Stadtgespräch
Twittern ja im Augenblick ein totaler Hype, der auch vor den Eisenhüttenstädtern nicht halt macht. Aus aktuellem Anlass hier eine Liste von twitternden Eisenhüttenstädtern.
• Andi Leser
• Peter
• Manuel
• Madleen (nur für Freunde sichtbar)
• Ben und Silvio (Thema: Eisenhüttenstadt)
• Silvio (privates und alltägliches)
• KUNZE-MEDIA (überwiegend in Englisch, über Softwareentwicklung und Webdesign aus Eisenhüttenstadt)
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"Abends im HO-Gästehaus entdeckt Ursula auf der ersten Seite der Frankfurter Bezirkszeitung "Neuer Tag" eine wichtige Volkskorrespondenten-Meldung: Die Kumpel des Hochofens IV überprüften den Stand ihrer Planerfüllung und beschlossen, den 11. Dezember 1960 als Plansilvester zu begehen. 20 Tage vorfristig am Ziel! Das ist ein großartiger Produktionserfolg, an dem der erste Schmelzer der D-Schicht, der Verdiente Aktivist und Volkskammerabgeordnete Günter Prillwitz, hervorragenden Anteil hat." (Glade, Heinz: Begegnungen in Stalinstadt. Berlin: Kongress-Verlag, 1961, S. 47)
Was konnte einem nicht alles begegnen, wenn man als Heinz Glade 1960 Stalinstadt besuchte und eine Art Reisebericht verfasste, der wohl nicht allzu lang im Buchhandel lieferbar war. Denn unglücklicherweise für Autor und Kongress-Verlag hieß die erste sozialistische Stadt bereits im November des Jahres, in dem die 10.000 Exemplare des kleinen roten Bändchens gedruckt wurden, anders. Wenn man die Konsequenz bedenkt, mit der in der Folge auf danach in den Kasten gegebenen anderslautenden Postkarten der Aufdruck "Stalinstadt" geschwärzt wurde, lässt sich kaum vermuten, dass die Volksbuchhandlungen dieses mit dem diskredierten und abgelösten Stadtnamen durchsetztes Büchlein weiter im offiziellen Verkauf hatten. Da hatte Glade im Folgejahr mehr Glück, denn der Gegenstand seiner vom gleichen Verlag publizierten Betriebsreportage Männer um die MZ : Begegnungen im VEB Motorradwerk Zschopau schloß erst letzte Woche entgültig die Motorradwerkspforten (vgl. auch hier).
Als Mitte der 1980er Jahre in einer Eisenhüttenstädter Schulklasse eine Art Erinnerungsheft herumging, in dem sich so mancher eintrug, den man inzwischen in den 25 Jahren erst durch zwei und dann durch ein Land gegangenen Jahre längst aus den Augen verloren hat, schrieb ein Junge namens Andy als Lebenstraum nichts Geringeres als eine ETZ 250 zwischen zwei der blauen Linien. Mit ein paar Aktivistenprämien hätte es im Fahrzeugführungsberechtigungsalter wohl gelangt, aber da gab es wiederum für diese Generation Träumer kaum mehr Chancen, sich überhaupt in der Produktion zu bewähren. Das Prämiensystem freilich lebte immerhin bei denen fort, die auch in der Folge die Produktionsmittel lenkten und leiteten, und so manche dieser besonderen Aktivistenprämien hätte gleich zum Erwerb des gesamten Motorradwerkes gereicht. Nur hieß keiner der Bonusempfänger Andy und so müssen jetzt jene MZs aus den Läden verschwinden, wie 1961 Heinz Glades Buch.
Selbstverständlich war die Prämie in der sozialistischen Planübererfüllungswirtschaft nur der niedere Ausdruck eines höheren Zieles, jedenfalls sofern ein Volkskorrespondent dieser oder jener Art offenen Ohres in der Nähe weilte, denn droben am Himmel Stalinstadts prankte der Leitstern des Aufbaus einer glückseeligen sozialistischen Zukunft. Dem blinzelte der Schmelzer vielsagend zu, bevor er zum Walzer und zur Sambalita ging und zwar in die Groß- und Tanzgaststätte Aktivist.
