Aber die leeren Regale, die Wühltische mit dem Ramsch, den niemand braucht – sie stehen nicht in Eisenhüttenstadt oder Wladiwostok, sondern sind so etwas wie die kaufmännische Ultima ratio mitten in Solingen.Nicht dass es in Eisenhüttenstadt keine Geschäfte voll mit Ramsch gibt, den keiner braucht. Aber dass sie so schön als Klischee für realsozialistische Tristesse verwurstelbar ist, wie dies heute Martin Oberpriller für RP online tut, ist auch nichts, worüber man sich allzu sehr freut. In dem Text selbst geht es um die Schließung des Globus-Kaufhauses im Solinger Stadtteil Wald, den die meisten vermutlich mit der dortigen Sternwarte verbinden und den sporthistorisch Interessierten ist vielleicht auch noch das dortige Stadion, die "Jahnkampfbahn" ein Begriff, deren Baugeschichte zeigt, dass ABM-Maßnahmen bereits in den 1920er Jahren Früchte trugen.
Übrigens heißt Globus jetzt Toom - manches ändert sich schoom, möchte man da gleich nachkalauern, was aber nicht für diese Globus-Häuser gilt - und gehört dem Revisionsverband der Westkaufgenossenschaften, also zu ReWE, der aber namensgetreu relativ wenig im Osten präsent ist. Insofern wird es wohl auch keine hiesige Schließung eines SB-Marktes aus der Rewe-Palette geben können, die man mit einem Revanche-Artikel wie folgt beschreiben könnte:
Wo früher die Stadtprominenz eimerweise Tobikorogen und Creme Brulée schlürfte, herrscht jetzt eine gähnende-provinizielle Ödnis in den Regalen, dass sich der Besucher in Solingen bzw. Harare wähnt, dass früher Salisbury hieß, aber nicht nach dem Lied Salisbury Hill von Peter Gabriel benannt war.Bevor die Lage eskaladiert, wie's früher bei den Wehrspartakiaden der GST hieß, lenken wir lieber auf eine erfreulichere Nachricht. Mit dem jungen Künstler Michael Krenz, gibt es ein "Kind der Stadt", dass es hervorzuheben gilt, denn der Absolvent der Burg Giebichenstein erhielt den Kunstpreis der Stiftung der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle für seine Diplomarbeit "Sag ja zu yes", was schon ein wenig nach postmodernem Schaffensverständnis riecht. Vom ästhetischen Ansatz passt er in jedem Fall zu seiner Heimatstadt, wenn man die Arbeit "we will win" (bzw. hier) als Maßstab nimmt. Ob der Titel eine Anspielung auf den Stadtumbau Ost und die diesen umsetzenden Wohnungsverwaltungsunternehmen darstellt, soll an dieser Stell mal offen bleiben.
Weniger spektakulär, aber dennoch für uns als generell an Verbleibstudien zu Eisenhüttenstädtern in aller Welt Interessierte schön zu lesen, ist die Geschichte, die uns der Zeitzer "Wochenspiegel" bietet:
Sandy Preuß aus Eisenhüttenstadt kam vor drei Jahren in die Elsterregion. Ihre Liebe zu einem alten Haus in Waldau hatte sie hierher gezogen - und “weil die Gegend so schön ist”, wie sie sagt. Leider gelang es der ausgebildeten Sozialpädagogin nicht, hier eine Arbeit zu finden. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme löste die andere ab, schließlich folgte Hartz IV. Ein Zustand, den sie nicht länger hinnehmen wollte. “Als ich im Winter zu Hause saß, habe ich überlegt, was ich machen könnte” erinnert sie sich. Da kam sie auf die Idee mit dem Barfußlabyrinth.
Das Bild des Tages ist diesmal ein typisches Postkartenmotiv und stammt aus der Coolpix S4 von x*, einer Kamera, der manche solche entzerrten Aufnahmen gar nicht zutrauen. Aber man sieht: Es muss nicht immer High-End-Fototechnik sein, sondern nur ein geschickter Finger am Auslöser, um die Welt fast schöner abzubilden, als sie eigentlich ist:
Walter Womackas "Taube aus der Hand"-Mosaik am Magnet zeigt heute noch in voller Pracht, wie man sich einst den Maschinenarm vorstellte, der der ersten sozialistischen Stadt Deutschlands, Licht und Frieden und Freundschaft mit Ost und Ost bringen sollte. Und irgendwie passt es auch ein bisschen in die heutige industrielle Aufbaustimmung in Eisenhüttenstadt. Die Flaggen müsste man allerdings der Zeit leicht anpassen (Wappen raus aus der Deutschen, Wappen rein in die Brandenburgische+Umdrehen, Bandera Rusia statt Sowjetbanner...)
