Benutzerprofil des gewählten Autoren: - Ben
Einträge von Ben
Ein Bild in 22 Minuten: Der Film zum Rathausmosaik wird in Berlin gezeigt
Wohl dem Eisenhüttenstadt-Cineasten, der die Chance hat, in Berlin zu sein. Denn heute gibt es schon wieder die anstehende Aufführung eines Eisenhüttenstadt-Films zu vermelden. Dabei handelt es sich um die Dokumentation "Bild aus hunderttausend Steinen", welche das DEFA-Studio für Populärwissenschaftliche Filme (aus dem 1966 auch der Animationsknaller "Schrubbi, der Bazillenschreck" auszog, die Leinwände der Tageskinos zu erobern) über die Arbeiten zum Mosaik "Unser neues Leben" im Foyer des Hauses der Parteien und Massenorganisationen von Eisenhüttenstadt drehte.
Solche Kurzfilme laufen natürlich nicht im Cubix am Alex sondern diesmal nicht weit davon in der Galerie am Palais am Festungsgraben 1, also im gleichen Gebäude, in dem sich auch die legendäre Tadschikische Teestube befindet. Krautpirrogen und Blinis statt Popcorn und Magnum heißt es im kulinarischen Begleitprogramm. Veranstalter der Filmvorführung ist übrigens - was nicht weiter überrascht - der Freundeskreis Walther Womacka e.V.. Die Termine sind der 22. Oktober, der 19. November und der 10. Dezember 2007 jeweils 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Unsere alten Künstler.
Besonders schön ist übrigens der Kommentar Ulrichs Clewings zu Womackas Bild "Am Strand", dass man eigentlich auch "Liebe 62" hätte nennen können, wenn nicht Michelangelo Antonionis Film L'Eclisse aus dem selben Jahr für den deutschen Verleih diesen Titel bekommen hätte:
"Auch wenn die Verhältnisse gegenwärtig aus den unterschiedlichsten Gründen nicht danach sind, so wird man dereinst nicht umhin kommen, die deutsche Kunstgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg in der gebotenen Unbefangenheit einer nachhaltigen Revision zu unterziehen. Dann wird man - dazu bedarf es keiner Prophetie - auch Womacka einen neuen Platz zuweisen."Mal sehen, ob der Kunst- und Architekturjournalist Ulrich Clewing mit seiner Formulierung in der Würdigung Walter Womackas zu dessen 75sten Geburtstag (FAZ 22.10.2000, BS 3) recht behält. Für Eisenhüttenstadt und die Ikonografie der Stadt ist das Werk Womackas in jedem Fall prägend gewesen, wie fast nichts anderes.
Besonders schön ist übrigens der Kommentar Ulrichs Clewings zu Womackas Bild "Am Strand", dass man eigentlich auch "Liebe 62" hätte nennen können, wenn nicht Michelangelo Antonionis Film L'Eclisse aus dem selben Jahr für den deutschen Verleih diesen Titel bekommen hätte:
"Man sieht ein junges Paar am Meer: Er liegt bäuchlings im Sand, schaut zu ihr hoch, sie kauert daneben, den Blick abgewandt. Nur ihre Fingerspitzen berühren sich - ob zärtlich oder in banger Unentschiedenheit, schwer zu sagen. Und obwohl Womacka darin der Kunstgeschichte seine Referenz erweist - die Haltung der beiden erinnert an Bilder von Gauguin, die Welle im Hintergrund an Courbet -, handelt es sich doch um ein Werk von luzider Zeitgenossenschaft. Der Ernst, der über der privaten Szene liegt, die Mischung von Zuneigung und Verlorenheit: Aus der gleichen psychologischen Gemengelage hat jemand wie Jean-Luc Godard damals einen abendfüllenden Film gemacht, "Au bout du souffle" mit der großartigen Jean Seberg und dem nicht minder faszinierenden Jean-Paul Belmondo in den Hauptrollen."
35a in 25a: Lunik der Film jetzt in den Tilsiter Lichtspielen
Wer den Lunik-Film nun auch in der Brotfabrik verpasst hat, hat ab jetzt die Möglichkeit, diesen in der gemütlichen Atmosphäre der Tilsiter Festspiele in der Berliner Richard-Sorge-Straße zu sehen. Hier die dazu gehörige Pressmeldung:
Ausgezeichnet mit einem Zuschauerpreis beim „achtung berlin“-Film Award 2007 im April, wird der 96-Minuten-Spielfilm „Lunik“, Regie: Gilbert Beronneau, erstmals im Programm der Tilsiter Lichtspiele in Friedrichshain gezeigt. Kinobetreiber Eckard Stüwe war an Produktion und Kamera beteiligt. Das Kneipenkino in der Richard-Sorge-Straße 25a (früher: Tilsiter Straße), wo in den 90er Jahren eigene Filme wie „Lethe 2014“ oder „Keine Gefangenen“ entstanden, gilt als das älteste in Betrieb befindliche Kino Berlins.
