Wer den Chopinring in Blankenfelde-Mahlow sucht, muss schon weit an den Mahlower Rand der Großgemeinde unweit Berlins fahren. Dort im wie so oft mehr aufgrund der Straßennamen denn der Berufsstruktur der Einwohnerschaft genannten Musikerviertel verbindet das kleine Stück Straße mit dem Namen des polnischen Nationalkomponisten die Richard-Wagner-Chaussee mit dem Mussorgskiweg. Was topographisch eine Petitesse darstellt, birgt musikgeschichtlich eine Sensation, der wir an dieser Stelle nicht nachgehen möchten. Die Erwähnung Mahlows, das der geneigte Musikfreund eventuell aus dem gleichnamigen kurzen Lied der Berliner Combo Sichtbeton kennt, ist in diesem Text nahezu unvermeidbar, da es auch beim auswendigstem Studium deutscher Straßenkarten nur dort und in Eisenhüttenstadt einen Chopinring zu entdecken und befahren gibt.
Chopinstraßen dagegen gibt es viele - von Cottbus bis Johanngeorgenstadt zeigt sich der Osten Deutschlands gut versorgt. Im westlichen Teil des Landes muss man schon nach Benrath oder nach Pasing reisen, um eine solche Straße zu durchwandern. Es fällt nebenbei auf, dass die Chopinstraßen und -ringe fast durchgängig allgemeine Wohngebietsstraßen zumeist am Rand der Städte sind. Auch die Chopinwege von Korschenbroich, Laichingen und Velten liegen mal so völlig jenseits der Ortsmitten. Fast wäre man geneigt, hier eine Würdigung der kleinen Töne zu vermuten. Aber dann erinnert man sich, dass das Flugzeug in Warschau mit fast Wagnerscher Dezibelität auf dem Flughafen Fryderyka Chopina aufsetzt...
Der Chopinring Eisenhüttenstadts durchringt zwar auch nur einen schnöden Plattenbau, befindet sich aber beinahe neben der Norm durchaus noch im städtischen Raum. Selbiger wird durch die dort vor nicht allzu langer Zeit vorgefertigte Promenade am Kanal sogar noch besser erschlossen. Die unmittelbaren Umgebungsstraßen - Inselblick und Nadelwehrring - geben für mögliche Bezugskonstruktion in ihrem Namen leider wenig her. Beide sind semantisch straff funktional gehalten: der erste beschreibt die Aussicht, der andere ein Wehr, von dem man abseits der Straßenbezeichnungsschilder wenig sieht.
Auf die Agenda des Eisenhüttenstadt-Blogs gelangt der Eisenhüttenstädter Chopinring einerseits aus der Überlegung heraus, dass der Oktober 2009 nicht der erste Monat seit drei Jahren sein soll, dem ein Post abgeht. Andererseits finden sich bei Flickr dieser Tage zwei Fotografien aus sehr ähnlicher Perspektive, die schlicht und einfach nichts anderes tun, als einen Zeitsprung von 34 Jahren durch den Chopinring zu vollführen.
Aufnahme eins datiert auf 1975 und wurde vom Fotografen komplex* bereitstellt.
Foto: komplex* auf flickr