In dieser, die 30 Jahre und 20 Tage nach dem frühen Plansilvester ihr letztes eigenes in eigentlicher Funktion erleben durfte, ist es mittlerweile unabhängig von der Tageszeit kurz vor zwölf. So liest man es aus dem Munde des Architekten Sirko Hellwig abgedruckt, der, wie die Märkische Oderzeitung erfahren hat, Herausforderungen liebt, das Sanierungskonzept das momentan mehr Erinnerungs- als gastliches Objekt erstellte und heute im Interview zwei Spalten der Sonderseite zur Sanierung des Lokalgebäudes im "Oder-Spree Journal" der Lokalzeitung bekommt. Wand- und Denkmalamtsschimmel sind wohl die Zeberosse, die einer Umnutzung des als gastlichen Ort des Speisens in der mittlerweile nur noch bedingt geselligen und gastronomieaffinen Werkstadt nicht mehr nutzbaren Gebäudes lang im Wege herum galoppierten, die man aber jetzt zähmen kann und einen Glaskubus auf der Bierschwemme gibt es obendrein bzw. obendrauf (geplant).
Die abgebildete Zukunftsvision, die zeigen soll, wie altes Haus und neue EWG-Verwaltung in Harmonie zueinanderfinden, verspricht nichts Schlechtes, sofern man den etwas schleimig am Tresen lehnenden Vertreter mit den großen schwarzen Schuhen nicht jeden Tag dort treffen muss. Die MOZ, in persona grata Janet Neiser, sei gelobt für die ausführliche Berichterstattung, die es mit zwei von drei Artikeln auch ins Internet geschafft hat: In dem einen erfährt man, dass "Neue Büros entstehen, alte Bierschwemme bleibt" und zwar nicht etwa als Cafeteria nur für die EWGlisten, sondern direkt als Schankbetrieb. Ein Betreiber wird noch gesucht und hoffentlich gefunden. Aber bitte einer mit Sahne bzw. Stilempfinden, der nicht unbedingt Privatradiosender als Untermalung zum Herrengedeck in den Raum jagt, wie es in Ostbrandenburg leider nur zu oft Folklore ist. Motivisch passend wäre als Soundtrack sicher die Steel Guitar von Frank "Ferro" Ferera, aber da es bekanntlich kein Bier auf Hawaii gibt, wird sich wohl die Tradition des Gerstensafts gegenüber der, der Südseesehnsuchtsklänge, die in Eisenhüttenstadt nie eine war, behaupten. Oder es gibt eine Melange und zwar am besten eine Wiener (hier auch unbedingt Linzertorte und wenigstens Andi Leser weiß warum), so lässt sich fantasieren, denn ein wirklich schönes Café, in dem man nachmittagelang die Weltpresse durchblättern kann, hat diese Stadt noch nie gesehen. Also Traxlmayrs dieser Welt, zeigt euch.
Im Vergleich zu anderen HO-Gaststätten dürfte der Aktivist auch von verhältnismäßig vielen Österreichern besucht worden sein. Denn ironischerweise hat die einst als Teil der "Hermann Göring Werke" gegründete VOEST bei der Erweiterung eines einst nach Stalin benannten Stahlwerks mitgemischt. Nach Dienstschluß bot der Intershop im ersten Stock des Hotels Lunik eine repräsentative Spirituosenauswahl (Bols Blue Curaçao), aber eine blaue Stunde im Lokal schmeckte vermutlich auch mit Rumcola aus dem VEB Getränkekombinat besser. Genaueres ist nicht bekannt, aber wer um passende Anekdoten weiß, darf gern entsprechend kommentieren.
Der zweite Beitrag begleitet die Restauratorin Dorothee Schmidt-Breitung, die u.a. schon im Refektorium (=Speisesaal) des Klosters Neuzelle für das Restaurant im Aktivisten üben konnte, beim Rundgang durch das Haus und überliefert u.a. Folgendes:
"Es gibt sogar ein Bild im Stadtarchiv, da pafft Wilhelm Pieck im Aktivist genüsslich eine Zigarre", erzählt Dorothee Schmidt-Breitung.
Hier dürfte der Nichtraucherschutz einer Rekonstruktion des Raumgefühls nach historischem Vorbild jedoch die Grenze ziehen. Alles weitere dann hier: Das edle Haus wird entstaubt.
"Durch die Erschaffung von Städten erschaffen wir uns selbst. Wenn wir unsere Städte ruinieren, ruinieren wir uns selbst. Unsere liebsten Erinnerungen werden dann von Verbitterung vergiftet, einem Gefühl unwiederbringlichen Verlustes, sogar des Hasses auf das, was wir am meisten schätzten. Auf diese Weise flüchten wir vor der Welt und vor uns selbst. Ein schönes Dorf, ein schönes Haus, eine schöne Stadt kann für uns alle ein Zuhause werden, eine universelle Heimat."