Da es ein Taubenmotiv ist, was hier dominiert, gibt es an dieser Stelle den Hinweis auf den einzigen größeren Hit eine Westcoast-Rap-Truppe namens Dove Shack, den man bei "Keepin' it Right Radio" aktuell herunterladen kann: Summertime in the LBC.
P.S. Wir als DDR-Fans singen natürlich die Hook: "Sommerzeit bei der LPG"...
Bildquelle: x* bei Flickr
Man ist gleich versucht an den Schwalbennest-Film ("Erotik-Bar mit Niveau"..) zu denken, in dem übrigens auch die tolle Dorka Gryllus, die der "wanking widow" Irina Palm im gleichnamigen Film als Luisa schulend zur Hand ging, bevor diese zum Glory Hole-Star wider Willen wurde, eine Rolle spielt.
Und in der Tat ist der Name Schwalbennest vom Niveau um Klassen besser, als der untenstehende Ausdruck, den man bestenfalls für ein Discount-Bordell verwenden könnte. Andererseits lag ein solcher Zweck gar nicht im Sinne der - erklärtermaßen - philippinischen Betreiben der Mops-Seite, sondern ergibt sich nur rein zufällig für den mit der Polysemantik des Wortes "Kate" Bekannten.
Leidlich lustig ist's trotzdem und vermutlich ist unter "Titten-Kate" auch noch kein Lokal in Eisenhüttenstadt registriert. Die Eisenhüttenstädter Luden werden's aber sicher spätestens jetzt tun, denn die markenrechtliche Lage ist bei diesem Knallermarkennamen (noch) geklärter als z.B. bei "Piazza Irina P.".
Wir wissen es nicht. Genauer: Wir wissen nicht einmal präzise, ob es sich um Frauenbild oder Lokal handelt. Vermutlich aber einfach um Internet-Nepp (Internepp). Die konkrete Auflösung erscheint beim Klick auf den (Screenshot)-Ausschnitt...
Abgespektakelt: Ein Wochenendpresserundblick.
"Wer es in meinen Job zu etwas bringen will, der...Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat heute in ihren immer wieder lesenswerten Rubrik "Mein Weg" unter Rubrik "Beruf und Chance" (FAZ, Nr. 161. 14. Juli 2007, C3) den trigema-Chef Wolfgang Grupp ein paar Aussagen über sich formulieren lassen, die man zwar angesichts der überdimensionierten Porträtaufnahme, auf der allein die Kravattennadel üppige 3 cm besetzt, fast überliest, am Ende aber doch voller Begeisterung zur Kenntnis nimmt. So ticken die erfolgreichen Unternehmer Deutschlands und die zitierte Maxime ist nur eine der vielen, die ich mir sogleich neben den Schreibtisch pinne.
...muss diszipliniert sein, etwas leisten wollen, die Aufgaben, die auf einen zukommen, konstant erledigen und sich ein Ziel setzen."
Inwieweit die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Eisenhüttenstädter Amtes für Grundsicherung ähnlichen Elan bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mitbringen, wie es der erztraditionistische Trikotagenhersteller und FAZ-Wirtschaftssuperstar des Tages ("In der Öffentlichkeit erscheint er ausnahmslos gestriegelt, braungebrannt, streng gekämmt, in einen straffen Dreiteiler gekleidet, mit Einstecktuch, goldenen Manschettenknöpfen und Kravattennadel ausstaffiert") offensichtlich tut, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach dem Word of Blog, wobei ein weiteres Mal peters weblog als Quelle fungiert, scheint man dort jedenfalls einen Erziehungsauftrag hinsichtlich des Lebenswandels der Klientel zu entwickeln, der die Maxime "Fleiß" an erste Stelle rückt:
Diese Art von kompetenter Unterstützung erfuhr eine Mutter von drei Kleinkindern, die sich derzeit in freudiger Erwartung weiteren Nachwuchses befindet, auch von der für sie zuständigen Mitarbeiterin des besagten Amtes mit den Worten: "statt den ganzen Tag nur rum zu bumsen und Kinder zu zeugen, sollten sie sich mal gefälligst arbeiten scheren!" Ihre Anfrage auf Zustimmung zum Umzug in eine grössere, und vor allem bei Regenwetter nicht in eine sich zur Tropfsteinhöhle verwandelnden EWG-Wohnung, wurde mit diesen besagten Worten erst einmal abgeschmettert. Auch dem Vater der Kinder, welcher als Nachtkurierfahrer tätig ist, riet dieses Amt: " sich zur Abwechslung mal nicht am Tage faul auf der Couch auszupennen sondern statt dessen mal arbeiten zu gehen." Die Kompetenz unserer steuerbezahlten Bürger-Dienstleister in Sachen sozial (im Sinne von Gemeinschafts-) Denken und Kinderfreundlichkeit sollte hiermit wohl zur Genüge bewiesen und dokumentiert sein.
