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Eisenhüttenstadt Blog

Weblog für eine alternative Stadtwahrnehmung

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Geschrieben von
Ben
in Kinder der Stadt, Stadtgeschichte
Dienstag, 15. August 2006
3 Kommentare

Medien aller Typen vereinigt euch! Wenigstens im Bereich der Sozialen Software funktioniert dieser hehre Anspruch ein bisschen, wie z.B. der eingebettete Flickr-Button rechts in der Seitenleiste wenigstens all denen zeigt, die das entsprechende Flash-PlugIn installiert und aktiviert haben. Dies bringt Farbe in die Eisenhüttenstadt-Blogosphäre und wenn man ein bisschen rumklickt auch in die jüngere Stadtkulturgeschichte. Kollege X* ist es nämlich mit seinen X*-Files zu verdanken, dass wir nun einige Schlüsselbilder des Eisenhüttenstädter Graffitibooms zu sehen bekommen, die noch vor der allseitigen Verfügbarkeit von Digitalfotografie entstanden und selbst, vergänglich wie die Schmierfinkerei nun mal ist, heutzutage bestenfalls noch in Rudimenten anzutreffen sind.


So finden wir zum Beispiel diese Aufnahme eines Schriftzuges:

Astoor. Eisenhüttenstadt

bei dem der junger (Kletter)Künstler sein Pseudonym leider verkehrt (nämlich mit einem zusätzlichen "o") schrieb. Astor war, ist und bleibt vermutlich einer der wenigen ernstzunehmende Einzel-Writer, die es in der kurzen städtischen Graffitigeschichte jemals gab. Nun, so könnte man einwenden, Matthias Steier hat doch jüngst einen Giebel noch viel heftiger mit einem Eisapfel verziert. Das zählt allerdings nicht, da hier grundverschiedene Ausführungsmodalitäten vorlagen. Asto(o)r hatte nur preisgünstigen Sprühlack und seine eigene Muskelkraft, Matthias Steier dagegen hochwertige Wandfarbe und sogar ein Gerüst. Auch ist die Grundaussage etwa verschieden, was eint, ist sicher der künstlerische Urtrieb der Selbstdarstellung. Hier erfüllte der himmelblaue Schriftzug seine Funktion sehr gut, denn direkt zur Bahnlinie gen Cottbus angebracht, nahm jeder herausschauende Reisende einen Eindruck vom Ausdruck mit sich und Astors Ruhm hallte ihm bis zur Endhaltestelle des RE 1 in der Lausitz voraus. Die Aufnahme entstand zwei Jahre nach dem Bild und in der Zwischenzeit hatten andere Malartisten dem astorischen Beispiel nachgeeifert, und ebenfalls ihre Signaturen, wenn auch nicht ganz so kunstfertig, dem Ensemble beigefügt. Große und bekannte Namen sind jedoch nicht darunter.

Astor - Güterbahnhof Fürstenberg

Das zweite Bild, hier dokumentiert mit stilvoll sprühlackbesprenkeltem Objektiv, enthält zur eigentlichen Namensdarstellung auch ein schönes, comic-haftes Nebenelement, in dem sich, so vermutet man, der im Anonymen tätige Künstler erstmals auch ein Gesicht geben wollte. Zur Vereitelung einer möglichen Strafverfolgung werden solche Darstellungen in der Sprüherszene allerdings häufig verfremdet, eine präzise Indentifikation ist daher auch in einer direkten Gegenüberstellung kaum möglich. Hier wich man von dieser Praxis ab, d.h. der Urheber hat sich recht originalgetreu porträtiert. Erkennbar wäre dies jedoch nur geworden, wenn man den Künstler mit heruntergelassenen Hosen aufgegriffen hätte.
Die Überführung wäre also nur über das Einschleusen einer entsprechend motiviert vorgehenden V-Frau der Kriminalpolizei möglich gewesen - so extrem hat der Bursche dann aber doch nicht Wand+Boden gestaltet, als dass man hier eine vorzugsweise junge Beamtin solchen Belastungen aussetzen hätte dürfen. (vgl. zu ähnlichem Vorgehen in anderen Zusammenhängen den Film "Kiezgeschichten" aus der beliebten Berliner Untergrund-Filmserie "Avantgarde Extreme"). Entsprechend blieb der kleine Anhaltspunkt unverfolgt und der Hosenstall verschlossen. Reste des Werkes sind, wenn mich nicht alles täuscht, noch immer am aktiv demolierten und passiv vernachlässigten Güterabfertigungsgebäude an der Eisenbahnstraße zu entdecken, das am Anfang der 1990er zwischenzeitlich auch als Restpostenverkaufsstelle genutzt wurde. Eine verbeulte Dose Ananaskompott für 40 Pfennig erscheint vor dem verschleierten Auge meiner Erinnerung. Später wurde das Objekt von der Firma GUT - Gleis und Tiefbau als Lagerort gebraucht, bis diese auf ein jenseits der Geleise liegende Grundstück zog. Aber auch dort ging es nicht gut, sondern nur in die Pleite, wobei dieses Firmenschicksal nur exemplarisch für das wenige Gedeih und den vielen Verderb im ostdeutschen Bauwesen steht.

