Stadtbild
Wo sind sie hin?
Der Briefkastenmangel zieht sich durch das ganze Stadtgebiet, und ist nicht auf einige weniger besiedelter Ecken, wie zum Beispiel, dem noch existierenden VII. Wohnkomplex, zu beschränken.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich nicht aufmerksam genug in meiner Heimatstadt unterwegs bin.
Nachdem der Anteil offizieller neuer Kunst im Stadtbild seit der Stahlskulpturausstellung (" Metallurgie-Pleinair") zum 50. Stadtjubiläum, von denen einige Exemplare wunderbarerweise auch blieben, darunter die exquisite Säulenheiligenfigur "Germania", die quasi als so stählerne wie desillusionierte Schwester Symeons die gegenüberliegende Burger King-Filiale mit denkbar leerem Blick versieht, im Vergleich zu anderen stadtverändernden Maßnahmem doch recht rapide abgesunken ist, eröffnet uns nun die MOZ die Augen für ein neues Projekt.
Bei diesem wird der Eisenhüttenstädter Vorzeigekünstler Matthias Steier (sh. dazu auch das Sta(h)linstadt-Logbuch) zusammen eben mit der Symeon-Schwester Schöpfer Eckhard Herrmann aus der - wie der Name schon andeutet - Wald- und Würstchenstadt Eberswalde buchstäblich eine Art "Mammut-Projekt" an eine Giebelwand in der Friedrich-List-Straße zaubern.
Das Gesamtbild zum Großbild gibt es in der Märkischen Oderzeitung unter dem etwas künstlich flippigen Titel: Künstlerische Tiefkühlkost, in dem sich nebenbei und obendrein eine anscheinend doch nicht nur als Klischee gegebene Weltfremdheit der Kunstschaffenden unter den Werktätigen zitiert findet:
Angst vor Vandalismus haben beide nicht. Zum einen wird das Mammut in relativ sicherer Höhe angebracht, zum anderen "empfinden sich Graffiti-Sprüher als Künstler und machen keine Arbeit von Kollegen kaputt", sagt Eckhard Herrmann
Dies geäußert in einer Stadt, in der schonmal ein lebensgroßer Plastikwolf aus der Weihnachstdekoration eines Verbrauchermarktes mirnichtsdirnichts entwendet und in der Baudenkmal um Baudenkmal mit undenkbar unschönen - wie man gern liest - Verunzierungen mittels Sprühlack ausstaffiert wird... Da kennt jemand vielleicht seine Eberswalder Pappenheimer, die Eisenhüttenstädter Burschenschaft jedoch wohl gar nicht.
Wir hoffen dennoch und zwar das Beste, nämlich bildnerische Unversehrtheit bis zum Ende des Blockes.
"Das ist eine einmalige Chance", freut sich Simone Irmer, Geschäftsführerin der Gewi. 70 Millionen Euro stehen ihr - wenn am 17. Mai die Stadtverordnetenversammlung und danach auch der Landkreis Oder-Spree zustimmen - für umfangreiche Investitionen in den innerstädtischen Wohnungsbestand zur Verfügung. "In meinen kühnsten Träumen hatte ich mit 15 bis 20 Millionen Euro gerechnet", gibt sie zu.
Zugegeben, wir üben uns auch hier häufig in einer aufsehen- und meinungserregenden Miesepetrigkeit, die im freundlichsten Fall als gottergebene Skepsis daherkommt, im unfreundlichsten als plumpes Pöbelfest. Ursache dafür sind die zumeist unschönen Nachrichten, die uns Exilanten aus der Stadt am Rande des Landes erreichen. Nun gibt es eine Meldung, die sich positiv lesen lässt, wobei die golddollarhypothekischen und ausfallbürgschaftsbasierten Hintergründe derart komplex darstellen, dass der durchschnittlich Eingeweihte sich in seiner Naivität ausnahmsweise auf die Erklärung in der MOZ stürzt und erklärt sich darauf hin selbst, dass nun aufgrund der Löschung eigenartiger Altbelastungen Platz für einzigartige Neubelastungen wird:
Mit der Hypothek aus dem Jahre 1928 in Höhe von fünf Millionen Golddollar sind im Stadtterritorium vor allem die Kommune selbst, die Gebäudewirtschaft, das städtische Krankenhaus und die Wohnungsbaugenossenschaft belastet. Seit 1992 bemühen sich die Beteiligten um eine Klärung der alten Schuldverschreibungen, die als Gesamtgrundschuld die erste Rangstelle der Grundbücher blockieren und den Eigentümern die Hände binden. Die Märkischen Elektrizitätswerke AG hatten 1928 die Flächen belasten lassen - zu jenem Zeitpunkt nicht mehr als Brachland zwischen Fürstenberg und Schönfließ. Die Gläubiger selbst sitzen in den Vereinigten Staaten.
