Erst so, dann so und dann wieder so. Unser geschätzter Blogkollege und Nachtbar-Nachbar Andi Leser beweist Wankelmut. Der ist aber positiv zu sehen, denn im Gegensatz zu einem von ihm in einem Moment der - nun ja Nüchternheit oder Verwirrtheit, je nach Standpunkt - postulierten Rückzug aus dem Eisenhüttenstadtblog-Geschäft ist Andi Leser nun pünktlich zur Europawoche endgültig wieder am Ball und den drischt er mit seiner kleinen Geschichtsaufarbeitung der Eisenhüttenstasi derart in die Maschen des Do-it-yourself-Journalismus, dass es eine wahre Lesefreude ist: Eisenhüttenstasi – MfS is in da House.
Ich selbst habe dagegen nicht viel zu berichten, denn obschon ich zum Start in den Mai auch kurz einmal durch Eisenhüttenstadt fuhr, ist das was ich dort erlebte für die Eisenhüttenstädter Blogosphäre etwa so spannend, wie wenn an der Kreuzberger Oranienstraße eine entzündete Mülltonne umfällt und entsprechend nicht der Rede wert.
Der aktuelle Presserundblick fällt thematisch leider auch eher konservativ, jedoch wirtschaftlich hoffnungsvoll aus. Der EFC Stahl erreichte in seinem Nachholspiel im Verbandsligakeller gegen den Oranienburger FC leider nur ein 1:1, das beiden Teams in Hinblick auf den Wunschtraum Klassenerhalt gar nichts nützt.
Die Kleingärtner der Eisenhüttenstadt erheben sich gegen den verordneten Zwangsanschluss an die öffentliche Abfallentsorgung, wie die Märkische Oderzeitung berichtet:
Doch egal, wie niedrig die Gebühren auch sein mögen, die Kleingärtner wollen aus Prinzip nicht zahlen. Sie wollen keine Leistungen in Anspruch nehmen, die sie nicht brauchen. Sie vermuten "Geldschinderei" .
Die Hartz IV-Empfänger der Eisenhüttenstadt erheben dagegen zum großen Unmut der Montagsdemonstranten allgemein und konkret von Christa Stark (71) gar nichts und formen sich auch nicht wahrnehmbar zu der Masse, die sie laut Statistik nun mal bilden:
"Ich hatte überlegt, von welcher Seite ich zum Friedrich-Wolf-Theater gehe, damit ich durch die vielen Menschen hindurch komme. Und was sehe ich hier, ich bin die sechste Besucherin plus den acht Organisatoren." Die Rentnerin macht keinen Hehl aus ihrem Unverständnis darüber, dass die Leute so sehr in Lethargie verfallen sind, dass sie nicht einmal mehr protestieren. "Die sozialen Bedingungen werden immer schlechter und keiner sagt etwas. Bei den vielen Hartz-IV-Empfängern in Eisenhüttenstadt müsste es doch hier wimmeln vor Menschen, die sich auflehnen gegen die Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. Und was ist? Nichts!"Lethargie, Rückzug ins Private, öffentliches Schweigen, Nichts - solche Phänomene sind Eisenhüttenstadt vor allem nichts Neues und das einzig Erstaunliche ist in diesem Fall das Erstaunen Christa Starks. Eine Protestdemonstration ist doch kein Stadtfest und selbst dann kann man sich eigentlich von allen Seiten durch die Massen Menschenmassen am Theater durchdrängeln.
Und was heißt "Verschlechterung der Lebensbedingungen". Mit Gazprom und den 5N Plus Inc. und nicht zu vergessen mit der 15000 Tonnen PET-Flocken-Recycling-Fabrik findet Eisenhüttenstadt Anschluss an die (mehr oder minder) grünen Zukunftsindustrien des 21. Jahrhunderts. Zum letzgenannten Gemeinschaftsprojekt war gestern bei Modern Plastics worldwide noch einmal Folgendes zu lesen:
Film and sheet processor Klöckner Pentaplast (Montabaur, Germany) and trash collection firm Alba (Berlin, Germany) will jointly invest in an integrated PET bottle recycling pilot project in Eisenhüttenstadt, Germany. PET-CO GmbH will be managed by Klöckner Pentaplast Group and will use proprietary technology transferred from Klöckner Pentaplast/Americas to recycle post-consumer PET bottles into film for food packaging, thermoforming, and other applications. An Alba subsidiary is responsible for collecting and sorting the PET containers.Zum Solar-Projekt der 5N Plus Inc. liefert die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Solarthemen einige Hintergrundinformationen. So soll der Baubeginn der Reinraum-Fabrik im Juni sein und der Probebetrieb gen Jahresende aufgenommen werden. Hergestellt werden Tellur-Verbindungen für (CdTe)-Dünnschichtmodule aus der First Solar-Fabrik im Wachstumskern Bipol Frankfurt/Oder. Was man allerdings hoffen muss, ist, dass eine Integration der PET-CO-Plastikflocken mit dem Freundschaftsgas und dem nicht ganz ungiftigen Tellur ausbleibt, denn könnte aus der schöne Region zwischen Schlaube und Oder anstelle des Naturparks ein Chemiepark entstehen.
Angesichts der drei (wenigstens partiell chemisch) agierenden Unternehmungen könnte sich allerdings auch - in alter Betriebsklubtradition - zu Stahl Eisenhüttenstadt ein Verein "Chemie Eisenhüttenstadt" gesellen. Aus "Lokomotive Eisenhüttenstadt" wird vermutlich angesichts der nicht gerade expansiv zu nennenden Pläne der Bahn in der Stadt - zu denen es momentan aber keine neuen Auskünfte gibt - nichts mehr.
Zuletzt möchte ich noch dazu aufrufen, Bloggerin Anna, die als "Taurus"-Geborene irgendwann dieser Tag Geburtstag haben muss, zu unterstützen und ihr im Blog namens "Julikuss" folgende Frage zu beantworten:
Und jetzt will ichs wissen! Wie ist euer Sommer?! Wie sieht Sommer in Eisenhüttenstadt aus?...
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