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Merkur findet sich eine erschreckend dürfig zusammengezimmerte Schmähschrift wider der modernen Architektur des britischen Philosophen und - so die Wikipedia - Fuchsjägers Robert Scruton, der einerseits das so lobenswerte wie natürlich wenig originelle Anliegen einer Generalkritik der oft recht unsensiblen Großprojektholzerei von Norman Forster und Konsorten zu dem seinem macht, dabei aber in eine derart erzkonservative "Zurück zum Dorf"-Stimmungsmache verfällt, dass man ihn beinahe reaktionär schimpfen möchte. Bei dieser Gelegenheit zitiert er den Planstadtprojektanten Léon Krier, dessen Kleinstadtidylle Poundbury in Dorset Scruton zum neuen urbanistischen Ideal ausruft. Die oben angeführte Aussage Kriers ist dank ihrer Allgemeinheit natürlich auch in anderen Zusammenhängen gültig, beispielsweise und besonders auch in der Planstadt Eisenhüttenstadt, die immerhin im WK III durchaus Scrutonische Idealstrukturen aufweisen dürfte. Kriers "Zehnminuten-Regel [...] die besagt, dass es für jeden Bewohner der Stadt möglich sein sollte, innerhalb von zehn Minuten zu den Orten zu gehen, die der eigentliche Grund dafür sind, dass er unter Fremden lebt" wurde dort wie auch im II.Wohnkomplex mustergültig eingehalten, wenn nicht sogar unterboten. Einzig der Bahnhof liegt bis heute eine Ewigkeit entfernt. Dafür war der Anspruch der sozialistischen Stadt obendrein, die Fremden zu Vertrauten bzw. zu Gleichen zu machen, in dem man sie in einem Kollektiv - z.B. der Hausgemeinschaft - zusammenführte.
Inwieweit dies heute noch ein Ideal ist, kann ad hoc nicht ermittelt werden. In der Saarlouiser Straße 88 wird sich jedoch das Thema "Hausgemeinschaft" demnächst erledigt haben, denn die Gebäudewirtschaft hat selbigen Aufgang auf die aktualisierte Abrissliste gesetzt, die heute in der Märkischen Oderzeitung ihre Veröffentlichung erfährt. Wie so oft sind die Noch-Bewohner der betroffenen Objekte nicht nur begeistert. Aber die Wohnungseigentümer haben aus den umfänglichen Erfahrungen vergangener Abrisstätigkeiten ein Stückweit gelernt und bieten Aus- und Umzugshilfen:
Das Umzugsmanagement der GeWi soll gerade Älteren unter die Arme greifen - jährlich lässt sich das Unternehmen den Umzug seiner Mieter - von GeWi-Wohnung zu GeWi-Wohnung - 1,8 Millionen Euro kosten. "Bei dringendem Bedarf, insbesondere bei älteren Mietern, übernehmen wir zusätzlich das Einpacken und Auspacken sowie die Demontage und Montage der Möbel", heißt es in einem Informationsbrief des Vermieters.So manch jüngerer Mieter zieht dagegen, Beispiele dafür gibt es einige, lieber gleich von der GeWi-Wohnung in eine andere Stadt, weil das Verhältnis des lokalen Mietpreisniveaus mit der Lebensqualität des Umfelds nicht mehr allzu ausgeglichen erscheint oder einfach keine adäquate Ersatzwohnung aufzutreiben ist. Hilfestellung ist in diesen Fällen sicher nicht zu erwarten. Man nennt das Phänomen äußerst passend auch Freizügigkeit und darf gespannt sein, ob die denkmalsanierte Schrumpfstadt am Ende dennoch irgendwann das städtische Flair entwickelt, dass sie verdient. Ihr Vorteil ist dabei ein denkbar niedriges Ausgangsniveau.
Völlig unbelastet von solch schweren Stadtentwicklungsthemen hat dagegen ein Markus auf einer Plattform namens "Nur 15 Minuten" herrlich dadaistisch den Stadtnamen varriiert: Eisbeingrützenstadt, Eigenheitenstadt, Eisenstangensta(a)(d)t (vgl. auch hier), Heißepfützenstadt und Eichhörnchenhüttenstadt sind sehr gelungene Varianten, die man bei eventuell aufkommenden Umbennungsdebatten unbedingt berücksichtigen sollte.
