Bevor ich mich ein paar Tage auf Reisen begebe und vermutlich mit anderen Dingen, als Eisenhüttenstadt-Blogging befasst bin, gibt es heute eine meiner absoluten Lieblingsansichtskarten zur Stadt:
Die Balkone ausgeschmückt, fast als wär WM: Eisenhüttenstadt im Frühling 1965.
"Liebe (ehemalige) Kolleginnen und Kollegen!
Recht viele Grüße aus Eisenhüttenstadt sendet euch G. Es ist alles noch ein bißschen fremd hier, aber Stadt und Umgebung gefallen mir ausgezeichnet. Grüße an alle Bekannten!"
"Liebe (ehemalige) Kolleginnen und Kollegen!
Recht viele Grüße aus Eisenhüttenstadt sendet euch G. Es ist alles noch ein bißschen fremd hier, aber Stadt und Umgebung gefallen mir ausgezeichnet. Grüße an alle Bekannten!"
So schreibt es die Neubürgerin G. der Diehloer Straße im Oktober 1965 an ihre verlassene Arbeitsbrigade in Calbe (Saale) und als Motiv hat sie sich eine der schönsten Ecken herausgegriffen, die die junge Stadt - damals im besten Konfirmantenalter - zu bieten hat: das Gartenfließ mit Durchblick auf den Höhenzug, der später als Rosenhügel eine der attraktivsten Parkanlagen der Stadt werden sollte.
Was den Betrachter, der mit der heutigen Situation rund um den Gartenfließteich vertraut ist, sofort auffällt, ist dass das kleine Gewässer völlig unbeschattet in der Sonne liegt. Die umgebenden Bäume sind zwar schon gepflanzt, aber eben um die 40 Jahre jünger als heute, so dass die Stadtenten - nicht auf dem Bild sichtbar - unter freiem Himmel ihr Entenleben führen konnten.
Was ebenfalls ins Auge fällt, ist, wie direkt die Stadt in freie Kulturlandschaft übergeht: die Gärtnerei hat den vorderen Hügelhang noch nicht erschlossen und an die sterbensöde Wohnanlage, die jetzt den Blick vom Fließ zum Berg so unangenehm beeinträchtigt, ist natürlich auch noch nicht zu denken. Was bereits steht, ist das wunderbare Hochhaus (links am Bildrand), welches im Zusammenspiel mit der Blockzeile am rechten Bildrand den Rahmen für den offenen Blick hinauf zu den sanft bewaldeten Kuppen bildet. Nach oben bleibt die Fotografie offen, während am unteren Bildrand das Wasser des Teiches über ein winziges Wehr aus dem Bild fließt.
Trotz des der Weite eröffneten Fokus' ist das Bild streng auf ein ganz bestimmtes Detail zentriert: die Kinder.
Die Brücke.
Aber was war das für ein Kontrast zu der in dem ergreifenden Film von Bernhard Wicki. Anders als Hans, Siggi, Walter, Karl und Klaus sollten diese Jungs eigentlich nie etwas mit Militarismus und Krieg zu tun haben, geschweige denn ihre Spielbrücke gegen eine Panzerarmee verteidigen, wobei der ursprüngliche Anspruch des jungen sozialistischen Staates schon nach dem 17. Juni durch die Einrichtung von Betriebskampfgruppen und ab 1962 durch das strikte allgemeine Wehrpflichtgesetz ad absurdum geführt wurde. Die Geschichte hat es glücklicherweise so eingefädelt, dass diese Militärverbände Zeit ihres Bestehens weder in Krieg noch Bürgerkrieg zogen. Das System hat es unglücklicherweise so eingerichtet, dass es dennoch zu nicht wenigen psychischen Verstümmelungen kam.
