Einträge für April 2008
Als bekanntermaßen passionierter Kartophilist konnte ich mich jüngst vor Freude kaum mehr im Zaume halten, als mir die Gunst einer glücklichen Stunde eine zwar etwas angestoßene aber nichtsdestotrotz sehr schöne Ansichtskarte auf das Resopal meines Frühstücksbrettchen wehte.
Und selbstverständlich komme ich umhin, diese nicht ganz alltägliche Exemplar auch hier in bündiger Form auf den Tisch zu legen. Als Motiv ist unschwer die 1960 als Nationales Aufbauwerk (NAW) von den Eisenhüttenstädtern im Schweiße ihres Feierabendangesichts in die Hänge der Diehloer Berge gegrabene Freilichtbühne zu erkennen, obschon eine derart durchblickende Aufnahme nach 48 Jahren Wildwuchs am Hang nicht mehr gelingen dürfte. Die Bühne ist aber immer noch bzw. wieder in respektablem Zustand, mittlerweile aber dort, wo die Kiefern im Sand sich vom Planstadtkahlschlag erhohlen konnten, etwas stärker beschattet.
Herausgegeben wurde die Karte im kleinen Ansichtskartenverlag Gebr. Garloff KG in Magdeburg und nicht etwa vom später die Ansichtskartenproduktion der DDR bis in jede Nische beherrschenden VEB Bild und Heimat. Der systematische Ansatz der Reichenbacher hatte allerdings den Vorteil, dass man von so ziemlich jedem Ort - und sei es noch so ein abgelegenes Nest - der Republik eine Motivkarte bekommen finden konnte. Die Gebr. Garloff haben sich in diesem Fall jedoch auf ein absolutes Motivhighlight in einer der Vorzeigestädte der frühen 1960er konzentriert.
Insofern ist es nur verständlich das die Karte im Besitz eines Manfreds gelangte, der diese in der Wilhelm-Pieck-Stadt Guben zum 8. Oktober 1963 (so der Poststempel) auf- oder in den Briefkasten gab und sie auf die Reise über Eisenhüttenstadt (Land) nach Vogelsang gehen lies. Die Botschaft ist für den uneingeweihten Mitleser nicht sonderlich spektakulär. Hier zeigt sich, dass in der DDR die Ansichtskarte als Kommunikationsmedium eine willkommene Alternative zum häufig nicht vorhandenen Telefon bzw. viel zu teuren Telegramm war. Für zwanzig Pfennig bekam man die Karte und für zehn Pfennig das Porto und damit wurde dann die Information übermittelt, dass Manfred am 17ten Oktober einen Termin in Berlin für eine "Ärztliche Untersuchung" bekommen hat und auf eine "Fahrangl." hofft. Das ist natürlich genug Stoff, um sich einen ganzen Roman dahinter zu denken, worauf ich mich an dieser Stelle aber nicht mich einzulassen gewillt bin.
Wenn man sich in den 1960ern schon mal bei der Freilichtbühne herumtreibt, ist es nur ein kleiner Bogen am Fuße des Bergs nach links auf den nächsten hinauf oder einfach obenherum durch den Wald und man gelangt zur HOG Berggaststätte "Dieloher Höhe", wobei das Wort "Berggaststätte" sich in der Schreibung durch seine Dopplung von "g" und "st" auszeichnet, die Karte jedoch ebenso wie die zur Freilichtbühne, durch ihre drucktechnische Herkunft. Als Herausgeber ist nämlich die PGH "Rotophot"-Werkstätten für Fototechnik in Bestensee bei Berlin angegeben. Leider wurde mit der Briefmarke auch die Jahresangabe entfernt, der Rest des Stempels gibt aber Auskunft darüber, dass sie an einem 13.07. in Eisenhüttenstadt in den Postverkehr gelangte. Aus dem zum Einsatz gekommenen Ortsnamen lässt sich demnach schließen, dass dies frühestens im Jahr 1962 geschah.