Eisenhüttenstadt (GMD) Der Mann, der am Freitag in einer Wohnung in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) angeschossen wurde, ist am Sonnabend im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen. Laut Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) war der Vorfall ein Unfall. Nach dem momentanen Stand der Ermittlungen hätte der 42-Jährige selbst den Schuss beim Hantieren mit der Waffe versehentlich gelöst. Die beiden Männer, die während des Vorfalls ebenfalls in der Wohnung waren und zunächst als tatverdächtig galten, seien wieder auf freiem Fuß, teilte zudem ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) am Wochenende mit.
Warum der Eisenhüttenstädter mit der Waffe hantierte und warum sich der Schuss löste, könne aber erst gesagt werden, wenn die abschließenden Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchungen vorliegen. Es sei lediglich klar, dass nur ein einzelner Schuss abgegeben wurde, hieß es.
Quelle: 42-Jähriger stirbt nach Schuss, Märksiche Oderzeitung vom 04.08.08
Hoffentlich ist es Beton: Paul van Dyks Stadtfestgage wird endlich zur Rampe.
Für eine nicht unerhebliche Zahl der damaligen Eisenhüttenstädter Jugendlichen war die Skateboardanlage auf der Insel in den 1990er Jahren ein durchaus positiver Begriff und für manche sogar zwischenzeitlich Nabel ihrer Welt bzw. Rampe zur Adoleszenz. Coming of Age hieß "Kommen zur Bahn": das Skateboard als Verbindungswerkzeug zu denen, die Szene sind, die schon flippen können und grinden und sliden und all das. Mit jedem Trick, den man lernte, wurde man mehr Teil der Holzbrettgemeinschaft. Skateboardfahren war cool und wer nicht fahren wollte oder konnte, wollte wenigstens mit den Coolen herumsitzen und das konnte er zumeist.
Die erste Zeit nach ihrer Eröffnung genoss die Skateboardbahn noch nicht diesen Ruhm, sondern war mehr Kinderspielplatz, denn es fehlten schlicht die Besucher. Die Zahl der Skateboarder in Eisenhüttenstadt lag zu diesem Zeitpunkt im unteren einstelligen Bereich. Drei Jahre später war Asphaltfläche - damals noch mit Hügeln und Gestrüpp daneben und nur halb so groß wie heute - der Sommertreffpunkt: gemütlich, entspannt und dann länger am 01. Mai Grillplatz bis Tanzparcour. Paul van Dyk legte auch einmal auf, aber das war schon etwas später, als die Skateboarder nicht mehr in allzu heißen Stunden hinaufgingen um im Springbrunnen des Staudengartens zu baden oder wenigstens beim Minigolf ein Speiseeis und Schatten zu suchen. Ausgerechnet die Erweiterung, die insofern halbherzig war, als dass man zwar die Fläche, aber nicht analog die Zahl der Rampen angemessen vergrößerte, lässt sich Punkt ausmachen, an dem sich das Nutzungsverhalten und mit diesem die Anlage drastisch veränderte.
Die Laternen blieben bald genauso ausgeschaltet, wie bis heute die Einlösung des persönliche Versprechens des (damals wie heute aktuellen) Bürgermeisters, der Basketballkorb würde demnächst noch fertig in die Anlage integriert. Hier dachte man groß, handelte aber schlicht nicht sachgerecht. Vielleicht haben die vielen Köche, denen die Anlage jetzt auch als cooles Schmuckstück für die Jugendarbeit zupass kam, den Brei verdorben. Das zuvor vielleicht eher zufällig ausgewogene Raumverhältnis im Park zerbrach ganz sicher. Die Errichtung der zweiten Skateboardanlage unter der Eisenbahnbrücke im VII. Wohnkomplex, die sich am Ende ebenfalls sehr gut gemeint aber nicht ganz so gut realisiert fand und die nach dem Niedergang des Wohngebietes und ihrem eigenen in einer äußerst eigenartigen Form inklusive der exzellenten Asphaltdecke abgetragen wurde und damit zum traurigen Symbol für viel Geld bei sehr wenig nachhaltiger Wirkung - die Grünanlagen wurden schon im ersten Sommer zum Desaster, der Fußballplatz kaum genutzt - wurde, war dagegen eigenartigerweise weniger negativ in der Wirkung.
