• Zur Suche springen
  • Zum Inhalt springen

Sonntag. Ein Deichlauf.

Weblog für eine alternative Stadtwahrnehmung

  • Blog
  • Beitragsarchiv
  • Informationen für Autoren
  • Stadtwiki
  • Impressum

Sonntag. Ein Deichlauf.

Geschrieben von
Ben
in Stadtgespräch
Dienstag, 11. April 2006
2 Kommentare

An sich benötigt ein Bericht aus den vordersten Sandsackwällen der Flut einer sorgfältigeren Bearbeitung, aber die Zeit drängt. Morgen bereits könnte das Thema angesichts der sinkenden Pegelstände schon nicht mehr aktuell sein, Torwartstreit und Klinik-Streit greifen auf der Agenda bereits mit härtesten Bandagen an und wer weiß, was der April noch bringt (bzw. will). Der Monat selbst, wenn man dem Sprichwortreservoir der deutschen Sprache folgt, jedenfalls nicht.


Die Anlegestelle am Bollwerk. Wer's nicht anders kennt, denkt so sei's normal. Ist es aber nicht. Das Wasser ist ein paar Meter höher als normal.

Bei Hochwasseralarmstufe III, die am Sonntag noch herrschte, sollten die Deichanlagen nicht mehr betreten werden. An normalen Tagen ist eine solche Warnung weitgehend überflüssig, so einsam fühlt sich der verirrte Wandersmann am Flussufer. Dank der Bekanntgabe der Warnstufe füllte sich das Areal mit einer solchen Menge gutgelaunten Menschen, wie sie sich die Schausteller auf dem Inselvorplatz ganz bestimmt für's Frühlingsfest herbeigesehnt hätten, wenn denn Wünsche helfen würden. Welch ein buntes Treiben herrschte zwischen Flut und Überschwemmungswiese! Die Hunde jagten die Wildgänse, dass es eine wahre Pracht war, die Kinder jagten die Hunde, die Eltern ihren Kindern hinterher und am Ende waren alle nass - so jedenfalls meine Fantasie. In der Realität waren natürlich alle recht sittsam und es wurde nur brav für Erinnerungsfotos posiert. 


Mir als ausgezeichnetem Oderflutveteran des Jahres 97 des letzten Jahrhunderts konnte das Dargebotene aber höchstens aufgrund der wunderbaren Friedlichkeit, die der nunmals massive - wenn auch längst nicht Mississippi-breite - Grenzfluss verströmte, ein schwachmütiges Seufzen entlocken, damals jedoch, wer erinnert sich nicht, stand uns das Wasser buchstäblich bis Oberkante Sandsack, wobei die Wehrlinie quasi auf ganzer Deichlinie von Ratzdorf bis nach Vogelsang verlief und der Marsch auf der Versorgungsstraße hinterm Hügel durch die Gewissheit, dass hinterm Erdwall Wasser zwei, drei Meter höher gestaut als der eigene Körper misst, mit voller Wucht in die Grasnarbe drückt, durchaus einen Hauch von Mulmigkeit ins Gepäck legte - besonders natürlich zur nächtlichen Stunde, untermalt mit den verzweifelten Schreien eingeschlossener Rehkitze und dem Arbeitslärm der Pumpen des THW.

Dagegen war der gemütliche Sonntagsspaziergang im Sonnenlicht letzten Sonntag nichts anderes als ein gemütlicher Sonntagsspaziergang im Sonnenlicht und die Idylle wurde eigentlich nur durch die anderen Sonntagsspaziergänger im Sonnenlicht und den etwas kühlen Wind, der manchmal durchs Fleecegewebe böete, getrübt. Von Katastrophe war - glücklicherweise - so wenig zu merken, wie vom Frühling selbst. Fast nichts.