Ziel des herzlichen Grußes von einem Ausflug, bei dem in der Berggaststätte zu Mittag gegessen wurde, war die Riedeselstraße 23 in Darmstadt, zur der passend zum Standort der Gaststätte die Hügelstraße und die Sandstraße als nördliche Parallelstraßen verlaufen. Ganz verrückt wird es, wenn man bemerkt, dass die Empfängerin mit ihrem Nachnamen so heißt wie die südliche Parallelstraße der Riedeselstraße. Dass sie heute, ca. 45-50 Jahre nach Zustellung, noch dort wohnt ist eher unwahrscheinlich. Zu der Hausnummer gehört im Jahr 2008 in jedem Fall das Büro eines Diplom-Designers, der vielleicht auch der Ansichtskarte zum Mittagsmahl einen ganz anderen Schliff verpasst hätte. Mir gefällt sie aber so wie sie ist hervorragend und für den Blick auf das Wohnhochhaus gilt mittlerweile dasselbe wie oben für den Blick auf die Freilichtbühne: Er ist aus Gründen der Vegetation - in diesem Fall sogar sehr eng mit dem Objekt "Berggaststätte" - verwachsen.
...
Für die Wohnwelt der Eisenhüttenstädter Gründerzeit.
Während Dankward Guratzsch heute in der WELT in der Sache ganz zurecht, im Stil jedoch nicht ganz nach meinem Geschmack, "Sachsens Kahlschlag am Häusererbe" beklagt, präsentiert die Märkische Oderzeitung in ihrer Rubrik "Bilder aus der Region Eisenhüttenstadt" neun neue Aufnahmen zum "Abriss Poststraße".
Das Möbelkaufhaus von Hans Klein und Erwin Rösel aus den frühen 1960er Jahren steht zum Glück und hoffentlich auf Dauer unantastbar unter der behütenden Hand des Denkmalschutzes und hier gerade im beinahe sommerlichen Sonnenscheins des Aprils 2007. Als Möbelkaufhaus im IKEA-Zeitalter natürlich hoffnungslos beengt und als Showroom für das Objekt durchaus vorstellbare Innenraumausstatter des gehobenen Bedarf hinsichtlich des Kaufkraft eindeutig im falschen Einzugsgebiet gelegen, ist die Nutzungsperspektive längerfristig unklar. Und immerhin steht auch der Aktivist unter Denkmalschutz zu seinem Leidwesen aber nicht in der Magistrale. Die etwas eigenartige Kontroverse um dem Bauernmarkt und sein mögliches näheres Verhältnis Magistrale wurde übrigens - wie es gerade aussieht - zugunsten des Status quo geregelt.
Ich erinnere mich bei der Gelegenheit übrigens daran, dass man einst hinter dem Theater auch abfotografierte Bravo-Songbooks für 50 Pfennige (kleiner Abzug) bzw. 1 M (großer Abzug) erwerben konnte, was in diesem Zusammenhang keine sonderlich bedeutsame Rolle spielt. Es sollte schlicht als Assoziation einfach mal festgehalten werden.
Während Dankward Guratzsch heute in der WELT in der Sache ganz zurecht, im Stil jedoch nicht ganz nach meinem Geschmack, "Sachsens Kahlschlag am Häusererbe" beklagt, präsentiert die Märkische Oderzeitung in ihrer Rubrik "Bilder aus der Region Eisenhüttenstadt" neun neue Aufnahmen zum "Abriss Poststraße".
Das Möbelkaufhaus von Hans Klein und Erwin Rösel aus den frühen 1960er Jahren steht zum Glück und hoffentlich auf Dauer unantastbar unter der behütenden Hand des Denkmalschutzes und hier gerade im beinahe sommerlichen Sonnenscheins des Aprils 2007. Als Möbelkaufhaus im IKEA-Zeitalter natürlich hoffnungslos beengt und als Showroom für das Objekt durchaus vorstellbare Innenraumausstatter des gehobenen Bedarf hinsichtlich des Kaufkraft eindeutig im falschen Einzugsgebiet gelegen, ist die Nutzungsperspektive längerfristig unklar. Und immerhin steht auch der Aktivist unter Denkmalschutz zu seinem Leidwesen aber nicht in der Magistrale. Die etwas eigenartige Kontroverse um dem Bauernmarkt und sein mögliches näheres Verhältnis Magistrale wurde übrigens - wie es gerade aussieht - zugunsten des Status quo geregelt.
Ich erinnere mich bei der Gelegenheit übrigens daran, dass man einst hinter dem Theater auch abfotografierte Bravo-Songbooks für 50 Pfennige (kleiner Abzug) bzw. 1 M (großer Abzug) erwerben konnte, was in diesem Zusammenhang keine sonderlich bedeutsame Rolle spielt. Es sollte schlicht als Assoziation einfach mal festgehalten werden.
