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Eisenhüttenstadt Blog

Weblog für eine alternative Stadtwahrnehmung

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Die Suche nach "diehloer" ergab 34 Treffer:

Geschrieben von
Ben
in Stadtbild
Montag, 29. September 2008
2 Kommentare

...
Schattenreich am Eck: der bronzene Diskuswerfer von Gerhard Geyer (1907-1989) in der Diehloer Straße.

Eine weitere Sicht auf die Arbeit haben wir hier.


Geschrieben von
Ben
in Sonstiges
Sonntag, 28. September 2008
3 Kommentare

Neulich Abend saß ich mit meinem Blogkollegen Andi Leser im so weißen wie kunstledernen Polstermöbel einer Eisenhüttenstädter Gastwirtschaft eingesunken und da selbige dafür bekannt ist, Fast Food sehr slow zu servieren, erwuchs sich die heimelige Atmosphäre der Schenke für uns erwartungsnah zum Thomas Bernhard`schen Bräunerhof und weniger zum Trotzkistischen Central, denn einerseits hatten wir kein Schachbrett dabei und andererseits stand uns der Sinn nicht nach der Frage "Kapitalismus oder Sozialismus?", sondern mehr nach naturgemäß fortwährend nichts anderem als Keller (Gottfried), Atem (jetzt am Abend deutlich als neblige Spur vor Nase, Mund und Nüstern sichtbar) in der Kälte und der Ursache (aktuell Hoch Fody aus dem Nordatlantik, welches, so der letzte Informationsstand, von einem Gastronomen aus dem schönen Ketsch, das nahe der Stelle gelegen ist, an der der Kraichbach in den Rhein fließt und das allen Angelfreunden der Rhein-Neckar-Region durch das Ketscher Fischerstechen bzw. wenn es schief geht Fischer-erstechen am Baggersee als ein fester Termin zwischen den Fischzügen gilt, gesponsert wird.).

Nebenbei wurde an einem der Nebenbeistelltische rührend und schüttelnd mit Caipirinha im kleinen Kreis ein Geburtstag begangen und im Hintergrund medleyte sich die Popmusikgeschichte der 80er Jahre des 20sten Jahrhunderts in einem alles zu einem rhythmischen Einheitsbrei verrührenden Beat gerade laut genug, um noch die Gespräche am Nebentisch hörbar zu belassen, durch das Magistrallokal. Natürlich hatten wir gleich die dort aushängende BILD-Zeitung am Haken und am Wickel, fanden bei unserer Blattkritik aber leider nicht soviel Positives wie neulich der Vizecanceler Franz-Walter Steinmeier. Allerdings stellten wir besonders im Bereich "Vermischte Meldungen" fest, dass Daniil Charms durchaus Spuren im deutschen "Journalismus" hinterlassen hat. Hier eine Kostprobe als Mischwesen:

"Türkei: Minarett erschlägt Mann. Ein einstürzendes Minarett hat in Istanbul einen Mann unter sich begraben und getötet. Der Turm war bei Sturmböen eingeknickt und auf ein Kaffeehaus gestürzt.Der Hut flog über der Hühnerstall und fiel in die Kletten. Das ist eigentlich alles."

Selbst eingefleischte Kenner der Zeitung werden bei dieser erweiterten Meldung kaum einen Unterschied zwischen redaktioneller und Charms-Offensive feststellen können. Der Informationswert ist in etwa der von: Pelz.

Begeistert hat uns dagegen die Überschrift "Jedes Land ist so schön wie seine Menschen..." und Robert Gernhardts wundervolles Gedicht über einen Sonntag in Lübeck am geistigen Ohr ("Wie sie kauend durch die Straßen schieben! - Du musst diese Menschen nicht lieben.") wussten wir genau, was BILD damit meint. Schneewitchen und Jedermann (Cosma Shiva Hagen und Clemens Schick): das sind Deutschland nach dem BILD-Jury-Ranking die führenden Vertreter der hundert schönsten Staatsbürger, die die deutschen Landsleute gegen "unangenehmes Äußeres", "Erfolglosigkeit" und "bescheidenes Auftreten" versichern. ("Wie sie gekleidet sind, die Ungeschlachten! - Du mußt diese Menschen nicht achten.") Kein schöner Land, außer vielleicht am Sonntag in Lübeck: "Wie erfreulich es wär, wenn sie weniger wögen! - Du musst diese Menschen nicht mögen."