Deichläufer bzw. andere Vertreter der Hochwasserüberwachungsorgane waren nicht zu entdecken bzw. hatten sich so gut getarnt, dass man sie nicht wahrnahm. Jedenfalls ging niemand dazwischen, als Rentner wie Jüngling das Absperrband der Polizei zur Seite nahmen,  um ihren weiblichen Begleitungen den Zugang zu Matsch, Schlamm und Strom zu ermöglichen.

Man musste am Sonntag schon etwas suchen, um Sandsäcke in Aktion zu finden. Ein paar liessen sich aber doch finden.

So konnte auch ich mir auf einem meiner seltenen, aber immer wieder angenehmen Ausflüge in die Heimat jenseits der Spree ein Bild von der Lage machen, bzw. sogar mehrere, die ich zu teilen mit den Lesern dieses Weblogs als ein höchst vergnügliches Geschehen empfinde, um die Sprache mal auf eine Stelze zu treiben, von der sie bestimmt nicht mehr unbeschadet herunter gelangt. Wir dürfen nie vergessen, dass wir aus einem Landstrich vollgepumpt mit Kleistscher Tradition stammen, was man im alltäglichen Umgang (Bäcker, Polizei, Frisör) mit der Sprache nicht in jedem Fall auf's Butterbrot geschmiert bekommt.

Da wir schon beim Bäcker sind: Was zu solchen Ereignissen, anlässlich derer sich innerhalb weniger Stunden mehr Laufkundschaft durch die Königsstraße flanierend sehen ließ als sonst im Monatsmittel, wieder gravierend vor Augen tritt, ist das Fehlen einer gehobenen Sonntagnachmittag-Gastronomie und wenn der Bäcker an der Ecke nicht ausnahmsweise geöffnet gewesen wäre und deswegen einen Zugang zu Nasch--, Back- und Tortenwerk ermöglicht hätte - die auch in Berlin nicht gerade leicht zu befriedigende Sehnsucht nach dem Kaffeehaus mit Sacherstück und Assam Tee hätte in ihrer Übersteigerung des Verlangens das Naturerleben doch gleich wieder relativiert. So blieb alles im Rahmen und der Nachmittag ein wunderschönes, stilles und gemütliches Ereignis, dass übrigens, so kennt man es von anderen Stunden, auch ohne hohe Wasserführung ein kontemplativer Genuss ersten Ranges sein kann.

Hier nun noch der versprochene Bilderreigen:

Was immer auch geschehen mag: Sand liegt bereit am Hamburger Deich.
Bis hierher und nicht weiter: es sei denn man ist ein guter Limbotänzer oder steigt halt einfach übers Absperrband. Zum Schutz der Deiche gilt allerdings völlig zu recht: Bitte wirklich nicht betreten!
Stolz thront sie droben und harrt der Fluten: die Fürstenberger Stadtkirche nebst Kiez.
"Bridge over troubled waters": Allerdings ist es hier nur die fast übertriebene Idylle, die an Simon und Garfunkel denken lässt.

Wer übrigens etwas genauer wissen möchte, was da eigentlich regelmäßig vom Wasser bedrängt wird, kann sich einen schönen ersten Überblick zur Geschichte Fürstenbergs auf dieser Website verschaffen.

Tags für diesen Artikel: , flut, fotografie, , hochwasser,
Artikel mit ähnlichen Themen:
  • Zum 65. Stadtgeburtstag: Das Dokumentationszentrum zeigt Christine Kisorsys Lunik-Fotografien.
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks
Kommentare
Ansicht der Kommentare: (Linear | Verschachtelt)
#1 wieland am 04/12/06 um 10:28 [Antwort]
Kommentar (1)
#2 Ben am 04/12/06 um 10:49 [Antwort]
Kommentar (1)
Kommentar schreiben
Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.
Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

BBCode-Formatierung erlaubt
 
   
 

Themen

abriss Andi Leser ansichtskarte Architektur bahnhof berlin blog DDR eko Erinnerung flickr fotografie Graffiti Internet Kinder der Stadt kultur Kunst Kurz notiert lindenallee lokalpolitik moz plattenbau presse Pressespiegel Rainer Werner Sonstiges Stadtbild Stadtentwicklung stadtfest Stadtgeschichte Stadtumbau stadtumbau ost Stalinstadt Theorie unsinn Veranstaltungen weblog wirtschaftsentwicklung Wohnkomplex V wohnkomplex vi Wohnkomplex VII Zukunft