Exzellent. Nur schade, dass der Name der Mitarbeiterin verschwiegen wird, denn mit einem solch offensiv erzieherischen Berufsverständnis wird man schnell zur Sachbearbeiterin des Monats und demonstriert ein beinahe schon erschreckend professionelle Einstellung. Andererseits könnte man das Ganze aber auch wieder als Beweis dafür sehen, dass viel zu viele der gut qualifizierten jungen Frauen Ostdeutschland verlassen und man irgendwie auch im Amt für Grundsicherung die einstellen muss, die zurück geblieben sind.
Ebenfalls zurückbleiben wird ein ungenutztes Gerichtsgebäude in der Diehloer Straße, denn die Diplompädagogin und Justizministerin Brandenburgs, Beate Blechinger (CDU), konnte jüngst verkünden, dass das hiesige Amtsgericht geschlossen wird:
Aus Eisenhüttenstadt sollen Grundbuchamt und Amtsgericht nach Frankfurt verlagert werden. "Eine Entfernung von 25 Kilometer ist zumutbar", so die Ministerin.
Der Grund ist der übliche im Sparbüchsenbundesland Brandenburg: Einsparen, einsparen, nochmals einsparen. Die Summe der gesamten Amtsgerichtsreform beläuft sich auf erklärte 15 Millionen, also etwa die Hälfte, was das Potsdamer Spaßbad nach Plänen von Oskar Niemeyer gekostet hätte. Leider wird das Geld nicht dafür umverteilt, was man als Architekturfreund immerhin ästhetisch hätte gut heißen können, sondern einfach so um des Sparens Willen gespart. In Eisenhüttenstadt ist man erwartungsgemäß nicht sehr glücklich. In Frankfurt/Oder wird man sich über das Plus an Arbeit dagegen bestimmt freuen, geht es doch dort allgemein aufwärts in die Sonne. Und schließlich - dieses Argument vermissen wir bei Beate Blechinger - bilden Frankfurt/Oder und Eisenhüttenstadt auch einen gemeinsamen regionalen Wachstumskern. Eigentlich schade, dass noch keine Fusion der beiden Städte im Raum steht.
Neben diesem Thema gibt es in der Märkischen Oderzeitung vom Samstag eine Art lokalen Kulturkalender für das restliche Jahr 2007:
Sehr eindrucksvoll wird sicher dieses tolle Ereignis:
Während der Freilichtbühne in den Diehloer Bergen mit Aufführung der Operette "Die Fledermaus" am kommenden Sonntag das vorerst letzte Großereignis in dieser Saison bevorsteht, ist im Friedrich-Wolf-Theater am Programm für das zweite Halbjahr gebastelt worden. Ein spektakuläres Ereignis erwartet die Eisenhüttenstadt Anfang Dezember in der Inselhalle mit einer Moskauer Show auf Eis.
Knisternde Spannung verbreitet am 4. November ab 20 Uhr Dr. Mark Benecke in der Inselhalle. Er ist einer der bekanntesten deutschen Kriminalbiologen, der weltweit für Polizeibehörden, u.a. auch für das FBI tätig ist. Durch seine Analysen konnte schon unzähligen Verbrechern auf vielen Kontinenten das Handwerk gelegt werden. Dies wird kein leichter Abend, denn beim Anblick einiger Fotos kann sich dem Betrachter leicht schon mal der Magen umdrehen. Gezeigt werden nicht die üblichen "Wo ist hier der Fehler"-Fotos. Nur durch detaillierte Nahaufnahmen lassen sich die wirklich interessanten Fragen klären.Und das Sensationsbedürfnis des Publikums befriedigen. Mehr zum Überflieger der Forensik liefert dieser selbst auf seiner Website.
