"Die einen finden es gut, wenn unsanierte Wohnungen weggerissen und stattdessen Altbauten im Stadtzentrum saniert werden, die anderen fordern nicht nur aus ideologischen Gründen den Abriss der "Bruchbuden aus Stalinzeiten" und schwören auf die Platte."
Die Märkische Oderzeitung versorgt heute ihre Leser mit einem Stimmungsbild aus dem innenstadtnahen Abrissgebiet in Eisenhüttenstadt: Angst vor dem Umzug im Alter
Von Außen gesehen, was meine Perspektive nun einmal ist, erscheint natürlich die Konzentration auf das Zentrum und die architektonische Vergangenheit der Stadt als die einzig sinnvolle Variante. Wirkliche Urbanität wird man sicherlich angesichts der Verkleinstädterung (und auch der gemeinhin so genannten "Überalterung") der Stadt nicht so bald in größerem Stil erzeugen können, die Ausdünnung des Kernstadtbereiches wirkt hier jedoch ganz bestimmt als Beschleuniger beim doch deutlich wahrnehmbaren Abbau von Stadtkultur.
Auch wenn man zwiespältig zum Aspekt der "Ersten Sozialistischen Stadt" steht - das daraus hervorgegangene städtebauliche Ensemble der frühen Wohnkomplexe ist das architektonische Alleinstellungsmerkmal der Stadt und damit auch eine wichtige Entwicklungsressource und dass man es nach wie vor relativ vernachlässigt halte ich für einen für die Stadt sehr ungünstigen Zustand.
Irgendwie, so ist nicht selten mein Empfinden, bricht in dieser häufig fast überzogen demonstrativ herausgestellten Ablehung der DDR-Vergangenheit ein ungesundes Minderwertigkeitsgefühl durch, dass man durch gewisse Formen von Nachahmung und Anpassung zu kompensieren versucht.
Fakt ist, dass es keine wirklich vergleichbare Stadt gibt, dass Eisenhüttenstadt ein Modell ist, welches, vom Ursprungsgedanken historisch quasi überholt wurde, wie fast kein anderer Ort in Deutschland (eine nach sozialistischen Leitbildern geplante primär auf Industrie orientierte Stadt inmitten einer postindustriellen kapitalistischen Gesellschaftsform). Gerade aus dieser Singularität heraus lässt sich, vielleicht besonders angesichts der offensichtlichen aktuellen Krisis des vermeintlich überlegenen Systems, ein interessantes Experimentierfeld für städtische wie auch gesellschaftliche Entwicklungen herausformen.
Natürlich kann man auch einfach sagen, dass der Versuch gescheitert ist, dass man sich dem Lauf der Dinge fügen muss und dass es einer natürlichen Entwicklung enstpricht, wenn die Stadt sich langsam ausstirbt, man sich also alle Mühe und Zukunftsplanung sparen kann und sich auf Sterbebegleitung und "Palliativplanung" beschränken sollte.
Persönlich fände ich dieses Szenario aber eher bedauerlich. Anstatt also die Besonderheit aufgrund ihrer vermeintlichen historisch begründeten Unhaltbarkeit - die ich so nicht sehe - verleugnen zu wollen, erscheint mir die Variante einer offensiven Annahme als sinnvoller.
Ein positives Selbstbewusstsein basierend auf einer realistischen Einschätzung der Vergangenheit, der gegenwärtigen Situation und der darin enthaltenen Entwicklungspotentiale wäre ein produktiver Startpunkt.
Zu spüren ist davon allerdings - leider - fast nichts, vielmehr bleibt es meist bei einer recht unangenehmen Mischung aus Resignation und Aktionismus, die die Stimmung prägt.
Ich bin gespannt - aus meiner Außenansicht heraus - ob sich hier in Zukunft etwas ändern wird/lässt. Falls ja. ist es sicher nicht unwahrscheinlich, dass sich dieses in den Beiträgen in diesem Weblog niederschlägt.