Inzwischen ist die Beklagte, die Deutsche Kreditsicherungs AG, einigungsbereit. Eine Freistellungserklärung soll bewirken, dass die Schulden aus den Grundbüchern gelöscht werden. Die Beklagte, so erläutert es Gewi-Geschäftsführerin Simone Irmer, die mit 41 Prozent die meisten der mit der Golddollarhypothek belasteten Flächen hat, wird freigestellt von allen Gläubigerforderungen. Die Folge: Der Beleihungswert der Objekte steigt. Entsprechende Beschlüsse sind Rainer Werner zufolge schon für Juni vorgesehen.
Wir hoffen also, dass der unerhoffte Glücksgriff verantwortungsbewusst und, was die Stadtentwicklung betrifft, irgendwie nachhaltig seine Verwendung findet. Denn als Skeptiker sieht man doch schnell die Gefahr, dass ungeschickte Hände an überraschend aufgetanen Milchtöpfen schnell dafür sorgen, dass man vom Segen in die Traufe kommt.
Der ganze Text: 70 Millionen für die Innenstadt
Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, bleibt einem so manches nicht verborgen.
So saß ich vor einigen Tagen im Unterricht. Und anstatt meinem Lehrer zu zuhören entdeckte ich, beim Blick aus dem Fenster, dieses Gebäude.
Und nun Frage ich mich, was wurde hier so still und heimlich eröffnet? Oder findet dort gar ein Tag der offenen Tür statt? (diese steht dort nämlich immer offen)
Wohnungsmangel
Direkt vor meiner Haustür wird wieder einmal ein neues Projekt in Sachen altersgerechtes Wohnen in Angriff genommen, der Umbau des alten "Allianzhauses" in der Herderstraße. Ausgerüstet mit einem Fahrstuhl sollen sich unsere älteren Mitbürger hier heimisch fühlen.
In der ganzen Stadt werden Wohnungen gleich blöckeweise dem Erdboden gleich gemacht oder eben für ältere Menschen umgebaut.
Ich selbst bin derzeit auf Wohnungssuche, da mein Block bald abgerissen werden soll, aber eine neue Wohnung kann man mir nicht anbieten, und das schon seit einem halben Jahr.
Da muss man sich doch nicht wundern, wenn die jungen Menschen nicht hier in der Stadt bleiben, sondern ihr Glück anderswo versuchen. Man kann ihnen ja noch nicht mal die Grundlage zum Leben, Wohnraum, vermitteln.
Am Dienstag wurde der Polizei eine Schmiererei an einem öffentlichen Gebäude in der Karl-Marx-Straße, Eisenhüttenstadt, gemeldet. Unbekannte "Künstler" hatten offensichtlich in den zurückliegenden Tagen eine undefinierbare Schmiererei auf der dortigen Hausfassade angebracht. Der Sachschaden ließ sich bei der Anzeigenaufnahme noch nicht einschätzen.
Das meldet uns heute der Polizeiticker. Ob die Schmiererei tatsächlich undefinierbar ist oder schlicht nur eine szenespezifische Literalität voraussetzt, werden wir demnächst überprüfen. Insgesamt fällt aber auf, dass das Aufkommen an Verunzierungen an Gebäuden in der Stadt (d.h. an den wenigen, die noch übrig sind) in letzter Zeit wieder zunimmt, auch wenn die Intensität (und leider auch Kreativität und Qualität) der "WA"-Epoche oder gar der RGS-Welle bislang noch nicht wieder erreicht wurden.
Dabei ist es sehr schade, dass die durchaus interessante Street-Art- und Mural-Bewegung immer wieder durch eine brachiale "Bomb das System"-Attitüde junger Menschen mit recht unklaren Vorstellungen vom Potential der Mittel des "Graffiti" in Mitleidenschaft gezogen wird und die in der Regel zu Pauschalisierungen neigende Laienöffentlichkeit in Gestalt des einfachen und guten Stadtbürgers alles was im Stadtbild als "ungefragt selbstgemalt" anmutet zu einem kriminellen Akt höchster Bedrohlichkeit stilisiert. So leidet unter dem relativen geistfreien Dose-Farbe-Wand-Aktionismus weniger unsteter Gesellen letztlich auch die Szene selbst.
Ändern kann man hier, so bitter es ist, wenig und auch all das Präventionsgerede hilft leider nicht. Die Einrichtung legaler Wände wie am ehemaligen Fleischkombinat sowie unter der Brücke bei der ehemaligen Skateboardanlage im quasi-ehemaligen VII. Wohnkomplex (was in der Stadt ist eigentlich nicht "ehemalig"?) nützt selbstverständlich keinen Deut, so genanntes illegales Graffiti einzudämmen, aber - und das soll auch betont werden - es stellt immerhin eine Option für diejenigen dar, die gern in Ruhe und ohne Strafandrohung wandmalen möchten. Gerade in einer Leerstandskapitale wie Eisenhüttenstadt würde es sich vielleicht dann anbieten, passende Wandbereiche freizugeben, nicht zuletzt mit der leisen Hoffnung, dass man die Entwicklung einer kleinen Alternativ-Graffiti-Szene fördert, die letztlich u.U. doch als Regulativ auf die Hard Knocks zurückwirken kann.
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