Sehr nahe am Geschehen waren denn auch die paar Besucher des Jugendspektakels auf der Freilichtbühne:
"Jetzt wollen wir gucken, ob Eisenhüttenstadt wach wird!", schreit Peter Bolmer durchs Mikrofon. "Seid ihr gut drauf?" Doch bis auf ein paar vereinzelte "Ja"-Gröhler, bekommt der Sänger der Berliner Band EL*KE eine Stunde vor Mitternacht keine wirklich überzeugende Antwort. Eher müde stehen die jugendlichen Musikkonsumenten vor ihm - nur wenige Schritte entfernt. Mittlerweile ist die Freilichtbühne selbst auch zum Zuschauerbereich geworden, während die Sitzreihen dahinter schon fast gespenstisch leer wirken.Die Veranstalter bilanzieren die Veranstaltung entsprechend geknickt:
"Wir werden das kritisch betrachten", erklärt Regina Richter. 400 Besucher sei die Grenze für den Aufwand. "Aber aus dem hohlen Bauch heraus können wir nichts entscheiden", sagt sie, als es um die Zukunft des Spektakels geht. Das müsse erst sacken. "Wir" - damit meint sie Trodo und KUZ - "setzen uns in den nächsten 14 Tagen zusammen." Dann versuche man herauszufinden, woran es gelegen haben könnte, dass nicht mehr Besucher als im Vorjahr gekommen sind - trotz der neuen Bühne, trotz eines Programms mit Tanz, Fahrradakrobatik und Musik. "Das Wetter war nicht gut, aber auch nicht allein entscheidend", erklärt die KUZ-Chefin. Jetzt heißt es abwarten und hoffen, dass Eisenhüttenstadts Jugend beim nächsten Mal etwas ausgeschlafener ist - falls es ein nächstes Mal gibt.Vielleicht liegt die mangelnde Resonanz auch daran, dass die Menge der aktivierbaren Jugendlichen in Eisenhüttenstadt generell eher gering ist. Was erst passieren würde, wenn man sich an Projekten wie der Initiative "mitWirkung!", die die Bertelsmann-Stiftung leider auch mit dem entsetzlich anbiedernd-albernen Slogan "Pimp my Town" vermarktet, zu beteiligen versuchte, möchte man sich gar nicht erst vorstellen. Oder? Vielleicht kann man doch von Essens Besten lernen...
Recht lustig erscheint übrigens, dass die Berstelmann-Stiftung zielgruppengemäß mit einem "mitWirkung" taggenden Sprüher wirbt. Dass sie sich dabei solche "Pimp my Town"-Umsetzungen (YouTube-Video) wünscht, ist aber eher zu bezweifeln.
Dieses Thema bringt uns dann ganz schnell zu dem einzigen Flickr-Fotografen, der momentan Premium-Stadtfotos liefert und zwar von einer solchen Qualität, dass ich meine Kamera erst einmal aus Neid zertrümmert habe:
Und zwar die Blicke jedes auch nur leidlich aufmerksamen Lindenallee-Flaneurs auf sich. In der Tat hat Heinz Beberniß mit seiner Tierplastik der Stadt ein heimliches Wahrzeichen gegeben. Und dank Michael Scofield (gespielt vom neuen Sexsymbol Wentworth Miller) bzw. der Serie Prison Break, erinnert sich die Populärkultur vielleicht auch wieder verstärkt der Symbolik aus Papier gefalteter Kraniche, allerdings nur wenn sie die Kurve von der Bruderliebe aus dem Fernsehen zur auf dem Höhepunkt der "Europa darf kein Euroshima werden"-Antiatomwaffenbewegung sehr bekannten und tieftraurigen Geschichte von Sadako Sasaki (佐々木 禎子) kriegen. Ob dies allerdings jedem RTL-Zuschauer gelingt...?
Foto: komplex* auf Flickr
P.S. Zum ersten Thema dieses Rundblicks und als Motivationshinweis für die betreffende Mitarbeiterin des Amtes für Grundsicherung noch schnell ein Zitat:
"Bürgerorientierung, Qualität und Wirtschaftlichkeit müssen in ganz Europa die Leitmotive der öffentlichen Verwaltung sein." (Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble) Wir bitten die eigene Tätigkeit dahingehend zu überprüfen.
Erstmals seit der Privatisierung 1995 steht wieder ein Ostdeutscher an der Spitze des früheren EKO-Stahlwerks in Eisenhüttenstadt. Der 49-jährige Frank Schulz ist neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der heutigen ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH (AMEH), wie ein Unternehmenssprecher am Mittwoch sagte. ...
Neben dieser Personalie des Tages, die uns heute ddp übermittelt, hat die Märkische Oderzeitung heute drei Themen in der Ausgabe die uns Kids vom Blog enorm interessieren.