Eisenhüttenstadt holt wieder mal den Knüppel raus und beschert uns tolle Polizeimeldungen. So z.B. diese:
Weiterhin erwarteten die Eisenhüttenstädter heute in großer Anspannung das Machtwort des Bürgermeisters in der Causa "Bauernmarkt in die Lindenallee". Auch hier ist die Märkische Oderzeitung Quelle aller Information und zitiert dankenswerter Weise Beispiele raffinierter lokalpolitischer Argumentation:
Marie-Louise Hardell-Illgen (Die Linke) findet das Unterfangen dagegen schön volkstümlich "unter aller Kanone".
Was rein sachbezogen bis auf eine leichte ästhetische Irritation dagegen einzuwenden ist, dass vor und nicht hinter dem Friedrich-Wolf-Theater Äpfel, Würste und Stützstrumpfhosen feilgeboten werden sollen, leuchtet auch nach mehrfacher Lektüre des Beitrags und Druchdenken der Umzugsidee nicht ein. Wahrscheinlich liegt das daran, dass man als Exil-Eisenhüttenstädter den Wochenmarkt am Berlin Kollwitz-Platz mit seiner quirligen Atmosphäre vor Augen hat.... Worüber man sich aber wundern muss, ist, dass anscheinend niemand etwas dagegen hat, wenn in die ehemalige Vorzeigekaufhalle der Stadt ein Vorzeigeramschladen einzieht. Da entspricht meiner Wahrnehmung nach der Verkaufswagen vom Forellenhof doch weitaus eher dem innerstädtischen Zentrum. Davon, dass beim beliebten Stadtfest noch weitaus aggressiver die Ruhe und Ordnung der Magistrale u.a. mit Verkaufsbuden gestört wird, schweigen wir lieber.
Abschließend noch eine Kulturmeldung: Den Stahl-Literaturpreis der Eisenhüttenstädter Stahlstiftung wird morgen im Rathaus der “Zwei-Wasser-Stadt” (Wolfgang Perske) an die Schriftstellerin Kerstin Hensel vergeben. Mal sehen, ob zu erfahren ist, wie sie das lokale Auditorium panopticum so wahrnimmt. Und vielleicht gibt es ja danach sogar noch einen Tanz am Kanal...Vermutlich aber eher nicht.
Eisenhüttenstadt -Schon zuvor brodelte es mächtig, aber aus anderem Grund:
Betrunken haben ein 30-jähriger und sein 31-jähriger Kumpel am 05.04.08, am späten Nachmittag, abwechselnd den Pkw seines anderen Kumpels durch Eisenhüttenstadt gefahren. Als die Polizei zugriff, saß auch noch gerade der am Steuer, der nicht mal eine Fahrerlaubnis hatte. Obwohl er sich heftig wehrte, konnten die Beamten ihn schließlich in der Buchwaldstraße vorläufig festnehmen. Der andere flüchtete in eine angrenzende Gartenanlage. Zeugen wiesen den Beamten den Weg zu einer Laube, in der er sich versteckte. Der Vater (67) des Flüchtenden verwehrte den Beamten mit einer Axt in der Hand den Zutritt zum Gartengrundstück, so dass sie ihn überwältigen mussten. Derweil verbarrikadierte sich sein Junior in der Laube und konnte auch nur mit Gewalt herausgeholt und vorläufig festgenommen werden. Gegen alle drei und den Besitzer des Pkw wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet.
