Back to the GDR: Der DDR-Alltag museal in Berlin, Leipzig und Zuhause
Die (alltägliche) DDR kommt wieder. Einerseits im Suchscheinwerfer derer, die sich beruflich mit dem Phänomen beschäftigen (wollen) - Stichwort: "Geschichtsverbund Aufarbeitung der SED-Diktatur“ - und andererseits im Blickfeld derer, die ein privates (kulturgeschichtliches) Interesse treibt. Das sein Thema leider weitgehend verfehlende Berliner DDR-Museum versucht den Schwung des Zeitgeists ein wenig mitzunehmen und das "Sonnenallee-Helden Wie Wir-Good Bye Lenin"-Phänomen konzeptionell und kommerziell auf das Ausstellungswesen zu übertragen. Im morgigen Tagesspiegel wird noch einmal nachgetreten:
eine museale Zirkus-DDR zum Anfassen, heruntergekocht auf ihre griffigsten und bereinigt um ihre erschreckendsten Aspekte
Als Gegenentwurf präsentiert man ebenfalls einerseits die DDR-Ecke im Deutschen Historischen Museum (Fazit: unterbetont den Unterschied Diktatur-Ost und Demokratie-West zu sehr), die Stasi-Gedenkstätten in der Normannenstraße und in Hohenschönhausen (Fazit: eher Schwerpunkt "politisches System und Repressionsapparate der DDR) und andererseits die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Zeitgeschichtliches Forum Leipzig (Fazit: gut ausgestattet und gut gemacht) vor:
„Was die DDR-Herrschaft gefestigt hat, war nicht nur der Repressionsapparat.“ Entscheidend sei ein Geflecht aus sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, wirtschaftlicher Grundsicherung und sozialistischer Ideologie gewesen. Dieser Wechselbeziehung spürt das Leipziger Forum auf durchweg hohem musealen Niveau nach
Und schließlich gibt es noch dieses:
Während [das] Forum großzügig mit Bundesmitteln ausgestattet ist, schlägt sich eine kleinere Institution seit Jahren mit knapper Finanzierung aus der Brandenburger Landeskasse durch: das „Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR“ in Eisenhüttenstadt.
Nachzulesen im Tagesspiegel: Plaste ist geduldig
"Ich habe nichts gegen die Jugend, aber nachts muss Ruhe sein"
Angst davor, die Scheibe eingeworfen zu bekommen, hat auch ein älteres Ehepaar in der Saarlouiser Straße.
"Man muss tolerant sein. Es ist vor allem ein Problem der älteren Bewohner, die vergessen haben, dass sie selber auch mal jung waren."
Die Märkische Oderzeitung hat heute einen hübschen Bericht über improvisierte Jugendfeste in der Stahlstadt im Programm. An einigen beliebten Treffpunkten gilt: "Die fangen um 23 Uhr erst so richtig an." Da sollte der Beschwerdeführer mal zum Berliner Kit-Kat-Club reisen: Die fangen nämlich erst um 3 Uhr so richtig an.
Die Anwohner der temporären Jugendtreffs allerdings wollen weder das erste ertragen, noch das zweite überprüfen und sind so gar nicht in Feierlaune. Daher schimpfen sie bitterlich (s.h. Zitat 1) und bleiben lieber anonyme Beschwerdemasse aus Furcht vor der antizipierten Gewaltbereitschaft (s.h. Zitat 2) der heranwachsenden Glieder der Stadtgemeinschaft.
