Er [ein Zug] fuhr nach Eisenhüttenstadt, noch eine Stadt in meinem Alter. Aber bei ihr war das alter echt, sie war wirklich jung. Vor sechzig Jahren hatte es hier nur Felder und Wiesen gegeben; das würde bald wieder so sein. Der Kosmos, der nach dem Krieg um das neue Hüttenwerk und Stalinstadt herum entstanden war, hatte sich lange ausgedehnt und Siedlungsringe angesetzt, die gegen Ende immer liebloser und schäbiger geraten waren. Nun zog er sich wieder zusammen. Die Ringe, die niemand mehr brauchte, riss man ab.Eine anrührendere Beschreibung aus dem VII. Wohnkomplex in seinen letzten Wochen lässt sich in der zeitgenössischen deutschen Literatur nicht finden. Welchem Autor wir diese verdanken, möchte ich aber nicht gleich verraten, sondern stelle die zitierte Passage zur Rätselei in den virtuellen Raum. Wer weiß, wer's schrieb, hinterlässt bitte einen Kommentar.
Ich ging durch so ein aufgegebenes Viertel. Leere Blocks standen da, zugezurrt, geplündert, fertig zum Abriss. Hinter jeder versiegelten Tür war ein Geräusch. Ein Schlagen und Splittern. Ein Ratschen und Heulen. Ein lauter Knall. Es klang menschlich. Inmitten von Unkraut stand ich auf dem Platz zwischen den Häusern, eine Elster saß auf einer Teppichstange, und eine Weile glaubte ich, Kämpfe mit Trümmerstücken und Eisenstangen und anfeuernde Mädchenstimmen hinter den Türen zu hören. Ich brach eine von ihnen auf und tastete mich hinein, aber es war nichts Menschliches in den Häusern.
Es waren die Abrissblocks selbst, die Geräusche machten, sie schepperten und schlotterten. In den Treppenhäusern und Wohnungen schlugen die letzten dort verbliebenen Dinge gegeneinander. Lose Leitungen. Lampen. Baumelnde Rohre. Eingetretene Türblätter. Der Wind setzte sie in Bewegung. Er war im Haus, sonst niemand. ...
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#1
Ben
am
10/18/07 um 11:55
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