Gerade habe ich die Bedeutung des Wortes "Atzelwerk" gelernt und spare mir selbiges zugunsten eines Bildes vom Eingang des ehemaligen Hotels.
18.-24.10. 2007, jeweils 20 Uhr
Da ich gerade als Reaktion auf die grafische Neuausrichtung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mein FAZ-Archiv entrümpele, stoße ich dieser Tage auf so einige kleine Fundstücke, die ich nicht zu zitieren kaum in der Lage bin. So besuchten in dem Jahr, in dem das Schweinsohr (Gomphus clavatus) Pilz des Jahres war, Schüler aus Itzehoe, der Stadt in der Ende Oktober desselben Jahres das Orkantief Xylia einen Supermarkt zerstörte, Eisenhüttenstadt. Der Schüleraustausch zwischen dem dortigen Auguste-Viktoria-Schule und dem hiesigen Albert-Schweitzer-Gymnasiums wurde später in der Rubrik Jugend & Umwelt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ausgewertet, wobei ein Zitat einer Schülerin namens Laura Ballin besonders auffällt:
So formulierte die junge Besucherin aus dem Herzen Schleswig-Holsteins an der Peripherie Brandenburgs eine Empfindung, wie sie wenige Jahre zuvor in der gleichen Zeitung der Schriftsteller und ehemalige Richter Herbert Rosendorfer in seiner Besprechung von Tilo Köhlers Buch über die Stalinstadt als vielleicht nicht ganz untypische Ostwahrnehmung aus dem Südwestdeutschen formulierte:
Eine hübsche Stadt ist Eisenhüttenstadt keinesfalls. Das Schachbrett aus tristen Blocks und geraden, breiten Straßen gibt einem keine Geborgenheit. Alles ist gleich. Genauso langweilig wie die Struktur der Siedlung um das Eko-Stahlwerk ist das Angebot für Jugendliche. Neben Sportvereinen besucht man "Burger King" und "hängt dort ab". Für uns Besucher haben sich die Austauschpartner Mühe gegeben, daß wir uns nicht langweilen. Es hat sich gelohnt, eine neue, ganz andere Stadt kennenzulernen. (Bilanz der Begegnung: Beengte Verhältnisse kennengelernt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.12.1998 (Nr. 290) S. 82)
Die Stadt brachte es bis 1990 auf 52000 Einwohner und ist eines der Beispiele für unmenschliche Scheußlichkeit, die ein schönheitsverachtendes System hervorgebracht hat. Die Kunststadt (wobei der Begriff Kunst sich hier förmlich sträubt - Plastikstadt oder noch besser Plaste-Stadt wäre angemessener) hieß zunächst Stalinstadt und wurde, nachdem Stalins Name von seinen Nachfolgern in den Abort gespült worden war, 1961 in "Eisenhüttenstadt" umbenannt, das heißt, es wurde - nach sozialistischer Manier - verfügt, daß Eisenhüttenstadt nie Stalinstadt geheißen hat. (Rosendorfer, Herbert: Stalin-Babylon aus PlasteDem sollte man besser nicht viel mehr hinzufügen, als eine aus dem zusammenhang gerupfte Formulierung aus Martin Ebels Besprechung von Rosendorfers "Kadon, ehemaliger Gott":
Tilo Köhler zwischen Zeilen über Stadt und Land. Frankfurter Allgemeine Zeitung 14.02.1995 (Nr. 38) Seite 12)
"Kurzweilig" könnte man derartige Schnurren nennen.." (FAZ, 19.06.2001, S.50)Aber eigentlich vermutet man schlicht einen Mangel an Differenzierungsvermögen, der solcher stereotyper Plattitüdelei 1994 Eingang in die Zeitungsarchive bescherte. Oder vielleicht auch einfach nur eine tiefe Schlucht zwischen dem Schönheitssinn eines mehr oder weniger Bajuwaren und unserem. Aber vermerken möchte man ein solches Zitat in jedem Fall.
Großes Solo für Herbert.
Nicht alles war schlecht in Rosendorfers Besprechung von Tilo Köhlers zugegeben nicht sehr lesbaren Buch "Kohle zu Eisen - Eisen zu Brot". Zum Beispiel die Rechtschreibung. Oder der beinahe selbstkritische Halbsatz ". Zwar bin ich, als nie in der DDR gelebt habend, nicht geübt im Lesen zwischen den Zeilen..." In jedem Fall aber die damalige Entscheidung der FAZ-Redaktion, jemandem mit der Rezension zu beauftragen, der sich mit dem Gegenstand so offensichtlich nicht - jenseits grobschlächtiger Ressentiments - auskennt. Als Würdigung gibt es eine Fotografie zum Klischee: Jugend aus der öden Vorhölle in Ostbrandenburg auf dem Weg nach Westen.
