Holterdipolter und doch beinahe unbemerkt hat sich der kalendarische Sommeranfang des Jahres 2006 in unser fußballbegeistertes Laissez faire-Erleben geschoben. An der Bahnstation Berlin Friedrichstraße herrscht dank der Klosi-Poldi-Show bis in den späten Abend bierselige Oberkörperfreikultur und der Besucher badet in einer Wolke aus herbem Bierdunst und deftigem Männerschweiß. Allerorten herscht derart scharzrotgeiles (BILD) "Deutschland, Deutschland, Wir sind Weltmeister"-Herumgegröhle durch die Schallräume, dass man sich zum Achtelfinale fast zwangsläufig auf die Seite der "Isch libbe Disch - ZLLLLLLATAN IBRAHIMOVICH" skandierenden Schwedenfraktion schlagen möchte, die immerhin beim Ausbrüllen vor dem Rauschausschlafen im Gegensatz zu den so furchtbar geifernden wie bauchdeckentätowierten deutschen Vorstadtboys noch possierlich jovial vor sich hin grinst. 2004 hieß es übrigens etwa zu dieser Zeit des Jahres in BILD, dem Fachorgan für Bügelkunde: HEUTE LETTEN PLÄTTEN! Bobic & Kuranyi - nehmt sie in die Mangel!, was die beiden Nationalmannschaftsaussteiger beim 0:0 eben exakt so umsetzten, wie Junggesellen halt zu bügeln verstehen. Damals wurde übrigens im gleichen Journal der King "Mittelfußbruch" Rooney ("Bier & Burger machten ihn stark") mit König "Welcome zu Futsball" Pelé verglichen, was auch schon mal mit Ronaldo geschah, den allerdings die Rooneysche Ernährungspraxis nicht stark sondern eher niedlich hummel-pummelig werden ließ und somit aus der Riege der Pelé-Prinzen vermutlich entgültig disqualifizierte. Nun hat der etwas zwinkrige Berufszyniker Harald Schmidt sein Ronaldo-Gaudi an Waldis WM-Stammtisch: "Er erinnert mich ein wenig an den späten Toni Polster." (Sendung vom 13. Juni).
Die Welt ist im späten Juni 2006 ähnlich rund wie im fortgeschrittenen Juni 2004, vielleicht sogar angesichts der bunten BILD-Schlagzeile des Tages "Salto-Sieg Deutschland steht Kopf" etwas runder. Das klingt doch ganz anders als die Fußballschlagzeile in der rotweißen Straßenzeitung von Ende Juni 2004: "Kommt bloß nicht nach Hause, Jungs!" Die Realität sieht heute so aus, dass die Jungs in Berlins Mitte einerseits "Kopfstehen" (oder "-liegen") bzw. an Eck und Pfeiler brechend, hechelnd, rülpsend lehnen und andererseits - warum auch immer - die 2004er Maxime beherzigen und so vermutlich heute nicht mehr nach Hause kommen (bzw. finden).
Um das anstehende kalendarische Großereignis zu würdigen, knall ich zur frühen Morgenstund' ein rundes Foto-Sommermotiv, aufgenommen im Juni 2004 in der Fußballmetropole Eisenhüttenstadt, zwischen die Pfosten unseres kleinen Blogs und wünsche allen unseren Lesern und Schreibern eine heißblütige Jahresmitte.
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