....Bereits am Vorabend haben verstärkte Polizeikräfte ein über Handy organisiertes, als Party deklariertes Treffen von Personen in Eisenhüttenstadt verhindert. Der Aufruf, zur Party zu kommen, war so formuliert, dass Insider es als Aufforderung zum „Russen aufzuklatschen" verstanden haben. Gegen 43 Personen, von denen allerdings nicht alle unbedingt wussten, um was es geht, wurde in diesem Zusammenhang ein Platzverweis erteilt.Und heute wird dann noch diese ddp-Meldung nachgereicht:
Ein 16-Jähriger hat an einer Eisenhüttenstädter Schule rechte Parolen gegrölt und einem couragiert einschreitenden Mitschüler den Arm gebrochen. ...Da scheint dieser Tage so einiges in der Stadt gehörig aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Derweil ist in der Märkischen Oderzeitung nachzulesen, dass das Café Olé endgültig Stadtgeschichte ist. Natürlich ging auch da einiges gegen den Baum und manchem in der Stadt gegen den Strich und sicher hat man sich von Seiten der städtischen Verwaltung auch im Rahmen der Möglichkeiten gemüht. Wenn aber Christina Chvosta, Bereichsleiterin für Freizeit, Kultur und Sport in der Stadtverwaltung, meint:
Den Jugendlichen stünden aber dennoch genügend Einrichtungen mit sozialpädagogischer Betreuung zur Verfügung, [...]. Da gebe es beispielsweise den Club Marchwitza, das Kulturzentrum oder aber den Jugendklub am Trockendock.dann bleibt doch ein schaler Nachgeschmack. In ihrer Position müsste sie nämlich eigentlich um die unterschiedlichen subkulturellen Selbstwahrnehmungen der jeweiligen Besucher der genannten Einrichtungen wissen und womöglich sogar die mehr Reibungs- als Berührungspunkte vorausahnen, wenn die bisherige Besucherschaft des Café Olé auf einmal geschlossen die sozialpädagogische Betreuung im Trockendock in Anspruch zu nehmen gedenkt. Da will man nicht unbedingt als Sozialpädagoge zwischengeworfen sein... Immerhin aber kommt die Aktion Olé der Stadtkasse zugute:
Bisher hatte die Stadt das Café Olé mit 6800 Euro jährlich unterstützt. Jetzt wurde diese Haushaltsposition nach Angaben der Stadtverwaltung auf null gefahren.Statt das Ganze auf null zu setzen hätte man mit einem kleinen Zuschlag auch eine weitere halbe Stelle im Kulturzentrum schaffen können...
Weiterhin erwarteten die Eisenhüttenstädter heute in großer Anspannung das Machtwort des Bürgermeisters in der Causa "Bauernmarkt in die Lindenallee". Auch hier ist die Märkische Oderzeitung Quelle aller Information und zitiert dankenswerter Weise Beispiele raffinierter lokalpolitischer Argumentation:
Wilfried Steinberg (Republikaner), der das ganze Thema an diesem Abend überhaupt erst auf den Tisch brachte, ließ seinem Unmut ebenfalls freien Lauf. "Es ist vielen total unverständlich, dass die Lindenallee mit Marktbuden voll gestellt werden soll. Das ist doch ein Unding" ...So geht es also zur Sache. Aber abgekühlt erscheint die Lage doch etwas gemäßigter: Erstens soll nicht die Lindenallee an sich, sondern nur ein relativ kleiner Teil für einige Stunden an Wochentagen mit gar nicht mal so vielen Marktständen versehen werden. Zweitens ist nicht ganz eindeutig, warum dieses so klar kommunizierte Anliegen für nicht weiter spezifizierte "viele" unverständlich ist und drittens handelt es sich in gewisser Weise gerade weil Wilfried Steinberg die Angelegenheit auf's Tapet brachte, um eine Art Vergegenständlichung und daher nunmal nicht um ein Unding.
Marie-Louise Hardell-Illgen (Die Linke) findet das Unterfangen dagegen schön volkstümlich "unter aller Kanone".
Was rein sachbezogen bis auf eine leichte ästhetische Irritation dagegen einzuwenden ist, dass vor und nicht hinter dem Friedrich-Wolf-Theater Äpfel, Würste und Stützstrumpfhosen feilgeboten werden sollen, leuchtet auch nach mehrfacher Lektüre des Beitrags und Druchdenken der Umzugsidee nicht ein. Wahrscheinlich liegt das daran, dass man als Exil-Eisenhüttenstädter den Wochenmarkt am Berlin Kollwitz-Platz mit seiner quirligen Atmosphäre vor Augen hat.... Worüber man sich aber wundern muss, ist, dass anscheinend niemand etwas dagegen hat, wenn in die ehemalige Vorzeigekaufhalle der Stadt ein Vorzeigeramschladen einzieht. Da entspricht meiner Wahrnehmung nach der Verkaufswagen vom Forellenhof doch weitaus eher dem innerstädtischen Zentrum. Davon, dass beim beliebten Stadtfest noch weitaus aggressiver die Ruhe und Ordnung der Magistrale u.a. mit Verkaufsbuden gestört wird, schweigen wir lieber.
Abschließend noch eine Kulturmeldung: Den Stahl-Literaturpreis der Eisenhüttenstädter Stahlstiftung wird morgen im Rathaus der “Zwei-Wasser-Stadt” (Wolfgang Perske) an die Schriftstellerin Kerstin Hensel vergeben. Mal sehen, ob zu erfahren ist, wie sie das lokale Auditorium panopticum so wahrnimmt. Und vielleicht gibt es ja danach sogar noch einen Tanz am Kanal...Vermutlich aber eher nicht.
