt wird. Sehr durchlesenswert (auch im Vergleich zum ebenfalls nicht so schlechten MOZ-Pendant) und hübsch ausgewogen. Man dankt, Tim Ackermann, man dankt!: Schinkels Kontrapunkt.
P.S. Noch eine kleine Rätselfrage: Auf dem dazugehörigen Pressefoto ist neben dem eilenden Ministerpräsidenten auch noch eine andere Person, die das öffentliche Leben der Stadt seit nunmehr 13 Jahren maßgeblich prägt, zu sehen. Wer ist es?
Von einer, die ausging, Biologielaborantin zu werden
Kann man sich von dieser „Ostschnitte“ (Super Illu) noch eine Scheibe abschneiden?
Wir wissen es nicht genau, aber dank dem illustrierten Heimatblatt „Super Illu“ gelingt uns wenigstens ein kleiner Einblick in das Leben von Annika Schulze, bei deren Fortgang, so lässt die Überschrift zu dem kurzen Interview mit dem Mädchen von ehemals Nebenan vermuten, die Straße leer war. Da kann man rufen wie man will, das Karussell des Lebens dreht sich unbarmherzig weiter und Annika kehrt bestimmt nicht mehr um. Denn in der Ferne gibt es, verglichen mit dem Eisenhüttenstädter Grau des Morgens zwischen unbefahrenen Gleisen, vielleicht ein Asyl im Paradies und da steht sie nun am Fenster irgendwo zwischen Schlaraffenberg und Cafe Anonym und schreibt öffentlich Tagebuch für die Zurückgebliebenen daheim.
Was denn nun anders sei, fragt die Interviewerin die junge Auswanderin:
„Na, auf jeden Fall die Größe. Und die Menschen: Hier gibt es alle Kulturen, etliche Sprachen, total unterschiedliche Leute. Das finde ich gut. Natürlich ist man sich in einer so großen Stadt nicht so nah. Deswegen sind die Frankfurter aber nicht unfreundlicher – auch wenn viele auf der Straße ein bisschen grimmig gucken. In »Hütte« ist mir das nie aufgefallen, aber da sind die Straßen ja viel leerer, praktisch tot. Hier in Frankfurt sind immer viele Menschen unterwegs.“
Ja momentmal, ist denn unser Mädchen vom Heimatlande gar nur über die tote Ausfallstraße die halbvitale Bundesstraße hinaufgebraust und in der quicklebendige Ex-Hansestadt an der Oderfurt gestrandet?
Würde man nur den zitierten Ausriss kennen, wüsste man tatsächlich nicht, ob das gemeinte Frankfurt nun die pulsierende Beamtenstadt auf der Oderterasse oder der quirlige rheinisch-mainische Handelsknotenpunkt im Taunusvorland ist. Liest man mehr, erklärt sich selbstverständlich alles auf: Frotzeleien, die Herkunft betreffend, sind Kerngeschehen in der rabiaten Paulskirchenmetropole, denn wo die Glocke „Für Freundschaft und Frieden mir allen Völkern“ bimmelte, da ist man auf ewig versöhnt bis zum Gehtnichtmehr. Was wir natürlich gern wissen würden, ist, ob unsere Herkunftsverwandte tatsächlich so naiv ist, zu glauben, dass mit dem „zeigen, wie man Bananen isst“ seitens ihrer männlicher Mitschüler sei nur eine verspätete Adaption des Zonen-Gabi-Späßchens aus der frühnachwendlichen Titanic. Wir, als im Geiste freier Körperkultur erzogene Söhne des nahenden deutschen Ostens, sind hier natürlich Schelme ersten Ranges, wenn es darum geht, etwas Böses dabei zu denken.
Annikas kurzer Blick zurück ist tröstlicherweise keiner im Zorn, sondern eher ein freundlich-familiärer, der die schönen Erinnerungen hochhält. So bringt der Beitrag des Fachblattes für ostdeutsche Lebensphilosophie und –kultur zwei erfreuliche Erkenntnisse hervor: 1. es gibt sie noch, die normalen Menschen in der Stadt, deren Normalität sich u.a. dadurch offenbart, dass sie irgendwo in die Mainaue abwandern, weil ihnen Eisenhüttenstadt in etwa soviel Normalität und Perspektive bieten kann, wie das Thomas Bernhardsche Österreich Thomas Bernhard und 2. dass die Stadt ein Ort schöner Erinnerungen sein kann und nicht nur ein verrußter Pseudomoloch, dessen Urbanität aus einer Anhäufung von „Fickzellen mit Fernheizung“ (Heiner Müller) besteht, aus dem jeder verstandesklare Mensch sofort mit Sack und Huckepack Reißaus nimmt. Wenn Annika ihr positives Erinnerungsbild hoch zu Roß in den Kampf gegen externe und interne Stereotypien führt, dann ist schon Einiges gewonnen.
Unser heimatverbundener Gruß geht also von den stillschweigenden Höhenzügen der Diehloer Berge in den Metropolentrubel (bzw. an die Bunsenbrenner in den pharmazeutischen Laboratorien) der Rothschildstadt und unser berichtererstattungskollegialer Dank an die Redaktion der Super Illu.
Díe ganze SuperStory der Annika Schulze gibt es hier: Ich bin stolz, ’ne Ostschnitte zu sein
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