Nicht alles war schlecht in Rosendorfers Besprechung von Tilo Köhlers zugegeben nicht sehr lesbaren Buch "Kohle zu Eisen - Eisen zu Brot". Zum Beispiel die Rechtschreibung. Oder der beinahe selbstkritische Halbsatz ". Zwar bin ich, als nie in der DDR gelebt habend, nicht geübt im Lesen zwischen den Zeilen..." In jedem Fall aber die damalige Entscheidung der FAZ-Redaktion, jemandem mit der Rezension zu beauftragen, der sich mit dem Gegenstand so offensichtlich nicht - jenseits grobschlächtiger Ressentiments - auskennt. Als Würdigung gibt es eine Fotografie zum Klischee: Jugend aus der öden Vorhölle in Ostbrandenburg auf dem Weg nach Westen.
Irgendwann im Jahre 1994 machte sich der Journalist Gerd Lobin für die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf, die damals noch recht neuen "neuen Bundesländer" mit dem Zug zu erkunden. Der D-"Zug der Tränen" zwischen Frankfurt/Main und Frankfurt/Oder fuhr zu diesem Zeit schon nicht mehr. Aber dass Ost und West zu diesem Zeitpunkt zumindest infrastrukturell noch zwei Welten waren, zeigt schon der erste Satz der am 02. September in der Rubrik "Deutschland und die Welt" abgedruckten Kurzreportage:
Dienstag vormittag im Hauptbahnhof Frankfurt (Main). Um 10.18 Uhr rollt der ICE 898 "Diamant" aus der Halle, er wird um 13.43 Uhr, nach knapp dreieinhalb Stunden, in Bremen ankommen. Um 10.19 verläßt der Interregio 2153 den Bahnhof, er wird um 17.32 Uhr in Berlin-Lichtenberg, nur wenige Kilometer weiter als Bremen, erwartet.Über den Daumen gepeilt erweist sich der Weg gen Osten drei Stunden länger, als der nach Norden. Gerd Lobin hat es dennoch gewagt und legte in Eisenhüttenstadt einen Zwischenhalt ein - der "Zug der Tränen" übrigens einst auch. Hier ist nun der Eindruck des Bahnreisenden, wobei es dahingehend eine kleine Eintrübung gibt, dass mindestens ein Fakt garantiert nicht der historischen Wahrheit entspricht:
Dann Eisenhüttenstadt, ein Musterort der früheren DDR, "erste sozialistische Stadt", in den fünfziger Jahren schon auf dem Reißbrett geplant und etappenweise zwischen dem Oderstädtchen Fürstenberg und dem Dörfchen Schönfließ angelegt, bei dem schon vor 150 Jahren Braunkohle abgebaut wurde. Eine Stadt, die Wohnen mit Arbeiten verbindet, deren Hauptstraße, mit breiten Fußgängersteigen und Grünanlagen vor neuerdings hinzugekommenen Ladenzeilen angelegt, direkt zum Werk führt. Sie heißt jetzt Lindenallee (früher Ernst-Thälmann-Allee). Eine Stadt für 50000 Menschen in Wohnquartieren mit durchgrünten Innenhöfen und 12000 Arbeitsplätzen im Kombinat. 4000 sind derzeit noch im EKO beschäftigt, aber sachkundige Bürger berichten, daß zahlreiche Zulieferbetriebe aus dem Kombinat ausgegliedert wurden und wohl an die 2000 Arbeitsplätze hinzugerechnet werden müßten. Dennoch werden die Wolken, die Eisenhüttenstadts Zukunft verdüstern, mit Sorgen betrachtet.
Wie Wolfsburg in den dreißiger Jahren am Mittellandkanal wurde auch Eisenhüttenstadt (ursprünglich Stalin-Stadt) wegen der Wasserwege an seinem Standort angelegt. Die Oder sicherte eine Nord-Süd-Verbindung zu den oberschlesischen Steinkohlerevieren und der Ostsee, der Oder-Spree-Kanal schafft Anschluß an die westlichen Wasserwege nach Berlin und quer durch Brandenburg, Niedersachsen und Westfalen bis zum Ruhrgebiet. "Erz aus der Sowjetrepublik wird mit Steinkohle aus Polen in der DDR zu hochwertigem Stahl verarbeitet", lautete damals die Devise. Nur: Da es zur Fertigstellung des Warmwalzwerkes nicht mehr kam, muß der Stahl zur Zeit vor der Endverarbeitung zur "Behandlung" nach Salzgitter und zurück transportiert werden.
(Lobin, Gerd: Vom Interregio in den Eilzug, von der S-Bahn in den Triebwagen. Eisenbahn-Rundreise durch die östlichen Bundesländer / Heute und gestern. In: Frankfurter Allegemeine Zeitung, Freitag 02.09.1994, Nr. 204 S.10)
Kommentare