Mein Schein der hat fünf Werfer...
In Ermangelung eines anderen Fotos würdigen wir heute eine der schönsten Laternen der Eisenhüttenstadt, die glücklicherweise nach wie vor die berühmte Europakreuzung erhellt. Auf das es noch lange so bleiben möge...
In Ermangelung eines anderen Fotos würdigen wir heute eine der schönsten Laternen der Eisenhüttenstadt, die glücklicherweise nach wie vor die berühmte Europakreuzung erhellt. Auf das es noch lange so bleiben möge...
Von einem Tauchgang in das Deep Web Eisenhüttenstadts ist eine Seite mit an die Oberfläche gelangt, die man so vielleicht gar nicht auf der Linkliste hatte, die aber natürlich hochrelevant für uns ist: www.erste-sozialistische-stadt.de.
Dahinter verbirgt sich eine kleine, offensichtlich private Dokumentation der dem Stadtumbau geschuldeten Veränderungen im Stadtbild Eisenhüttenstadts, allgemeine Erinnerungen an die DDR und eine knapp umrissene Stadtgeschichte. Bis es im Mahlstrom unseres Blogs wieder einmal wirklich tost und strudelt, kann man sich hier also durchaus einmal durchklicken. Sonst natürlich auch.
Grün und Gelb und Blau, so war's in der Stadt und so ist's noch im Netz.
Auf www.erste-sozialistische-stadt.de kann man noch die Straßenecken entdecken, die längst wieder als märkische Streusandbüchse ins Kornfeld der Stadtschrumpfung geworfen wurden. Und die Seite ist obendrein ein Gegenbeispiel zu dem weit verbreiteten Vorurteil, dass die Eisenhüttenstädter ihr Umbau-Schicksal eher indifferent, in jedem Fall schweigend und ohne Anteilnahme ertragen. Man kann sich sicher sein: Der Webmaster der sozialistischen Stadt aus der Platanenallee ist bestimmt nicht der Einzige, der wahrnimmt, aufnimmt, erinnert und dokumentiert. Mal sehen, womit uns die Tiefenrecherche noch überrascht..
Auf www.erste-sozialistische-stadt.de kann man noch die Straßenecken entdecken, die längst wieder als märkische Streusandbüchse ins Kornfeld der Stadtschrumpfung geworfen wurden. Und die Seite ist obendrein ein Gegenbeispiel zu dem weit verbreiteten Vorurteil, dass die Eisenhüttenstädter ihr Umbau-Schicksal eher indifferent, in jedem Fall schweigend und ohne Anteilnahme ertragen. Man kann sich sicher sein: Der Webmaster der sozialistischen Stadt aus der Platanenallee ist bestimmt nicht der Einzige, der wahrnimmt, aufnimmt, erinnert und dokumentiert. Mal sehen, womit uns die Tiefenrecherche noch überrascht..
Und da wir schon einmal bei Fundstücken sind: Was vielleicht nicht jeder weiß, ist, dass sich auch der Komponist Heiner Goebbels, der mit seinen Surrogate Cities gezeigt hat, wie Stadtraumklang so klingen kann, indirekt zu Eisenhüttenstadt geäußert hat. Dies geschah in der ersten Ausgabe der Zeitschrift "Theaterschrift" des Hebbel-Theater. Das Heft erschien im März 1992 unter dem Leitthema Beyond Indifference (Jenseits der Gleichgültigkeit), was als Motto ja auch ganz gut mit dem Anliegen unseres Weblogs harmoniert, und Heiner Goebbels bezieht sich in einem dort abgedruckten Interview auf den Film Eisenzeit (sh. auch hier):
"Ich habe gerade einen Film gesehen, 'Eisenzeit' von Thomas Heise. Das ist ein Dokumentarfilm über die erste sozialistische Stadt in der DDR, die erste Neugründung 1950 mit dem Namen 'Stalinstadt', sie wurde dann umbenannt in 'Eisenhüttenstadt' und war im wesentlichen eine Stahlwerk-Stadt. Der Filmemacher hat versucht, vier Biographien von Jugendlichen, die nicht angepaßt waren und versuchten, in dieser schrecklichen Kleinstadt zu Rande zu kommen, zu verfolgen und zu filmen. Das wurde ihm natürlich nicht gestattet innerhalb der DDR, und er hat es dann auf eigene Faust nach dem Zusammenbruch gemacht. Von den vier Jugendlichen hatten