Solche Themen wurden und werden jedoch im Eisenhüttenstädter Graffitigeschehen allerdings nahezu gar nicht reflektiert und einzig als das plötzliche Freiwerden toll gelegener Malgründe erfasst, was man bedauern kann. Man muss es aber nicht, denn jede Szene hat ihre eigenen Normen, Gesetze und legitime Inhalte, wobei gesellschaftspolitische und sozial-ökonomische Fragestellungen in der Regel gegenüber den beliebten "Schaut her! Ich bin ein ganzer Kerl!"-Motivationen in den Hintergrund treten...

Wer denkt, dass sich die Reichweite des in den Flickr-Bildern dargestellten Ausdruckswillens nur auf periphere Stadträume wie Bahnanlagen begrenzen lässt, der irrt. Auch innerstädtische Zonen wurden in den Farbauftrag einbezogen:

Astor-Straße der Republik

Auch hier erinnert man sich an die schon längst geschlossene Filiale des Drogeriediscounters "Rossmann", der das letzte Leben in einer Räumlichkeit des ehemaligen Hotels Lunik darstellte. Mit ihm ging hier das Licht dann endgültig aus und es wäre schon an der Grenze zu einem Wunder, wenn in der Lunik-Küche, die in auch diesen dreiseitig verglasten Teil des Vorzeigerestaurants die Gäste mit Wildbrät und Kroketten versorgte, jemals wieder der Gashahn aufgedreht wird.
Den Silberstreif gab es hier schon damals nicht mehr am Horizont, bestenfalls diesen Silberstreich auf Kniehöhe. Nicht das überzeugenste Bild des Farbästheten, aber ein wichtiges, denn mit solchen Arbeiten im Zentrum konnte er sich endlich der Aufmerksamkeit von Innenstadtbevölkerung und Polizeikommissariat sicher sein.

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Astor noch keine Szene, aber ein Willi Astor ein paar Witze und ein Tom Astor countrybehauchte Schlagerei. Unser Stadt-Astor dagegen hat immerhin so gemalt, wie keiner vor ihm und auch keiner nach ihm (und keiner neben ihm) und eine Graffitihistorie der Stahlstadt kommt um diesen Nahmen nicht herum. Sein Einfluss schleppte sich später eine Zeit lang in den Chromsilberwerken seiner etwas radikaleren Nachfolger weiter, heute jedoch ist er schon fast vergessen. Zum Glück nicht verraten und verkauft. Und da er nun seinen Platz im kulturellen Digitalarchiv der Eisenhüttenstadt gefunden hat, wird sein Bild nie mehr nicht verblassen und hier weiter leben, so lange es diesen Server gibt.

Tags für diesen Artikel: astor, , flickr, graffiti, graffitigeschichte, Kinder der Stadt, Stadtgeschichte
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#1 Anonym am 11/22/06 um 12:25 [Antwort]
Wie kann man sich einloggen? Warum sind die ASTOR Bilder nicht mehr dargestellt?
Kommentare (2)
#2 Ben am 11/22/06 um 04:08 [Antwort]
Kommentar (1)
#3 Anonym am 04/27/10 um 04:32 [Antwort]
Kommentare (2)
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