"Fragt Sie jemand wie ich mich hier befinde, so sagen Sie: wie ein Fisch im Wasser. Oder vielmehr, sagen Sie den Leuten; daß, wenn im Meere ein Fisch den anderen nach seinem Befinden fragt, so antwortet dieser: ich befinde mich wie Heine in Paris."So schrieb es Heinrich Heine am 24. Oktober 1832 an den Komponisten Ferdinand Hiller. Der Heine in Paris schien offensichtlich glücklich. Wie sich der Heine in Eisenhüttenstadt in seiner Allee fühlt, darüber kann man bestensfalls mutmaßen. Wir hoffen natürlich, dass er die kleine grüne Achse, die sein Name ziert, genauso mag, wie wir es tun, handelt es sich doch um eine der am meisten unterschätzten und zugleich interessantesten Ecken in der Eisenhüttenstadt. Im Gegensatz zum Pendant der Erich-Weinert-Allee, die mit einer klaren Sichtachse von Tamara Bunkes Kinderstube bis zur Schule 2 begeistert, strahlt die Heinrich-Heine-Allee immer auch etwas Verwunschenes, Wildes aus: Wo man sich beim Zurückfantasieren in vergangene Zeit unter dem Namen Erich Weinerts im II. Wohnkomplex die braven Jungpioniere zum Altstoffsammeln paradieren sieht, erträumt man sich in der Heine-Allee die Tomboys und Robinsons der Eisenhüttenstadt, die vom - leider jetzt verschwundenen - Brunnen der Jugend durch das Strauchwerk huschen und begleitet von den Zauberfiguren der Märchenszenerien an den Erkern drumherum Verstecken spielen und dabei jeder für sich, sich selbst suchen.
Der Name des Romantikers passt gar nicht schlecht und die Straßen und Wege Eisenhüttenstadts einmal hinsichtlich möglicher Übereinstimmung mit dem, was mit dem Namensgeber bzw. dem Bezeichnenden verbunden wird, zu betrachten, dürfte ein launiges Unterfangen darstellen.
Manchmal - man denke z.B. auch an Josef-Stalin-Straße im thüringischen Hermsdorf - wurde der Stadtraum vom Thema verfehlt. Manchmal jedoch, man denke z.B. an die Bahnhofsstraße, die tatsächlich zum Bahnhof führt, allerdings auch einmal anders hieß, passt es auch ganz gut. Besonders spannend sind natürlich die Stellen, wo sich zwei Wege und damit zwangsläufig auch die Namen kreuzen. Im Logbuch Stahlinstadt gibt es dazu aktuell eine sehr schöne Darstellung, aus der deutlich hervorgeht, dass Karl Liebknecht und Karl Marx genauso zueinander stehen, wie Clara Zetkin zur Republik und Rosa Luxemburg zu Alten Läden. Der Pionier aber, der steht allein. Jedenfalls im Straßenverlauf.
Den Eisenhüttenstädtern sind Fahrräder Mittel und Wege gibt's bekanntlich genug. Heinrich Heine, von Sonja Eschefelds Meisterhand meisterhaft geformt, wirft seinen romantischen Blick hinterher und erfreut sich hoffentlich an der zauberhaften Verwünschung, die ihm seine Allee so bietet. Hebt er den jedoch Blick und richtet ihn nach vorn, sieht er kompromisslos rot und das liegt erstaunlicherweise gerade nicht an der sozialistischen Stadtgeschichte.. vgl. hier bzw. hier.