Dass wir gestern die Balkone der Stadt zum Gegenstand unseres Sommerbildfestes ausriefen und dass justament heute Janet Neiser in der Märkischen Oderzeitung auch über die schöne neue Balkonwelt der Gebäudewirtschaft berichtet, ist ein so amüsanter wie reiner Zufall. Weniger amüsant wirken jedoch ein paar der Zitate, die der obersten Gebäudewirtschafterin, Sabine Irmer, zuzuschreiben sind. Schon der erste Satz sorgt für mehr als ein sanftes Kräuseln auf der Stirn des Lesers:
"Neu sanierte Wohnungen werden zusätzlich mit Balkons aufgepeppt, besser geht´s doch gar nicht""What if this is as good as it gets?" - man möchte sich die Antwort auf diese Frage, die von Melvin Udall (Jack Nicholson) aus eben "Besser geht's nicht" geborgt ist, gar nicht ausmalen. Hier wird der Balkon in einer ans Blödsinnige grenzenden Drastik als Klimax des Wohnanspruchs verkauft. Das wäre nicht problematisch, wenn man die nicht in aller Augen attraktiven Vorbauten nicht unbedingt mitten in den Denkmalschutz geklotzt werden. Diese Planung ist in der Diehloer Straße natürlich genehmigt (""Die Baustruktur hier ist schon einfacher als die in der prunkvollen Pawlowallee", erklärt Irmer. Das heißt, hier zerstört eine nachträglich angebrachte Brüstung nach Meinung der Experten nicht die historische Gesamtkomposition.") und die Geschäftsführerin sieht sich nicht nur auf der sicheren Seite, sondern zudem in ihrem Fachverstand bestätigt.
"Sie selbst sei von Anfang überzeugt gewesen, dass auch ein Baudenkmal solche Veränderungen verträgt."Lustig ist zudem die Begründungsstrategie, welche besagt, dass die Personen, die aus den Abrissarealen ("Zuschuss zum Abriss von Wohngebäuden in Höhe von 60 €/qm abgerissene Wohnfläche bis zum Abriss im Jahr 2010" - sh. hier) der Stadt in die Blocks umgesiedelt werden, sich "zu 80 Prozent" - wie auch immer man dies feststellt - "in den Vorjahren an Balkonien gewöhnt" hätten. Aus diesem Grund - und weil es eben "peppig" ist - braucht man die Zubauten zu "300 000 Euro extra". Ungünstig ist dabei nur, dass viele von den an das Balkonlebensgefühl Gewöhnten bei den aktuellen Mietpreisen diese tollen Angebote wohl nicht wahrnehmen werden. Aber auch für sie hat die Gebäudewirtschaft die passende Lösung in der Tasche:
So ist der Wohnblock gegenüber vom Albert-Schweitzer-Gymnasium nicht mehr im Sanierungsprogramm vorgesehen. Der altert unberührt weiter, weil er in der denkmalfreien Zone liegt. "Außerdem sollen ja auch noch ein paar bezahlbare Wohnungen übrig bleiben", betont die Geschäftsführerin der Gebäudewirtschaft.Nicht ganz klar ist allerdings, wer in die sanierten, frisch balkonierten und, wie Sabine Irmer andeutet, unbezahlbaren Wohnungen ziehen wird...
Abgeschirmt.
Aber auch noch so rührige Versuche, sich das Licht die Sonnenseite ihres Lebens ein wenig einzuschatten, werden nicht verhindern können, dass die Bewohner dieser Balkone ihre blauen Schirme bald in der Diehloer Straße aufspannen. Oder entsorgen - je nachdem ob ihre Einkommensverhältnisse sie auf die östliche oder die westliche Seite der Stadtumbau-Umsiedler-Straße spülen.
Foto: komplex* bei flickr
Aber auch noch so rührige Versuche, sich das Licht die Sonnenseite ihres Lebens ein wenig einzuschatten, werden nicht verhindern können, dass die Bewohner dieser Balkone ihre blauen Schirme bald in der Diehloer Straße aufspannen. Oder entsorgen - je nachdem ob ihre Einkommensverhältnisse sie auf die östliche oder die westliche Seite der Stadtumbau-Umsiedler-Straße spülen.
Foto: komplex* bei flickr
Da wir gerade bei Eisenhüttenstädter Wohnkultur sind, hier noch ein Link auf eine thematisch passende Polizeimeldung in der Märkischen Allgemeinen, in der es u.a. darum geht, dass jemand aus den "bezahlbaren" Ecken der Stadt den Löffel abgeben musste: Badewanne übergelaufen