Nun denn, der Newsflash Eisenhüttenstadt präsentiert heute kein Gewehr, aber Kupferdiebe und das Einzelhandelselend in der südlichen Lindenallee. Nicht nur Christel Jachning schätzt die nähere Zukunft der nominellen Haupteinkaufsstraße nicht unbedingt euphorisch ein. Ob sie schon ein Schaufenster mit "Bonjour Tristesse" ausdekoriert hat, kann ich leider nicht beurteilen. Und ich kann ebensowenig einschätzen, ob sie das Buch, aus dem die Passage unseres heutigen literarischen Rätsels stammt, welches allerdings - soviel sei verraten - diesmal nicht Dichtung sondern vielmehr Zeitdokument ist, im Regal parat hat:
"Mir bereitet es physisches Unbehagen, wenn ich durch die Stadt gehe - mit ihrer tristen Magistrale, mit Trockenplätzen zwischen den Häusern, wo Unterhosen und Windeln flattern, mit einer pedantischen und zudem unpraktischen Straßenführung, die die Erfindung des Autos ignoriert, mit Typenhäusern, Typenläden, in den man eben nur seinen Bedarf an Brot und Kohl deckt, mit Typenlokalen, die nach Durchgangsverkehr und Igelit riechen.
Ich sträube mich zu glauben, daß andere dies alles nicht sehen und als bedrückend empfinden. Wahrscheinlich lässt sich in den fertigen Wohnkomplexen nichts mehr korrigieren, aber es müßte doch mögliche sein, die Pläne für die nächsten Komplexe in irgendeiner Weise zu beeinflussen."
Und doch ist nicht jeder dem Charme der Eisenhüttenstädter Magistrale erlegen. Ist sie es aber auch, die in eine solch trostlose Beschreibung, wie es das obige Zitat darstellt, eingebettet wurde? Eigentlich kaum denkbar - aber man weiß ja nie...?
Die dazugehörigen Fragen lauten nun, wer es denn ist, der hier das Unbehagen an der sozialistischen Stadtstruktur in Worte kleidet, welche Stadt gemeint ist und vielleicht auch noch, aus welchem Jahr diese ausformulierte Empfindung stammt.
Und wenn wir schon einmal bei kniffligen Rätseln sind, so schiebe ich gleich noch einmal die Frage nach, von wem die folgende Überlegung stammt:
"Kann man nicht unsere sozialistische Heimat so gestalten, daß man nach ihren Städten Heimweh empfinden kann?" ...
Und wer auf die Frage nach dem Heimweh daselbst eine Antwort formulieren kann, sollte dies ebenfalls tun. Denn das ist eigentlich noch interessanter als irgendein Personenname aus der DDR-Architekturgeschichte...
Die beschriebene Stadt ist Hoyerswerda