In der angrenzenden Grünanlage sitzen Jugendliche manchmal bis 4 Uhr morgens und trinken Bier über Bier
Aber, so stellt sich die Frage, kann man ein solches, eher an Skatmeisterschaften erinnerendes Verhalten, überhaupt als Party bezeichnen? Oder überdehnt die MOZ etwa den Party-Begriff in allzu lässiger unzulässiger Form? In einem solchen Zweifelsfall hilft der Griff zum Lexikon:
Das Lexikon beweist: Die Zeitung schreibt es richtig. Vielleicht wäre es für alle Beteiligten doch schöner, wenn man die Aspekte eating, dancing und to enjoy gegenüber dem drinking "Bier über Bier" stärker betonen würde. Man sollte dabei allerdings auch den gut gemeinten Rat des Polizeivertreters Fred Adler beherzigen:
Adler rät Betroffenen, die sich gestört fühlen, erst einmal selber mit den Störenfrieden zu reden - "es sei denn, man steht 20 Betrunkenen gegenüber, dann macht das wenig Sinn."
Ach, tatsächlich?! Vermutlich sind auch schon drei oder vier angetüterte gelangweilte junge Männer im Testesteronrausch und auf Selbstbehauptungstour durch die Konkurrenzgesellschaft für den durchschnittlichen, jenseits der besten Mannesjahre befindlichen "Ruhe da unten"-Anwohner mehr als Sparringspartner - im Wortgefecht wie im Faustkampf. Hier, wie bei den zwanzig Volltrunkenen, ist die bessere Taktik vermutlich eher, selbst nachzuschenken, bis die heiteren Jungs so "hacke" (wie der Eisenhüttenstädter sagt) sind, dass der Übergang vom Komasaufen zum Koma nah ist.
Oder man erinnert sich an die eigene Jugend (sh. Zitat 3) und trinkt und feiert einfach mit.
Ansonsten gilt: Der Herbst ist nicht mehr fern und damit kehrt die Stille denn auch bald heim.
Bis dahin: MOZ Lesen! --> Die Schattenseiten des Partysommers (P.S. Wo Schatten, da auch Sonne. Wie wünschen uns also von Artikelautor Udo Badelt demnächst zum Ausgleich einen Bericht über die Sonnenseiten des Partysommers. Wenn die MOZ diesen ablehnt, bringen wir ihn übrigens sehr gern..)
Ich sollte das nächste Stadtfest-Video drehen, dann wird es garantiert nicht so idyllisch. Denn es wird alkoholisierte minderjährige Zeigen die ihr Mittagessen auf den Trottoir speien. Ich hab es im vergangenem Jahr schon vorrausgesagt und ich werde es auch in diesem Jahr wieder richtig vorraussagen. Die Lindenallee wird wieder nach Stoffwechselprodukten und nach Unverdautem riechen. Aber ich denke im Großen und Ganzen wird das Stadtfest auch in diesem Jahr die Erwartungen seiner Besucher erfüllen.
Die Lindenallee von heute..
Genosse Ulbricht taufte am 07. Mai 1953 die Stalinstadt und sein Herumgerufe kann man sich auf dieser Seite des Deutschen Rundfunkarchivs anhören. Dort war es nämlich im Mai 2003 Dokument des Monats.
Weitaus interessanter ist allerdings der ebenfalls von der Seite abrufbare Ausschnitt aus einer "Reportage zum zweijährigen Bestehen von Stalinstadt". Im Onlineshop gibt es dann auch noch eine Hör-CD mit Originalaufnahmen für einsame Stalinstädtische Abende daheim.
Eisenhüttenstadt ist, nicht jeder weiß das, im Gesamten gar keine Planungsneubaureißbrettschöpfung, sondern eine Ortszusammenschließung. Im Spätherbst des Mauerjahres 1961 wurden, da der Name "Stalinstadt" nicht mehr so richtig opportun erschien, die Wohnstadt des Eisenhüttenkombinates, das Oderstädtchen Fürstenberg und das Dorf Schönfließ zu Stadt Eisenhüttenstadt zusammengeschlossen. Letzteres geht aufgrund seiner weniger urbanen Struktur häufig in der Wahrnehmung ein bisschen unter.
Da auch ich nur wenig über den Stadtteil zu sagen weiß, freue ich mich ausgesprochen über die kleine, sehr schön aufbereitete Heimatgeschichte auf der Website der Sportfreunde Schönfließ. Gefunden wurde sie dank des Hinweises bei ehsnet.
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