So gibt es eine Art Replik auf den jüngsten Bericht aus der Fröbelringpassage, der als eine Art Gegenbericht zu dem "Angst vor dem Verlottern"-Artikel vom Samstag darstellt (siehe auch hier). Nun haben wir ein ganz anderes Bild von Armin Harwarth, Berufsoptimist und Manager der Passage, und wissen gar nicht mehr, was wir glauben sollen:
Mittlerweile hat Heike Kupka ihren Mietvertrag drei Monate vorm Auslaufen zum 30. September gekündigt. Auch darauf gebe es bisher keine Antwort. "Keine Ahnung, ob der Centermanager etwas davon weiß", sagt sie. Der sei eh kaum da. Genau genommen ist er montags und donnerstags von 11 bis 14 Uhr oder aber nach Vereinbarung in seinem Büro in der Passage - laut Öffnungszeiten. "Ich habe vielleicht zweimal mit ihm gesprochen", erzählt die Inhaberin des Kosmetikstudios. "Allerdings bin ich zu ihm gegangen, nicht umgekehrt."Vielleicht sollte man von Seiten der Stadt und auch von Seiten der Händlerschaft einfach akzeptieren, dass die TLG wichtigere Objekte in ihrem Portfolio hat, als das einst von Klaus Krzok und Kollegen entworfene Versorgungszentrum aus den frühen 1970ern, welches für immerhin 9000 Einwohner einer sozialistischen Mittelstadt ausreichend sein sollte und nun auf einmal mit der Banalität eines Netto-Marktes gegenüber einer Allwettereinkaufspassage und noch ein paar anderen großflächigen Einkaufsecken auftrumpfen soll.
Der auf "One-Stop-Shopping" fixierte Eisenhüttenstädter findet in Kaufland, Real,- und Marktkauf alles, was er für sein Alltagsleben benötigt und wer etwas Spannenderes möchte, dürfte sicher nicht gleich die Passage ansteuern, sondern wühlt vielleicht im Berliner Flohmarkt oder fährt vielleicht nach Berlin zum Flohmarkt oder auf den Kurfürstendamm.
So richtig Bedarf für die kleine Einkaufszone ist also abgesehen vom obligatorischen Wohngebietsdiscounter und vermutlich dem Dönerlädchen am Eck nicht in Eisenhüttenstadt. Daher tut Armin Harwarth zwar ganz recht, nach einem neuen Magneten zu suchen. Aber dass die Suche erfolgreich ist ... nun ja, man hat Zweifel und wartet gespannt, wie die Lösung aussieht. Es sollte in jedem Fall etwas sein, was man in gleicher Form nicht unbedingt sofort wieder auf der anderen Kanalseite vorfinden kann. Für den WK VI wäre zum Beispiel aktuell noch ein Internetcafé denkbar, dass per Funk-, Sky- oder anderem DSL bzw. Breitbandanschluss in eine Nische stößt, die tatsächlich schon dazu geführt haben soll, dass im Arbeitsleben stehende und damit kaufkräftige Stadtbewohner nicht in die Nähe der Passage zogen.
Nach ihrer "Flucht aus der Fröbelringpassage" hat sich Janet Neiser offensichtlich an einen aktuell ähnlich verlassenen Ort begeben: das Café Olé in der Glashüttenstraße, welches die Stadtverwaltung aus Gründen schließen ließ, die einem Friedrichshain-Kreuzberger als harmonisches Eden erscheinen müssen:
"Gegen 4.25 Uhr soll auf dem Parkplatz neben dem Klub herumgegrölt worden sein", so Lehmann. Die Beamten kontrollierten die Jugendlichen, stellten aber nichts weiter fest.Doch im Rathaus wurden nach dieser Nacht Konsequenzen gezogen.Zuvor gab es im Club im Rahmen eines Konzertes noch ein bisschen Lärm und sicher auch Geschubse, was bei der der dortigen Klientel, die sicher nicht aus von Anstandsdamen großgezogenen Waisenknaben sondern aus trinkfreudigen und mehr oder weniger trinkfesten Punks (not dead) und Punkerinnen besteht, kaum überraschen sollte.
Aber Kleinstadt ist Kleinstadt und Christina Chvosta, Bereichsleiterin für Freizeit, Kultur und Sport im Rathaus, kann man nur wünschen, dass sie niemals nach Berlin zur Kultursteuerung am Boxhagener Platz abgeordnet wird.