Aber was war das für ein Kontrast zu der in dem ergreifenden Film von Bernhard Wicki. Anders als Hans, Siggi, Walter, Karl und Klaus sollten diese Jungs eigentlich nie etwas mit Militarismus und Krieg zu tun haben, geschweige denn ihre Spielbrücke gegen eine Panzerarmee verteidigen, wobei der ursprüngliche Anspruch des jungen sozialistischen Staates schon nach dem 17. Juni durch die Einrichtung von Betriebskampfgruppen und ab 1962 durch das strikte allgemeine Wehrpflichtgesetz ad absurdum geführt wurde. Die Geschichte hat es glücklicherweise so eingefädelt, dass diese Militärverbände Zeit ihres Bestehens weder in Krieg noch Bürgerkrieg zogen. Das System hat es unglücklicherweise so eingerichtet, dass es dennoch zu nicht wenigen psychischen Verstümmelungen kam.
Wer die drei, die am Fließufer spielen, sind, verrät uns die Karte nicht. Aber dass sie eine symbolische Funktion erfüllen ist eindeutig: dem Empfänger der Karte sollte klar vor Augen treten, unter welch paradiesischen Bedingungen (kein Verkehr, keine Automobile, viel Licht, viel Grün, viel Frei- und Spielraum) Kinder in Eisenhüttenstadt aufwachsen können. Die Stadtraumarchitektur (Brücke, Laterne) ist leicht und zurückhaltend und doch verbindlich, die Bäume, nicht viel älter als die Kinder und die Grünflächen selbst strahlen Harmonie von Stadt und Umwelt aus.Dies alles vollzieht sich unter einem blauem bzw. leicht bewölktem Frühlingshimmel, wobei die Kleidung der Kinder auf eine angenehme Wetterlage schließen lässt.
Kein Wunder, dass es der Zuwanderin aus Calbe "ausgezeichnet gefällt" und sie war sicher nicht die einzige, die dem Charme dieser städtebaulich vielleicht am schönsten gelungenen Wohnumfeldsituation erlegen ist und sich für Eisenhüttenstadt entschied. Hier ließ man gern seine Kinder aufwachsen, hier hatten sie Platz, hier war es schön, hier lag die Zukunft des Gesellschaftprojektes DDR.
Das mit dem Platz stimmt nach wie vor, jedoch ist die Quartiersqualität für viele Bewohner der Stadt im frühen 21. Jahrhunderts anders als im mittleren 20sten nicht von vordringlicher Bedeutung. Heute geht es um bezahlte Arbeit und schön einrichten kann man es sich mit Geld auch anderswo, mitunter sogar schöner als hier. Denn die Bäume sind groß, die Kleinplastiken von Wind und Wetter patiniert und das Gartenfließ ein etwas angemoderter Seniorentreff mit zersplitterten Bierflaschen statt Goldfischen im Wasserlauf.
Canale Schande?
Na gut, Flickr-Kollege komplex* hat seine Aufnahme vor der Pflanzsaison gemacht und da das Fließ bislang jedes Frühjahr mit schönsten Blümereien ausgeschmückt wurde, ist davon auszugehen, dass dies auch anno 2007 so sein wird, auch wenn die gegenüberliegende Häuserzeile der Diehloer Straße mittlerweile weitgehend entvölkert ist.
Immerhin ist das Fließ noch stärker Grundbestandteil der Stadt als z.B. der Heimattiergarten und den hat man ja auch fast nicht aufgegeben...
Na gut, Flickr-Kollege komplex* hat seine Aufnahme vor der Pflanzsaison gemacht und da das Fließ bislang jedes Frühjahr mit schönsten Blümereien ausgeschmückt wurde, ist davon auszugehen, dass dies auch anno 2007 so sein wird, auch wenn die gegenüberliegende Häuserzeile der Diehloer Straße mittlerweile weitgehend entvölkert ist.
Immerhin ist das Fließ noch stärker Grundbestandteil der Stadt als z.B. der Heimattiergarten und den hat man ja auch fast nicht aufgegeben...
Damit harmoniert es ganz gut mit der restlichen Stadt. Wenn aber die älteren Stadtbewohner tatsächlich im Sommer ihre Enkel aus Berlin, Recklinghausen oder Kornwestheim während der Ferien so durch die Landschaft tollen lassen, wie es einst die Kinder auf der Postkarte taten, ist das nicht das Schlechteste. Dazu gilt es jedoch, die entsprechenden Bedingungen zu eralten. Denn mit den exquisiten Brückengeländern allein lockt man höchstens ein paar Architekturfreunde an.