Kategorien

  • Devotionalien (26)
  • Postkarte nach Ehst. (10)
  • Exil (15)
  • Internet (53)
  • Kinder der Stadt (17)
  • Lindenallee (32)
  • Pressespiegel (101)
  • Kurz notiert (26)
  • Sonstiges (195)
  • Sport (14)
  • Stadtbild (174)
  • Stadtgeschichte (30)
  • Theorie (44)
  • Umland (6)
  • Veranstaltungen (55)

Alle Kategorien

Kommentare

wieland zu
Mo, 04.11.2013 17:42
Hallo Ben, i ch finde Deinen Vorschlag für ein Schil [...]Kommentar (1)
Ben zu Der kurze Weg zur Schule. Ein Fundfoto von irgendwo.
Do, 16.05.2013 23:26
Die Vermutung l iegt nah, ist a ber leider nich t zutreff [...]Kommentar (1)
Wollenberg zu Der kurze Weg zur Schule. Ein Fundfoto von irgendwo.
Do, 16.05.2013 22:09
Das Foto Der k urze Weg zur Sc hule wurde in Eisenhütt [...]Kommentare ()
Hans Joachim Stephan zu
Do, 17.01.2013 14:20
Sehr geehrte Da men und Herren, sehr bedauerl ich, welc [...]Kommentare ()

WWW

Web 1.0
Eisenhüttenstadt.de
Tourismusverein Oder-Region Eisenhüttenstadt e.V.
Dokumentationszentrum zur Alltagskultur der DDR


Märkische Oderzeitung Eisenhüttenstadt
Blickpunkt - Ausgabe Eisenhüttenstadt
Oder-Spree Fernsehen
Oder-Neiße-Journal
Royal-Rangers Stamm 329 (Pfadfinder)

Web 2.0
ehst-twitter
wiki.huettenstadt.de

ehst-Facebook
Irre Führung Ehst.
eisen.huettenstadt.de feedburner

ehst.delicious - Bookmarkliste
FlickrGroup Eisenhüttenstadt
Seen | Eisenhüttenstadt
Logbuch Eisenhüttenstadt
urbanistiques ehst
blog.planverfasser.com (Eisenhüttenstadt/Cottbus)


Nachbarn
Hauptstadtblog
Deutschlandpuls
Kunst am Wege
Frau Indica
Freestland
sovietpostcards.net
Die Liebe und die Sowjetmacht
Terra Poetica
Photoblog Dunaújváros

Wichtige Seiten
Notfallseelsorge Landkreis Oder-Spree
lustige Videos
/usr/local/bin sei smart - nutze Linux!
Verhütung

Webdesign, CMS und Onlineshop?
Webdesign Eisenhüttenstadt
Wohnungen
Singles aus Eisenhüttenstadt
Branchenbuch Eisenhüttenstadt
Raus aus Hütte. Auf nach Paris.

Shopping-Tipps
Möbelkauf in Eisenhüttenstadt
Leuchten & Lampen
Einbauküchen kaufen
Möbeldiscounter in Eisenhüttenstadt
Seniorenbedarf
Heimwerkerfachmarkt in Eisenhüttenstadt
Lagertechnik und Lagerlogistik
Sehenswürdigkeiten & Souvenirs aus Berlin

Empfehlungen

Login für Autoren

Passwort vergessen?

Bookmarks

laemmy.net

BlogCounter.de - kostenloser Counter für Weblogs

Lizenz

Creative Commons License - Some Rights Reserved
Der Inhalt dieses Werkes ist lizensiert unter der Creative Commons Lizenz

  • Webdesign Eisenhüttenstadt
XML RSS-Feed twitter Twitter
Powered by s9y & Optional Necessity