Vielleicht sind es aber auch andere Gründe, als nächtliche Kakofonien aus rauher Punkerkehle, die dem Café einen Riegel vorschieben, denn immerhin kann man bei dem sicher nicht durchgängig beliebten Lokal 6800 Euro und eine organisierte Subkultur einsparen. Dies will natürlich niemand und daher warten wir und die Cafégäste sehr gespannt auf die "mobile Arbeit", die in Form von Sozialprofis nun dort greifen und wieder für Ordnung und Sicherheit sorgen soll. Die andere mobile Truppe, die ähnliche Aufgaben erfüllt, heißt in Brandenburg übrigens MEGA, aber die war bislang trotz zwei zerstochener linker Polizeireifen wohl noch nicht im Einsatzplan.
Das dritte Thema ist uns Herzenssache, denn es geht um das Tiergehege, welches die Stadt Eisenhüttenstadt im letzten Jahr in gewissenhafter Abwägung mit anderen wichtigen Kulturphänomenen im Ort (Stadtfest) zur Disposition stellte und welches nun versucht, durch einen Förderverein am Leben zu bleiben. Dafür ist einerseits nötig, den Tierbestand zu überdenken (10 Hirsche fressen mehr als fünf) und vor allem beim Personal zu sparen, was nur eben geht:
"Künftig, so Dieter Sommer, werden nur zwei entsprechend ausgebildete Arbeitskräfte eine Anstellung beim Förderverein finden können."Der Rest der Truppe kann sich schon mal bei der Solarzulieferei, dem Gaskraftwerk oder der Papierhütte bewerben, die den Wirtschaftsaufschwung ins Land spülen werden und vielleicht lässt sich dann auch Gazprom als Hauptsponsor für den Heimattiergarten gewinnen.
Übrigens darf man bei aller Freude nicht vergessen, dass auch die Neuansiedlungen der neuen Industrien am Rande der Stahlstadt vorwiegend mit Förderzuschlägen aus Bundesmitteln belohnt werden. Bei der First Solar-Anlage in Frankfurt/Oder sind es wohl um die 40% der Investitionssumme, die die Bundesrepublik beisteuert. Wenn's hilft. Den harten Anhängern eines ungehemmten Wettbewerbs (FAZ von gestern) stößt dies zwar ein bisschen als Wermutströpfchen im Champagnerglas auf, aber immerhin fließt ausreichend Geld an die deutsch-polnische Grenze, um die Oderstadt für eine Spielbank attraktiv zu machen. Joker's Place - dafür musste man bislang bis nach Cottbus reisen. Damit dies nicht auch für einen Zoo-Besuch gilt, sei die Empfehlung an die Bürger Eisenhüttenstadts, dem Tiergehege, sofern möglich, wirklich unter die Arme zu greifen, denn in die Spielbank kommt man mit seinen Dreijährigen leider nicht rein, auch wenn die fröhliche Fassadengestaltung der Joker's Place Filialen es etwas anders vermuten lässt.
Dass man zukünftig anders als in der Spielbank, die mehr Zugangsoptionen bietet, im Heimattiergarten nur noch per Münzeinwurf eingelassen wird, ist natürlich nicht begrüßenswert. Dennoch glauben wir, dass das Geld, welches demnächst mit Sonne, Gas und Papier gleich Milch und Honig durch Eisenhüttenstadt fließen wird, hier besser angelegt ist, als beim Blackjack zu Frankfurt/Oder. Also: Förderverein Tiergehege Ehst. e.V., BLZ: 17055050, Kontonummer: 3135082643, Sparkasse Oder-Spree.
Nach der Personalie des Tages und den Nachrichten vom Tage gibt es natürlich ein Bild zur Nacht, dass zwar nicht aus Eisenhüttenstadt stammt, aber beinahe so ausschaut:
Alle die denken, der II. Wohnkomplex ist etwas völlig Singuläres, sollten ruhig mal die Berliner Auerstraße hinunter schlendern, denn dort sieht man den Prunk, den man in der Pawlow-Allee gern sehen würde. Der Unterschied zu Eisenhüttenstadt liegt hier hauptsächlich darin, dass zur Nationalen Bautradition auch noch ein paar andere Architekturvorstellungen in die Stadtlandschaft gewürfelt stehen.
Suchmaschinenplatzierungen auf die wir neidisch sind
Beinahe mit Ansage hat sich Andi Leser seinen Weblog mit diesem Posting die Poolposition zu einer der attraktivsten Suchanfragen im Netz überhaupt hochgearbeitet. Da werden wir FDP-gelb vor Neid, gratulieren und sitzen gramgebeugt in unserem Redaktionslehnstühlen, da uns nur der erste Platz bei solchen Suchanfragen bleibt. Da lohnt sich nicht einmal der Gedanke, Anzeigen zuzuschalten.