zwei sich schon das Leben genommen. Die beiden andern leben in Westberlin. Am erschreckendsten für mich waren eigentlich die Gesichter der Eltern, die er interviewt hat. Etwas, was sehr viel zu tun hat mit der 'Wolokolamsker Chaussee Teil V', der Findlingsgeschichte bei Heiner Müller. Zum ersten Mal dachte ich, was ich bisher für ein antikommunistisches Klischee hielt, daß die DDR tatsächlich viele faschistische Strukturen hinübergerettet hatte. Daß es tatsächlich für eine ganz bestimmte Schicht von Arbeitern oder Befehlsempfängern überhaupt keinen Bruch gegeben haben kann vom Faschismus zum Beginn der DDR, wo nicht einmal das Vokabular ausgewechselt werden mußte. Und das kann man sehen an den Gesichtern, an der Art, wie die Eltern über ihre Söhne, die sich umgebracht hatten, reden, welche Ansprüche sie an Gehorsam und Anpassung stellen. Und es war auf extreme Weise erschreckend, weil man gesehen hat, daß sich da überhaupt nichts getan hat, also nicht einmal jetzt, wo die Söhne tot sind. Das ist dieser Gegensatz, dieses plötzliche Verschwinden von Biographien, aber auch diese betonierten Kontinuitäten, die ohne Übergänge funktionieren."Den ganzen Text gibt es auf der Website des Komponisten.
Der Aussagewert solcher Zählungen ist zwar bekanntlich begrenzt, aber man freut sich ja dennoch ein bisserl:
Von null auf 100.000 in gut zwei Jahren. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich nicht wirklich beurteilen. Aber nett sieht es schon mal aus. Mal sehen, wann wir es auf 100.000 Postings gebracht haben...
Der Bauern Markt ist in Bewegung und der Papierfabrik wird von der EU beigeholfen, zwei kleine Nachrichten
Es ist zwar keine besondere Stadtwahrnehmungsleistung, aber bevor wir gar nichts melden, gibt es hier den Hinweis auf eine aktuelle Pressemitteilung der Europäischen Kommission:
Diversifiziert wird ab Mai auch demnächst die Händlerstruktur in der Lindenallee, wenigstens vom Vormittag bis in den frühen Nachmittag hinein. Dann wird dort der Bauernmarkt abgehalten und der Platz hinter dem Friedrich-Wolf-Theater wird der zweite Zentrale im im Zentrum der Stadt, heißt: öd und verlassen. Mehr dazu steht in der Märkischen Oderzeitung: Bauernmarkt soll in die Lindenallee.
Die Europäische Kommission hat das Vorhaben Deutschlands, dem zur deutschen Progroup gehörenden Unternehmen Propapier PM 2 eine Beihilfe in Höhe von 83 Mio. Euro für den Bau einer Papierfabrik in Eisenhüttenstadt (Brandenburg) zu gewähren, nach den Beihilfevorschriften des EG-Vertrags geprüft und genehmigt. Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die Maßnahme mit den Leitlinien für Regionalbeihilfen 2007-2013 (vgl. IP/05/1653) in Einklang steht. Die Investitionsprojekt von Progroup im Umfang von insgesamt 640 Mio. Euro wird erheblich zur wirtschaftlichen Diversifizierung in Eisenhüttenstadt, wo der Schwerpunkt bisher auf der Metallindustrie lag, und somit auch zur Weiterentwicklung der Region beitragen.
Dieser Durchgang erlebt bald einen Perspektivenwechsel.
Ab 05. Mai nämlich wird sich der Schneckenkönig nicht mehr jenseit sondern diesseits des Theaters aufstellen. Für den jenseitigen Platz verspricht dies noch mehr Leere als bisher, für die diesseitige Hauptachse des Planstadtlebens ist der Effekt hoffentlich ein belebender.
Foto: ehstiques auf flickr
Ab 05. Mai nämlich wird sich der Schneckenkönig nicht mehr jenseit sondern diesseits des Theaters aufstellen. Für den jenseitigen Platz verspricht dies noch mehr Leere als bisher, für die diesseitige Hauptachse des Planstadtlebens ist der Effekt hoffentlich ein belebender.
Foto: ehstiques auf flickr
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