Und die Mörder hierzulande möchten gern von Maria Furtwängler (Schaupielerin, natürlich und erfolgreich) verhaftet werden. (wirklich: "Als Mörder will man von ihr verhaftet werden...") Es wäre interessant zu wissen, welches Mitglied der BILD-Jury dies nachzufühlen versteht.
Manfred Krug in BILD (bzw. dort zitiert aus dem Fachblatt "Für Sie") zum Thema:

„Eigentlich stelle ich mir gern vor, dass ich alles kann. Aber wissen Sie, wie schwer ein Krimi ist?“ Der perfekte Mord sei für ihn sowieso kein Thema, sagte Krug. „Wenn ich morden würde, dann geschähe es spontan, ohne Plan.“

Wir wissen nicht, wie schwer ein Krimi ist, aber zu Sarah Connor, Bravo-Otto-Preisträgerin in Bronze 2008, steht als BU (Bildunterschrift): "Je älter sie wird, desto weniger trägt sie." Krimis dann wohl nicht mehr. Und die Mär, dass einer eher des anderen als die eigene Last trage, erinnerte uns daran, dass es in der DDR-Kindheit auch ein Idealbild gab, nämlich das der Jungen Pioniere, welches besagte, als Timurdienst solle man ruhig mal alten Damen die Einkäufe in den fünften Stock hinauftragen. Ausgenommen sind natürlich solche, die Paterre wohnen. Ein einziger Versuch in der Rosenstraße, der bei Malzkaffee und Kuchen und Schimpfe zuhause wegen zu spätem Heimkommen endete, so die Sage, blieb eine bittersüße Erfahrung zwischen Einkaufsnetz und Treppenabsatz.

Damit war die Blattkritik der Zeitung, die neckischerweise als offizielle Schriftart gern eine vielsagende Type namens "Neuzeit Grotesk" verwendet, für diesen Tag beendet. Gern griffen wir zur aktuellen Ausgabe von "Sinn und Form" auf der Zeitschriftenablage, um uns mit Peter Benders zeitgeschichtlichem Aufsatz eine zweite Meinung zu dem, was Deutschland ist, einzuholen, aber die gab es nicht. Sowohl als auch. Und überhaupt.

Also waren wir doch zum Gespräch gezwungen und da Andi Leser neben Majakowski bevorzugt Schotts Sammelsurium rezitiert, ging uns der Stoff, aus dem der Small Talk ist, nicht aus. Blöderweise rasselten wir gleichzeitig mit dem Thema Listen schnell in die Bande der Politik und fanden uns thematisch bei den brandenburgischen Kommunalwahlen ein.

Wie eine hohle Drohung, nämlich mit viel Resonanzraum, hing sich sofort die Frage gleich den Schwaden von Zigarettenrauch in Eckkneipen an die Decke (damals), unter der wir Eisenhüttenstädter zuweilen stecken: "Was spricht eigentlich dagegen, mal etwas über die morgigen Wahlen zu schreiben?"

Als wir gegen Morgengrauen (gefühlt) alle Gründe kurz benannt hatten und uns darauf einigten, wie immer und in bester Tradition mit der ganzen Laufhausgemeinschaft (vgl. Logbuch Stahlinstadt vom 26.09.2008) offen für die Kandidaten der Nationalen Front zu stimmen, warfen wir, die wir uns erst nach der aktuellen Zeitungslektüre politisch zureichend kompetent fühlten, forsch und mit Elan und fast schon zu spät einen scheuen, nahezu verschämten Blick auf die Ostbrandenburger Wahlkampfgruppen.

Siegreich vom Wahlschlachtfeld, so glaubten wir, würde sicher eine Partei, die einen doppelbödig zusammengezimmerten Spruch wie "Macht Kreuze, Christen" im Schilde führt, getragen, wäre dieser nicht nur eine schlichte Überschrift in der Evangelischen Wochenzeitung "Die Kirche" (nicht im Lokal erhältlich).

