Da der Reisewetterbericht für Varna Schattentemperaturen bis 40 °C vorhersagt, sind wir eigentlich ganz froh, dass es diesen Sommer für einen Schwarzmeerurlaub nicht reichte. So sitzen wir nun in den verdunkelten Schreibstuben entfalten unsere Studien-Fächer, fächeln, was das Zeug hält und lauschen dabei der - ein Kalauer für alle Faltfächer-Experten -
Piqué Dame. Dazu lesen wir - oder muss man sagen "echoloten" - wie besessen Walter Kempowski, da dieser frisch mit dem Literaturpreis der Eisenhüttenstädter Stahlstiftung (leider nicht mehr des EKOs, sondern des Unternehmens Arcelor-Mittal, dessen Doppelname keinen vernünftig formulierbaren Genitiv zulässt) ausgezeichnet wurde.
Vom literarischen Niveau schlägt Kempowski den Vorjahrespreisträger und tadelosen Literaturfuchs Wladimir Kaminer um Längen, ist also - festhalten auf dem Calembour-Karussell, tadellöser und Wolf - was uns als Anhänger hoher Sprachkunst die Auswahlentscheidung absolut begrüßen lässt. Nicht begrüßen und auch nicht gutheißen kann man den ekelhaften Satz, der dem Feuilletonisten der Märkischen Oderzeitung in
seinen Artikel rutschte:
Ob bei all dieser Aufmerksamkeit die schwere Krebserkrankung des Schriftstellers eine Rolle spielt, mag jeder für sich entscheiden.
Das ist schon sehr niedrig. Noch relativ (und vergleichsweise flutwellen-)hoch ist dagegen der Wasserspiegel im Schwarzen Luch, der beliebtesten Badegrube der Eisenhüttenstädter, über die der Lokalteil der Märkischen Oderzeitung
heute berichtet. Ob man in Badegrube wirklich legal badet, wenn man badet, ist nicht nämlich ganz geklärt:
"Baden war hier noch nie verboten", erklärt Brunhilde Güllmeister von "Püppi´s Imbiss".
Dieses Zitat wird übrigens nur in den Text gebaut, weil sowohl der Name der Frau vom Grill, den man auch prima bei Ottokar Domma vermuten könnte, wie auch der des Imbiss' grandios sind.
Badegast Stephen Fritsch zitiert dagegen etwas anderes, nämlich den klassischen Leitsatz aller Baggerseen: "Baden auf eigene Gefahr". Das Risiko scheint ihm und seinen Kumpels vertretbar und so wird ein Salto nach dem anderen dahingeplanscht.
Bootsvermieter Peter Schmidt hat auch nichts gegen das Baden in der Kiesgrube, die für manchen Betrunkenen in ihrer Vergangenheit auch schon zur Mördergrube wurde, solange es sich im Rahmen hält. Dieser wird von den Bojen markiert und so steht dann auf dem Hinweisschild:
"Das Baden außerhalb der Bojen ist strengstens verboten! Es besteht Lebensgefahr!"
Gebaggert wird an der Grube was den Kies angeht nicht mehr - die andere Form können wir mangels Besuchszeit nicht beurteilen, Janet Neiser erwähnt das Thema in ihrem Report jedenfalls nicht - und selbst vom nominellen Eigentümer der Großplansche nahe Vogelsang, den
Haniel Kieswerken, lässt sich nicht mal mehr eine gültige Telefonnummer, geschweige denn der aktuelle Eigentümer ausgraben.
Ist denn die Grube nun gemeinfrei und vor allem offiziell Schwimm- und Tauchgebiet für die Bagger-Beach Boys der Stadt?
Die Eisenhüttenstädter hat's eigentlich nie gekümmert und als Haniel noch die Bagger vor Ort hatte, gab es auch Sprungtürme, von denen - je nach Können - gehechtet, seemannsgeköppert oder einfach arschgebombt wurde. Die sind jetzt allerdings weg, was man laut Bericht vom Strandabfall nicht sagen kann. Denselben lässt der Eisenhüttenstädter
Circle in the Sand nämlich, wie das so Tradition ist, nach dem Motto "Ih, pah, 'nema mal nich mit", einfach zurück...
Am Ende des Artikels hat Janet Neiser dann aber überraschend doch noch eine verantwortliche Stelle ausgemacht:
Doch die Sache wird noch komplizierter, denn auch der Stadt Eisenhüttenstadt gehört laut Kataster- und Vermessungsamtes ein Stückchen des Strandes am Luch.
Im Rathaus hofft man nun ganz sicher, dass dieses Stück vom Glück am Strand nicht das Abfallablagerplatz ist.
Das Eisenhüttenstadt-Foto des Tages stammt, wie so oft, von unserem Lieblingsfotografen und ist überraschend ortsneutral ausgefallen:
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