Mit einer (leider wieder einmal) gründlich entsetzenden Meldung überrascht Andreas Wendt heute die Eisenhüttenstädter Leserschaft der Märkischen Oderzeitung:
Die Bahn will ab 2008 nach langen und zähen Verhandlungen zwei Millionen Euro in den Bahnhof Eisenhüttenstadt investieren und den vorhandenen Bahnsteig komplett wegreißen, um ihn durch zwei Außenbahnsteige zu ersetzen.
Entsetzend deshalb, weil die langen und zähen Verhandlungen als Resultat nicht anderes ergeben, als dass die Bahn AG ihre Position nahezu ohne Abstriche durchsetzen konnte und die Stadt bzw. die Stadtbevölkerung mit diesem Ergebnis bei genauer Betrachtung als begossener Pudel auf dem Bahnsteig stehen wird.
Denn das knauserige Sanierungszugeständnis "eines führenden internationalen Transport- und Logistikdienstleisters" der - hört, hört - "Zukunft bewegen" möchte, ist nichts anderes, als das was ohnehin landauf und landab geschieht: die Bahnhöfe werden auf eine pflegeleichte Linie in "robust und billig" heruntermodernisiert, so dass sie in die Stromlinien des DB-Bewirtschaftungskonzept passen.
Für Eisenhüttenstadt bedeutet dies vermutlich, dass die Anmutung des Bahnhofs demnächst dem des Haltepunktes Wiesenau entsprechen dürfte, mit mausgrau betonierten Bahnsteigen und jeweils einem Glasunterstellhäuschen pro Bahnsteig.
Wenn man sich ansieht, was die Bahnhofsmission von Rainer Werner und Jörg Vogelsänger als Ergebnis vorzuweisen hat, kann man eigentlich nur los prousten..
Was bleibt in Eisenhüttenstadt, ist das Erinnern, an all die Dinge, die verschwinden.
Der euphemistisch als "weiterer" bezeichnete Vorteil des neuen Haltepunktes dürfte der einzige sein: Ein barrierefreier Zugang, den man allerdings mit ein wenig Engagement auch am Stellwerk hätte zustande bringen können bzw. schon vor Jahren hätte umsetzen müssen. Das Armselige an der ganzen Aktion, die sowohl der Vermittler Jörg Vogelsänger wie auch Bürgermeister Rainer Werner jetzt als Erfolg zu verkaufen versuchen, ist, dass die Bahnhofsgebäude bis auf den Abriss der Zwischenbauten überhaupt nicht angerührt werden, obschon hier - und nicht beim Bahnsteig - der wirkliche Handlungsbedarf besteht.
Stattdessen wird der Bahnsteig untergepflügt und damit auch die Überdachung. Zusätzlich wird sicher die Unterführung verfüllt, so dass Fußgänger bei geschlossener Schranke die Gleise nicht mehr unterqueren werden können. Das sollte es dann in etwa auch gewesen sein. Und dabei entblödet man sich nicht, das Ganze als "Sanierung" anzupreisen. Aber wenn der Leser annimmt, dass man sich plumper gar nicht vorführen lassen kann, kommt in Gestalt jeweils einer Äußerung des Bügermeisters und des Stadtmanagers Wolfgang Perske gleich noch eine erstklassige Steigerung um die Ecke:
"Wir lassen erst die Bahn aktiv werden und kümmern uns danach ab 2009 um das Umfeld", kündigt Werner an.Der Mario Basler der Lokalpolitik lässt also lieber die anderen laufen, um danach abzustauben. Als ob die Gestaltung des Vorplatzes (neuer Parkplatz, neuer Taxistand, neue Straßenführung) an diesem "Zugeständnis" der Bahnvertreter, dass eigentlich eher eine "Zumutung" ist, gehangen hätte. Dass dann, obschon das Niveau ohnehin ganz schön flach gehalten wird, wirklich etwas passiert, wird im Rathaus nachträglich gleich noch einmal relativiert:
"Das alles setzt aber voraus, dass wir Fördermittel bekommen", sagt Perske."
So langsam ist es schwer erträglich, immer wieder vorgeführt zu bekommen, wie minderbemittelt diese Stadt sein muss... Man glaubt kaum, in welchen Abhängigkeiten die Stadt verflochten sein muss. Wenn es nur Wolfgang Perske und nicht auch um die armen restlichen Einwohner der Stadt träfe, wünschte man sich fast, dass die Kralinski'sche Fördermittelstreichungsforderung auch den hiesigen "Regionalen Wachstumskerns" (RWK) berücksichtigte, um dieser Selbstverständlichkeit des Subventionsdenkens den Zwang zu kreativeren Lösungen entgegen zu setzen.
Noch einmal zusammengefasst: Der Stadtmanager zeigt deutlich, dass er reiner Stadtverwalter und nicht etwa Stadtgestalter ist. Die Deutsche Bahn AG zeigt, dass sie am längeren Hebel sitzt. Der Bügermeister zeigt, dass er damit zufrieden ist und versucht in eher dürftiger Manier, das Debakel auch noch als Erfolg für Eisenhüttenstadt zu verpacken:
Am geplanten Verkauf der Bahnhofsimmobilie aber hält die Bahn nach Aussagen ihres Sprechers Auferkamp weiter fest. "Das Gebäude lässt sich aber im sanierten Zustand wesentlich besser vermarkten als jetzt", findet auch Bürgermeister Rainer Werner.Wir finden, er sollte noch mal nachlesen, was die Bahn plant: "den vorhandenen Bahnsteig komplett wegreißen, um ihn durch zwei Außenbahnsteige zu ersetzen". Nicht mehr und - man muss es so sagen - leider auch nicht weniger. Und wenn der Bagger beim Umschwenken zufällig eine Wand beschädigt, könnte man auch noch den Abriss des Gebäudes schneller einleiten, als so manch ein Verhandlungsführer der Eisenhüttenstädter Partei glauben mag.
P.S. Noch eine Information in eigener Sache: Der Eisenhüttenstadt-Blog ist mittlerweile neben anderen Brandenburger Regionalblogs auch über die Readers Edition lesbar.
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