Das spontan eingeholte Stimmungsbild der Wahlwerbeplakatausstellung in der Diehloer Straße brachte jedoch ganz andere Überzeugungsversuche auf das Tapet: Die Christlich Soziale Union in Eisenhüttenstadt z.B. setzt weniger auf Kreuz-Appelle, sondern tritt zurückhaltend und elementar "für ein l(i)ebenswertes Eisenhüttenstadt" ein. Nicht, dass wir diese Stadt eines Tages hassen und sie uns mit Todessehnsucht tränkt! Dagegen kann man viel tun. So sei am Rande locker festgestellt, dass angesichts der Überplakatierung an den hiesigen Laternen folgender Gesichtspunkt aus dem CDU-Programm ein ganz akuter ist: "Die Überprüfung aller Verkehrs- und Hinweisschilder in unserer Stadt auf ihre Notwendigkeit." Gilt auch für Wahlhinweise.

Der Bürgerverband Oder-Spree tarnt sich dagegen als grüne alternative Liste 6 und wirbt mit seiner beeindruckend offenherzigen Unparteilichkeit: "Sind Sie in einer Partei? - Wir auch nicht!" Das trifft den Nagel, unter dem es den parteipolitisch Übersättigten brennt, natürlich auf den Kopf. Über die Qualifikation in puncto Einflussnahme auf die politische Willensbildung und der Durchsetzung von spezifischen Zielen im Gemeinwesen sagt der flotte Kurzdialog freilich nicht viel aus.

Die Linke hängt um die Ecke mit zwei schönen Postern in Rot und Schwarz(-Weiß), wobei Helga Böhnisch feststellt: "Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf", während sich Dagmar Püschel - fast analog zur l(i)ebenswerten CDU - "für ein kinderfreundliches Eisenhüttenstadt" ausspricht. Hier haben wir also einerseits die Definition einer Alltagserfahrung und andererseits ein nettes Leitbild. Nicht mitreißend, etwas farblos, aber dafür bedauerlicherweise zotenfest und kalauerimmun.

Der lokale Zweig der SPD dagegen stellt etwas anderes fest: "Hütte geht vor". Aber wann und wo? Wenn das Land am wirtschaftlichen Abgrund auf dem Vulkan tanzt? Oder versteckt sich hier schon Lokalchauvinismus: Wir sind besser als die anderen! Wir haben die Papierfabrik!? Oder erklingt hier Aufbruchsgeist: Wo die anderen noch zögern, stürmen wir schon längst voraus? Da hat der Wähler die unangenehme Wahl der Interpretation.

Für die, die überhaupt nicht gehen, sondern treu auf der eigenen Scholle bleiben wollen, verweisen die Republikaner nebenan darauf, dass man ihnen "der Heimat zuliebe" die Stimme geben sollte. BVB/50plus halten Mutter und Kind und ein grundständiges "Aus Verantwortung" dagegen. Heimatliebe oder Verantwortungsbewusstsein: für jede Seele in einer schweren Brust gibt es einen hehren Spruch.

Die überraschende Kampagne der NPD ("Mal was anderes wählen!") richtet sich schließlich offensichtlich an ihre Stammwähler, was unter diesen bestimmt für Verwirrung sorgt. Andererseits beeindruckt, wie hier offensiv zu Pluralismus und Demokratie aufgerufen wird.

Erschöpft von der rhetorischen Luminiszenz (Andi Lesers), dem Esprit der Texter und der luziden sowie mitreißenden Wahlwerbung quer über alle Parteigrenzen hinweg, fällt man schließlich auf die Parkbank nahe dem pionierhalstuchbindenden Mädchen von Herbert Burschik und lässt, noch ein nicht allzu lang zurückliegendes Gespräch mit Andi Leser über den literarischen Reiz von Nabokovs Lolita-Roman ("Das machen nur die Beine von Dolores..") im wummernden Hinterkopf aufwallen spürend, den Blick an den 114 cm Bronze auf- und abgleiten, als wäre es ein Sessellift und man selbst ein seit Kindesbeinen zum Wahnsinn begeisterter Skifahrer beim ersten Neuschnee des Jahres, um dann doch wieder in den Wahlsonntag zurück zu wanken, um im Geschnatter der Enten, die eine junge Familie nebenbei mit Brot bewirft, die Wahl zur Wahl zu fällen.
Ach Humbert, als wenn dies möglich wäre! Doch alles fließt am Fließ. "Wie sie durch ihre Stumpfheit entsetzen! - Du mußt diese Menschen nicht schätzen."
Am Ende summen die schnellen Botschaften einer nachhaltigen Politik mit ihren nachwachsenden Leerstoffen zwischen Parteien und Partei- und Dauerlosen schon auf dieser kurzen Wegstrecke zwischen Halbzeit und Rosenhügel wie ein halbes Dutzend verzweifelte Hornissen im August in einer dreiviertelleeren Limonadenflasche, die auf dem Fenstersims am Bungalow in der Kleingartenanlage vergessen wurde, durch die Frontallappen des unentschlossenen Eisenhüttenstädter Wechselwählers.