Als Lektüretipp gibt es heute erneut einen Hinweis auf peters weblog, der sich mit der Einkaufskultur der Eisenhüttenstadt beschäftigt und sich u.a. mit dem berühtmen Berliner Flohmarkt befasst. Bei meinem Besuch in der Krambutze fühlte ich mich zuerst ein bisschen an Aufnahmen von den Müllhalden Mexiko Citys erinnert, da hier zahlreiche Menschen geistesabwesend in den Hinterlassenschaften anderer stocherten und hofften, dass eine oder andere Verwertbare zu entdecken. Fünf Minuten später war ich selbst ein Sucher in den Kisten und musste mich mit zwei Büchern und einem Briefmarkenalbum unter Arm gen Ausgang zwingen... Die hohe Einkaufskultur, die man sonst aus dem Quartier 206 gewohnt ist findet man in der ehemals größten Kaufhalle der Stadt sicher nicht, dafür gibt es dort in der Nähe aber auch nur französische Bücher und keine Briefmarken im Album. So hat alles seine Vor- und Nachteile, besonders wenn man Louis Vuitton nicht so mag.
Diese Wand hat nicht viel mit Sex zu tun, hat aber ordentlich Sex-Appeal. Der wird übrigens auch bald verschwinden, denn auch hier greift der Stadtumbau Ost. Also gibt es schnell noch ein Foto bei uns.
Leben in die/der Lotterbude: Neues aus der Stadtverordnetenversammlung und dem VI. Wohnkomplex
So langsam erscheint es mir, als würde sich mit Peters-Weblog der dritte Weblog zu Eisenhüttenstadt etablieren, was man als Freund des Pluralismus nur begrüßen kann, denn so erhöht sich die stadtspezifische Meinungsvielfalt in der Blogosphäre.
Heute hat er in einem schönen Text Eisenhüttenstadt als geteilte Stadt herausgearbeitet, wobei sich die Teilung - selbstreferentiell, wie das Leben nun mal spielt - über der Teilhabemöglichkeiten beispielsweise an der Blogosphäre zeigt. Kurz: Es geht um die stadträumlich ungleich verteilten Chancen, einen zeitgemäßen Zugang zum Internet zu bekommen: Die Stadt im Osten mit dem "eigenen goldenen Westen".
Das massenmediale Leitmedium der Stadt, die Märkische Oderzeitung, hatte in den letzten Tagen zwei aus unserem Fokus beachtenswerte Beiträge. In dem ersten zitiert Andreas Wendt zunächst einmal etwas deplaziert das Werbefernsehen ("Zwanzig Prozent auf alles - diesen Spruch lieben vor allem Männer, wenn im Baumarkt wieder eine Rabattaktion startet.") und leitet dann auf eine Debatte über, bei der es darum geht, nämlich auch um "Teilhabemöglichkeiten", d.h. den sozialökonomisch schwächer gestellten Bürgern der Stadt umfänglichere Ermäßigungen als bisher für die Nutzung kommunaler Einrichtungen zu gewähren. Die LINKE forderte nämlich jüngst in der Stadtverordnetenversammlung "Besitzern eines Eisenhüttenstadt-Passes eine pauschale Ermäßigung von 30 Prozent ... einzuräumen".
Dies beträfe also in etwa:
- die Nutzung der Stadtbibliothek (Jahresentgelt: 10 Euro, Ersparnis 3 Euro)
- den Besuch des Städtische Museums
- den Besuch des Feuerwehrmuseums
- den Besuch des Inselbades
- den Besuch des Dokumentationszentrums zur Alltagskultur der DDR
- den Besuch des Tiergeheges
- den Besuch von Theaterveranstaltungen, momentan im Theaterquartier
- den Besuch von kunterbunten Kulturveranstaltungen im KUZ
Abgesehen von vielleicht einer Handvoll fanatischer Museumsjunkies dürften die Stadtbibliothek und das Inselbad die Magneten der Zielgruppe sein, wobei gerade angesichts einer schwelenden Diskussion um die desolate Situation der Allgemeinbildung in Deutschland und speziell in Ostdeutschland wenigstens für die Bibliothek eine Ermäßigung um 100 % plus Verfünfachung des Etats bzw. der Zahl der Karl Dörings dieser Stadt einzufordern wäre.