Auf dieser antiken Aufnahme aus eine Kiste vom Dachboden flippt jemand kopflos mit seinem Skateboard aus und dann wieder ein und zwar in die heutige Resterampe der frühen Funbox. Lilafarbene Unterhosen zu weißen Schuhen bewiesen allerdings nur wenig modische Stilsicherheit.
Was ganz sicher nicht gelang, war die Übergabe der notwenigen Sorgsamkeit im Umgang mit der Umwelt - sprich der Bahn - durch die Generation, der diese Anlage noch als unerwartetes und außergewöhnliches Geschenk erschien, und denen, für die die Anlage selbstverständlicher Bestandteil der Insel ist. Im Jahr 1995 gab es tatsächlich Fahrer, die sich aus der Schwimmhalle einen Besen borgten, um die Anlage eigenhändig zu fegen. Man sprach mit den Verantwortlichen und erreichte die nachträgliche Installation von Laternen. Ein Fahrzeug der Stadtwirtschaft bog regelmäßig ein, um die Papierkörbe zu leeren: Betreiber und Nutzer lagen auf einer Welle und sicher war man in der Stadt positiv überrascht darüber, in welcher Form die Skateboardbahn als solche genutzt wurde.
Als der Effekt der Neuigkeit seine Wirkung eingebüsst hatte und die Stadt an sich sichtbar in vielerlei Hinsicht kippte, verloren die, die auf der Anlage ihre Zeit verbrachten und offensichtlich auch die, die für den Betrieb zuständig waren, das Interesse. Defekte Rampen blieben ein halbes Jahr und länger im Depot, so dass der Reiz zum Fahren ausblieb. Scherben blieben Wochen liegen und vermehrten sich, Bänke zerbrachen und wurden nicht geflickt, die Abfalleimer verschwanden und die Skateboarder zogen weg. Die Anlage verlor ihre Attraktivität und da man am Vandalismus immerhin ein wenig vorbeugenden Licht sparte, zahlte man bei der Reparatur der Holzrampen drauf.
Zu spät leider - trotz früher Hinweise - erkannte man, dass Beton auf Dauer die bessere und trotz höhrerer Eingangsinvestition die günstigere Variante ist. Die Holzplatten von Olliebox, Grindcurb und Miniramp zerbrachen bzw. wurden zerbrochen. Alles was aus Beton war, nicht. Jetzt wird hier glücklicherweise angesetzt und aufgestockt.
Die groß verkündete Investition der dafür übertragenen Gage von Stadtliebling Paul van Dyk für seinen Auftritt beim Stadtfest 2007 wird, wie die Märkische Oderzeitung meldet, nun endlich umgesetzt. Allerdings staunt man anscheinend darüber, dass 10.000 Euro zwar für ein bisschen halbinspiriertes Auflegen von Technomusik eine Menge Geld sind und immerhin eine ABM-Stelle im Städtischen Museum bestimmt für ein dreiviertel Jahr finanzieren würden, im Bereich des Skateboardrampenbaus aber eher ein mageres Sümmchen darstellen. Dabei hat man doch schon einmal Rampen - sogar Betonrampen - eingekauft. Immerhin: Es passiert etwas:
""Wir haben drei neue Elemente bestellt", sagt Reichl. Darunter eine Fun-Box, die von vier Seiten befahrbar ist. Damit sei das Geld aber aufgebraucht - zumal jetzt noch der Transport kommt. "Die Lieferzeit beträgt sechs bis acht Wochen", erklärt er. Bis Ende August sollte alles da sein. Dann wird eine der Rampen, die jetzt schon auf dem Areal stehen, aber komplett abgebaut. Sie ist zu alt und zu kaputt. "Wir nehmen eins der Elemente raus und bringen drei neue rein", betont Reichl.
Dass man hiermit das Flair der 1990er zurückbringt ist nicht zu erwarten. Zu verschieden ist das Publikum und zu verschieden ist die Ausgangslage. Aber immerhin könnte man den verbliebenen Skateboardern Eisenhüttenstadts einen neuen, hoffentlich dem Sport adäquaten Parcour gestalten. Vielleicht kommen zu den wenigen dadurch wieder einige mehr dazu. Alles weitere in der Märkischen Oderzeitung: Schönheitskur für die Skaterbahn.