Doch wo die Entscheidungsnot am größten ist, pritscht der magische Aufschläger des Schicksals den Volleyball der Errettung mit festen Fingern über das Netz der Verlorenheit, denn glücklicherweise findet sich neben all den plakatierten Gesichtern und Appellen eine in ihrer Schlichtheit und Prägnanz derart beeindruckend formulierte Aussage, der wohl jeder, ob Anarchist oder Volksdeutscher, ob überparteilich oder untergebuttert, ob Bürger oder Bürgerin von ganzem Herzen zustimmen möchte und die die Frage, wofür man sich entscheidet, zu einer überflüssigen macht:

Ein Graus ist alle Theorie.

Der Praktiker wählt Praktiker,
Da ist zwar nicht die Taktik klar/
Aber im Falle eines Falles/
gibt's immer 20x1 Prozent: Auf alles!*

*Und wir als Kenner haben viel Ahnung/
und wissen: Immer außer Tiernahrung.

So der von uns als offizieller Wahlgesang herbeizitierte Protestwahlsong für den heutigen Wahlkürenritt.

Zu solchem furiosen Finale gehört natürlich der vierte Vers des etwas misanthropischen Lübecker Sonntags:

"Wie schafft man es nur, sie nicht zu hassen. - Da musst du dir etwas einfallen lassen."

Z.B. an einem sonnigen Sonntag mal nicht in Lübeck unter Menschen zu sein, sondern nach dem Gang ins Wahllokal auf dem Rosenhügel allein unter einem himmelweitem blauen Zelt an den späten Rosen stehen und tief durchatmen. Nur so als Vorschlag.
Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.


Geschrieben von
Ben
in Lindenallee
Sonntag, 3. August 2008
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"The shadow of the city injects its own
Urgency..." - John Ashbery
Wenn im Sommer die rote Sonne, begleitet von rosa Schönwetterwölkchen hinter den Diehloer Bergen versinkt, dann werden in Eisenhüttenstadt alle Katzen grau. Die Kontraste schwinden und Licht und Schatten verteilen sich in der Stadt überraschend anders als unter dem erbarmungslos harten Licht der Hochsommersonne, die zur Mittagszeit die Straßen der kleinen Stadt soweit als möglich von Passanten befreit. Beinah südlich liegt dann das Gewicht der Juli- oder Augusthitze zwischen den Wohnblöcken und frisst von den ungewässerten Rasenflächen erst das Grün und dann das Gras.

Nachts dagegen flimmert Leben in die Magistrale, wenigstens für ein paar Stunden, eingebettet in den orangenen Kunstlichtkegeln der Laternen.
Die Autos der Jugend werden lautstark aufgereiht, vor dem Friedrich-Wolf-Theater und dem Magnet. Es wird angesehen und ausgesehen und ausgestellt. Das Radio jedoch nicht immer und so drängt aus manchem Fahrzeug nachdrücklich und als oft, aber kaum gern gehörter Grundklang der Eisenhüttenstädter Juli- und August-Innenstadt, Bass an die Schlafzimmerfenster der Anwohner. Manchmal dazu die schrillen Dauerkampfansagen Berliner Jungs, welche in ihren Raps gegen eigenartige Schatten fechten, die sich selber zu werfen. Vom Mp3-Player erfährt man, wie es ist, sich dauerhaft bedroht zu sehen, vor allem im Selbstbild, und gern wird dies zu ernst genommen und in ostbrandenburger Kleinstadtmentalitäten reproduziert.

Dazwischen, auch übersehen und manchmal ebenso verloren, sammeln stille Menschen die vergessenen leeren Bierflaschen neben den Fahrzeugen und von den Gehwegen in die Transportkörbe ihrer Fahrräder: für jede Flasche druckt der Rücknahmeautomat im Kaufland immerhin acht Cent auf den Pfandbon und die sollte man nicht umkommen lassen. Auch wenn es mühselig ist und man manchmal nur Scherben findet. Es ist besser als nichts und wenn schon nicht das Glück auf der Straße liegt, so doch wenigstens das Brot für Morgen.