Ansonsten wäre es interessant, die tatsächlichen Mehrkosten einmal vorgerechnet zu bekommen, die sich aus einem 30 % Nachlass für die ALG-II und Hartz IV-Versorgten Eisenhüttenstädter ergäben. Denn die MOZ abgebildete Diskussion lässt darauf schließen, dass die Gegner eines solchen Rabattes für Bedürftige von einer geplünderten Stadtkasse ausgehen, sofern auf einmal die Eisenhüttenstadt-Pass-Besitzer ein oder zwei Euro weniger für den Besuch des aus betriebswirtschftlicher Sicht vermutlich an sich hochdefizitär arbeitenden Stadtmuseums ausgeben müssten.
Vielleicht würde andererseits die Zielgruppe für einen Euro Eintritt die Einrichtung auch tatsächlich einmal besuchen und das wäre ein Euro mehr als jetzt in die Museumskasse. Diesen Denkschritt darf man aber vermutlich nicht von Fraktionen, die solch einen Vorschlag mit dem Totschlagargument des "reinen Populismus" vom Tisch bügeln, erwarten.
Die selbe Überlegung betrifft übrigens auch das Tiergehege und die alberne Annahme der Verordneten Marina Marquardt (CDU), dass eine Senkung für die Zielgruppe die Einrichtung und den Förderverein in die Existenznot triebe. Das hat die Stadt mit der Entscheidung der Ausgliederung des Heimattiergartens aus ihre Verantwortlichkeit schon selbst getan. Gefragt sind hier generelle Lösungen und nicht die scheinheilige Idee, man könne das Gehege retten, in dem man von den ALGII-Empfängern der Stadt den vollen Eintrittspreis verlangen. Die gehen dann für 3 Euro einfach nicht hin, für 2 Euro eventuell und für 1 Euro wahrscheinlich, was so gut wie keinen Mehraufwand und dafür einen Sack Heu mehr für Verein und Wildtierfütterung bedeuten würde.
Der hinter der Abwehrhaltung stehende Denkfehler ist aber ein anderer. Offensichtlich nimmt man nämlich an, dass die genannten Einrichtungen in der Lage wären, sich halbwegs selbst zu finanzieren. Das ist natürlich Unsinn - ohne massive Zuschüsse sind diese Einrichtungen nicht überlebensfähig. Ein paar Drittmittel sind sicher immer über Eintritt u.ä. einzunehmen, aber zu glauben, dass diese Quelle betriebsdeckend sein kann, verwiese schon auf eine arge kommunalpolitische Naivität.
Wenn man dagegen aber akzeptiert, dass ein Feuerwehrmuseum oder ein Tiergehege eben doch hauptsächlich von städtischer Seite unterstützt werden muss, dann sollte man die Eintrittsgelder als Zusatzeinnahmen verbuchen, wobei die Euros, die man u.U. drauf zahlen müsste, weil die 10 Arbeitslosen, die das Städtische Museum im Jahr besuchen, auf einmal dreißig Prozent weniger bezahlen, bei ausreichender Unterstützung nicht existenzbedrohlich sein dürften. Und wenn dann aufgrund des Rabattes auf einmal 15 kommen, hat man den Verlust gar wieder wettgemacht...
Im zweiten für uns erwähnenswerte Beitrag beschreibt Janet Neiser die Schwierigkeiten in der Fröbelring-Passage. Mit dieser hat sich die "TLG Immobilien GmbH mit Sitz in Berlin" anscheinend einen hübschen Klotz ans Bein gebunden, wobei die Angabe "Hauptmieter Netto" anscheinend nicht sonderlich anziehend wirkt. Der verantwortliche Manager Armin Harwarth bleibt bzw. spielt dennoch den (Berufs)Optimisten:
Bislang gehen allerdings hauptsächlich die Mieter. Dem will er mit einem neuen "Magneten" bzw. "Frequenzbringer" demnächst einen Kontrapunkt entgegensetzen. Wer das sein wird, ist ihm hoffentlich nicht so unklar, wie uns, nachdem wir lesen: "Welche Branche oder welcher Name sich dahinter verbirgt, wollte er noch nicht sagen."
Die Passage habe Potenzial - auch wenn die Kaufkraft der Bürger laut Einzelhandelsindex unter dem Bundesdurchschnitt liege. "Hier geht was", glaubt Harwath.
Alles weitere in der MOZ: Die Angst vor dem Verlottern
Das Bild zur Nacht kommt schließlich von unserem Hauptzulieferer im Bereich Eisenhüttenstadt-Fotografie:
Unser flinker Flickr-Knipser Komplex* war auf dem Planeten An der Schleuse und hat uns dieses schöne Spielplatzbild mitgebracht. Die ehemals den unteren Balkon Bevölkernden sind übrigens schon abgeflogen.
Kommentare