Deutlich stabiler als die Holzrampen - die zugegeben aber schon zu weiten Teilen deutlich länger im Vergleich zu ihrer durchschnittlichen Lebenserwartung hielten und halten - ist natürlich die Ruine des MEW-Kraftwerks Vogelsang an der Oder.
Dessen Schicksal und das der Skateboardbahn überschneiden sich insofern, als dass bei letzterer nach der Oderflut 1997 Geld für die am Ende wenig sensible Erweiterung da war, beim Kraftwerksbauwerk leider für ein denkmaltechnisch völlig unsensibles Abrissunterfangen.
Nicht rechts geschaut, nicht links geblickt, sondern in blindem Aktionismus und mit dem kurzsichtigen Argument der Verkehrssicherheit wurden hier größere Summen versprengt und vergraben, bis schließlich einige die Schornsteine bevölkernde Falken dem Treiben dank Naturschutz ein Ende setzten.
Ihnen sei dank, denn nur deshalb war es möglich, der Ausstellung "'Mittelpunkt kriegswichtiger Industrien'. Rüstungswirtschaft und Zwangsarbeit in Fürstenberg (Oder) 1940 bis 1945", die aktuell vom Städtischen Museum präsentiert wird, auch gebautes Anschauungsmaterial beizufügen.
Das Skateboard kann man beim Besuch der Ruine aber daheim lassen: Auf das anscheinend weitgehend berollbare Dach des Kraftwerks wird man, wenigstens solange die Ausstellung läuft, nicht vorgelassen.
Foto: ca. 1998, Dachbodenfund.
Nachtrag: Annett Louisan Konzert
Oh Mann, oh mann: Die Schule brennt! Eine Dokumentarfilm zur Goethe-Schule und eine Notiz zu einer Nachricht aus dem Rathaus.
Die Schule brennt!, allerdings ohne das "Hurra, Hurra" des Extrabreit-Songs. Vielmehr ist ein Dokumentarfilm um das Bemühen der Goethe-Grundschule um den Ganztagsschulen-Status so benannt:
Ich habe ihn leider nicht sehen können, aber auf Boomtownmedia.de gibt es ein paar Bilder und einen Trailer."Der Testlauf mit einer Ganztagsbetreuung hatte sichtbare Erfolge, doch der Bürgermeister will lieber in Senioren als in künftige Wähler investieren. Und das Schulamt will mit Einrichtung der Ganztagsschule im Hort der Schule Personal abbauen, um Kosten zu sparen.
Schulleitung, Lehrer, Eltern, Schüler sind sauer. Schaffen sie es gemeinsam, das Schulamt umzustimmen und den Weg zur Ganztagsschule zu ebnen."
Nasenringe aus Phosphor wären tatsächlich mal etwas Neues.
Dass man zu wenig in Bildung investiert und den in diesem Bereich Engagierten gern auch mal - übertragen gemeint - ins Heck fährt, ist in unseren Breiten eher ein altes Trauerspiel.
Für die Akten wollen wir außerdem heute noch eine Geschichte als Link festhalten, die zeigt, wie flott man sich in der Lokalpolitik bloßstellen kann (allerdings ohne Folgen):
"Die Stadt wollte Eigentumsland bei Diehlo, das dem Firmenchef und FDP-Abgeordneten Klaus Losensky gehört, zu Bauland aufwerten und gegenDas klingt nach einem kräftigen Sommergewitter im Rathaus. Glaubt man dem Bericht aus der Märkischen Oderzeitung, hat die Stadtverwaltung hier doch eine Volte hart an der Grenze versucht, die glücklicherweise von den Stadtverordneten dann doch noch durchschaut und abgeblockt wurde.
eine an die ESB-Halle angrenzende, städtische Fläche, tauschen.
Doch das von Bürgermeister Rainer Werner, seinem
Geschäftsbereichsleiter Stadtmanagement Wolfgang Perske undStadtplanerin Christiane Nowak erarbeitete Papier ist Zündstoff pur und
wirkt wie ein Adrenalinstoß auf die Stadtverordneten, die die Vorlage erst wenige Tage zuvor im Hauptausschuss vom Tisch gefegt haben."
Mehr in der MOZ: Stadtverordnete stoppen Monopoly
Hoffentlich spricht jetzt noch jemand mit Andreas Wendt, denn im Vergleich mit Vielem, das man sonst in Eisenhüttenstadts Lokalzeitung liest, ist der Artikel schon ziemlich aggressiv. In Kleinstädten fällt einem so etwas bekanntlich mitunter auf die Füße...
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