Sehr ruhig liegt dagegen das Rathaus am Ende der Magistrale in der Nacht und wird bis ein Armbreit vor Mitternacht aus in die Grünfläche davor eingelassenen Schweinwerfern angestrahlt. Wenn man sich die Zeit nimmt und auf der Bank an dem Brunnen, auf dem eine bronzene Mutter ihr bronzenes Kind am Abgrund balancieren lehrt, eine Weile lehnt und schaut, dann entdeckt man vielleicht, wie sich leichte, verschwimmende Schatten zwischen das Licht von Unten und die steinerne Leinwand der Fassade legen. Es sind die Schatten bestimmter Tage, die nachhallen. Ein Echo seltener Zusammentreffen. Eine weiche Spur von wundersamen Geschehen die sogleich wieder an uns vorüber und vergeht. Die Erinnerung, dass es, vor langer Zeit für uns Kinder in und aus dieser Stadt einen allumfassenden ,unglaublichen und unbestimmbaren Zauber gab.
In einigen, sehr außergewöhnlichen Momenten in manchen Sommernächten und nur für die, die geduldig genug sind, schwebt dieser Zauber für Sekunden in die Gegenwart hinein, um gleich wieder verloren zu gehen. Und übersehen zu werden.


Geschrieben von
Ben
in Sonstiges
Dienstag, 29. Juli 2008
1 Kommentar


Geht in der Sonne die Schöne vorbei,
Winke ich sie herbei?
Vorhaben wird Vorsatz.
Vorsatz wird Satz.

"Geht in der Sonne die Schöne vorbei,
Winke ich sie herbei."
Es ist ganz eigenartig: Jedes mal wenn ich an schönen Sommerabenden auf der wunderbaren Terrasse der sehr schönen Eisenhüttenstädter Stadtbibliothek, also mitten im Wortland stehe und der Blick von den Diehloer Höhen bis zu den Hochöfen über die Dächer der Planstadt wandert, überkommt mich in dieser Stunde der wahren Empfindung das Bedürfnis, etwas aus dem Frühwerk Peter Handkes zu lesen. Und davon inspiriert winke ich der Schönen hinunter, sie aber nicht herbei, denn die Bibliothek schließt bald, so dass sich ihr Aufstieg nicht mehr lohnen würde, und außerdem sieht sie ganz zufrieden und glücklich aus, so in den Arm ihres tätowierten Mannes geschlungen. Was sollte mich treiben, das Ende des Flanierens, ihres Flanierens, herbei führen zu wollen? Die Stunde, da wir nichts voneinander wußten, dehnt sich davon in die Zukunft und die Schöne schlendert ohne mich je gesehen zu haben, hier oben, fern und verborgen winkend, Hand in Hand die Magistrale hinunter. Wenn man später von dieser Minute sagen können wird, das war die Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, dann wünsche ich, dass diese Minute nicht vergeht und denn beiden da unten einen schönen gemeinsamen Weg in diesen Juliabend. Und schnell den Handke in die Hand:
He du an der Straßenecke: die Geschichte von der Einsamkeit des modernen Menschen...
Foto: e.i.h.ü.stiques bei Flickr

Geschrieben von
Ben
in Stadtbild
Freitag, 4. Juli 2008
Noch keine Kommentare

VII. Wohnkomplex | Quelle


Bahnhofstraße | Quelle


..
Diehloer Straße | Quelle
"Die Grenzen meiner Sprache sind die Mauern meiner Stadt."


Geschrieben von
Ben
in Devotionalien
Freitag, 11. April 2008
Noch keine Kommentare

Als bekanntermaßen passionierter Kartophilist konnte ich mich jüngst vor Freude kaum mehr im Zaume halten, als mir die Gunst einer glücklichen Stunde eine zwar etwas angestoßene aber nichtsdestotrotz sehr schöne Ansichtskarte auf das Resopal meines Frühstücksbrettchen wehte.
Und selbstverständlich komme ich umhin, diese nicht ganz alltägliche Exemplar auch hier in bündiger Form auf den Tisch zu legen. Als Motiv ist unschwer die 1960 als Nationales Aufbauwerk (NAW) von den Eisenhüttenstädtern im Schweiße ihres Feierabendangesichts in die Hänge der Diehloer Berge gegrabene Freilichtbühne zu erkennen, obschon eine derart durchblickende Aufnahme nach 48 Jahren Wildwuchs am Hang nicht mehr gelingen dürfte. Die Bühne ist aber immer noch bzw. wieder in respektablem Zustand, mittlerweile aber dort, wo die Kiefern im Sand sich vom Planstadtkahlschlag erhohlen konnten, etwas stärker beschattet.

Herausgegeben wurde die Karte im kleinen Ansichtskartenverlag Gebr. Garloff KG in Magdeburg und nicht etwa vom später die Ansichtskartenproduktion der DDR bis in jede Nische beherrschenden VEB Bild und Heimat. Der systematische Ansatz der Reichenbacher hatte allerdings den Vorteil, dass man von so ziemlich jedem Ort - und sei es noch so ein abgelegenes Nest - der Republik eine Motivkarte bekommen finden konnte. Die Gebr. Garloff haben sich in diesem Fall jedoch auf ein absolutes Motivhighlight in einer der Vorzeigestädte der frühen 1960er konzentriert.
Insofern ist es nur verständlich das die Karte im Besitz eines Manfreds gelangte, der diese in der Wilhelm-Pieck-Stadt Guben zum 8. Oktober 1963 (so der Poststempel) auf- oder in den Briefkasten gab und sie auf die Reise über Eisenhüttenstadt (Land) nach Vogelsang gehen lies. Die Botschaft ist für den uneingeweihten Mitleser nicht sonderlich spektakulär. Hier zeigt sich, dass in der DDR die Ansichtskarte als Kommunikationsmedium eine willkommene Alternative zum häufig nicht vorhandenen Telefon bzw. viel zu teuren Telegramm war. Für zwanzig Pfennig bekam man die Karte und für zehn Pfennig das Porto und damit wurde dann die Information übermittelt, dass Manfred am 17ten Oktober einen Termin in Berlin für eine "Ärztliche Untersuchung" bekommen hat und auf eine "Fahrangl." hofft. Das ist natürlich genug Stoff, um sich einen ganzen Roman dahinter zu denken, worauf ich mich an dieser Stelle aber nicht mich einzulassen gewillt bin.


Wenn man sich in den 1960ern schon mal bei der Freilichtbühne herumtreibt, ist es nur ein kleiner Bogen am Fuße des Bergs nach links auf den nächsten hinauf oder einfach obenherum durch den Wald und man gelangt zur HOG Berggaststätte "Dieloher Höhe", wobei das Wort "Berggaststätte" sich in der Schreibung durch seine Dopplung von "g" und "st" auszeichnet, die Karte jedoch ebenso wie die zur Freilichtbühne, durch ihre drucktechnische Herkunft. Als Herausgeber ist nämlich die PGH "Rotophot"-Werkstätten für Fototechnik in Bestensee bei Berlin angegeben. Leider wurde mit der Briefmarke auch die Jahresangabe entfernt, der Rest des Stempels gibt aber Auskunft darüber, dass sie an einem 13.07. in Eisenhüttenstadt in den Postverkehr gelangte. Aus dem zum Einsatz gekommenen Ortsnamen lässt sich demnach schließen, dass dies frühestens im Jahr 1962 geschah.

Ziel des herzlichen Grußes von einem Ausflug, bei dem in der Berggaststätte zu Mittag gegessen wurde, war die Riedeselstraße 23 in Darmstadt, zur der passend zum Standort der Gaststätte die Hügelstraße und die Sandstraße als nördliche Parallelstraßen verlaufen. Ganz verrückt wird es, wenn man bemerkt, dass die Empfängerin mit ihrem Nachnamen so heißt wie die südliche Parallelstraße der Riedeselstraße. Dass sie heute, ca. 45-50 Jahre nach Zustellung, noch dort wohnt ist eher unwahrscheinlich. Zu der Hausnummer gehört im Jahr 2008 in jedem Fall das Büro eines Diplom-Designers, der vielleicht auch der Ansichtskarte zum Mittagsmahl einen ganz anderen Schliff verpasst hätte. Mir gefällt sie aber so wie sie ist hervorragend und für den Blick auf das Wohnhochhaus gilt mittlerweile dasselbe wie oben für den Blick auf die Freilichtbühne: Er ist aus Gründen der Vegetation - in diesem Fall sogar sehr eng mit dem Objekt "Berggaststätte" - verwachsen.



Geschrieben von
Ben
in Stadtbild
Dienstag, 16. Oktober 2007
Noch keine Kommentare




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